Burkhard Lohrengel

Verfahrenstechnik für Dummies


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das Buch lesen würde, hätte es wenig Sinn gemacht, es zu schreiben. Ich hätte es dennoch gemacht, da es mir persönlich tatsächlich viel Freude bereitet hat. Jetzt kann ich nur hoffen, dass Ihnen das Lesen ebenso viel Freude bereitet und Sie mit neuen Erkenntnissen gestärkt aus der Lektüre hervorgehen.

      Verfahrenstechnik: was fällt Ihnen dazu ein? Da Sie dieses Buch gekauft haben, gehe ich mal davon aus, dass Sie wissen, was Verfahrenstechnik ist. Die Verfahrenstechnik hat den großen Nachteil, dass sie keinen »sprechenden Namen« hat. Maschinenbau oder Elektrotechnik, das kennt jeder. Hinter dem Namen verbirgt sich das, was Sie erwarten können. Der Maschinenbauer baut Maschinen, hier dreht und bewegt sich alles. Der Maschinenbauer wird direkt mit dem Auto in Verbindung gebracht. Schon weiß jeder ganz grob, was das Aufgabengebiet eines Maschinenbauers ist. Nun, bei der Elektrotechnik ist das ähnlich. Es hat irgendwas mit Strom zu tun. Bei Elektroautos wird der Elektrotechniker irgendwo seine Finger im Spiel haben.

      Aber Verfahrenstechnik? Müssen Sie sich hier verfahren, ist der Gebrauch des Navis verboten? Müssen Sie etwa Gerichtsverfahren vorbereiten, oder, noch schlimmer, durchleiden? Gut, mit Technik scheint es etwas zu tun zu haben, was für einige von Vornherein schon abschreckend ist. Aber Technik kann auch sehr schön und spannend sein, zumindest das Arbeitsgebiet des Verfahrenstechnikers! Der Verfahrenstechniker kümmert sich um Anlagen und Verfahren, die zur Stoffumwandlung genutzt werden. Und Stoffumwandlungen finden Sie überall: Zucker wird aus der Zuckerrübe gewonnen, Kaffee aus der Kaffeebohne, Kunststoffe werden aus Erdöl oder Erdgas erzeugt, aus Gerste wird Bier. Sie sehen, überall wo Stoffe umgewandelt werden, aus Rohstoffen wertvolle Produkte erzeugt werden, hat der Verfahrenstechniker seine Hände im Spiel. Eigentlich ja nicht unbedingt die Hände, sondern seinen Kopf, sein Wissen, sein Know-how. Das Einsatzgebiet des Verfahrenstechnikers ist enorm vielseitig und umfangreich, Sie finden ihn im Umweltschutz, in Produktionsbetrieben, in Behörden, im Anlagenbau und an vielen anderen Stellen. Verfahrenstechniker arbeiten in Chemie, Pharmaindustrie, Nahrungsgüterproduktion, Maschinenbau sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen. Da das Aufgabengebiet so umfangreich ist, findet jeder seine Nische, die ihm Freude bereitet. Dieses Buch beschreibt die verfahrenstechnischen Aufgabenstellungen und soll einen möglichst umfangreichen Überblick über das Tätigkeitsfeld geben.

      Der Autor hegt absolut keine törichten Annahmen über den Leser. Auch wenn es sich hier um »Verfahrenstechnik für Dummies« handelt, gehe ich hier keinesfalls von Dummies aus. Wer sich für Verfahrenstechnik interessiert, muss einfach ein »helles Köpfchen« sein!

      »Verfahrenstechnik für Dummies« ist für drei Lesergruppen gedacht: Studierende, die sich für das Fach Verfahrenstechnik oder artverwandte Studiengebiete entschieden haben, Berufstätige, speziell Ingenieure oder technische Chemiker, die zu Fachleuten in Ihrem Spezialgebiet geworden sind, aber verfahrenstechnisch einmal wieder über den »Tellerrand« schauen möchten. Entweder aus Allgemeininteresse oder weil sie sich wieder mit anderen, neuen Aufgaben beschäftigen wollen oder müssen. Außerdem ist dieses Buch für alle gedacht, die grundlegendes Interesse an verfahrenstechnischen Fragestellungen haben oder einfach wissen wollen, was Verfahrenstechnik denn nun eigentlich ist.

      Dieses Buch soll dazu dienen, einen Überblick über die wichtigen Zusammenhänge zu geben. Um dies zu erreichen, werden Sie bewusst nicht mit Formeln oder Theorie erschlagen. Hier werden grundsätzliche Fragestellungen erörtert, der Überblick bleibt immer erhalten. Dazu dienen viele Beispiele und Abbildungen. Der Verfahrenstechniker lebt und lernt mit Bildern. Hier sind nicht die Bilder moderner Künstler oder der alten holländischen Schule gemeint, dafür dürfen Sie sich auch gern interessieren, aber eine grafische Darstellung ist anschaulicher und sagt mehr aus als tausend Worte. Wie wollen Sie ohne Bilder eine komplexe Anlage beschreiben? Das können noch nicht einmal Philosophen, bei denen Bilder verpönt sind, die alles sprachlich beschreiben wollen, dabei aber manchmal ins »Schwurbeln« geraten. Der Verfahrenstechniker macht es sich so einfach wie möglich: er nutzt Bilder, stellt den Sachverhalt grafisch dar und erklärt das Bild anschaulich (na ja, meistens). Daher finden Sie in diesem Buch viele Bilder. Allerdings ist die Thematik weit von einem Comic entfernt, für einige wahrscheinlich leider.

      Beispiele sind so wichtig wie das Salz in der Suppe! Daher gibt es davon in diesem Buch mehr als genug. Mit einem Beispiel wird das theoretisch Gesagte lebendig. Dabei sind die Beispiele möglichst einfach gehalten, viele kennen sie aus dem täglichen Leben. Sie werden erstaunt sein, wo die Verfahrenstechnik in Ihrem täglichen Leben Einzug gehalten hat, ohne dass Sie das bisher bewusst wahrgenommen haben.

      Es wird versucht, allgemeine Phänomene, die Verfahrenstechniker interessieren, zu erläutern. Sie wissen, dass Wasser auf Straßen nicht gefriert, wenn Sie Salz streuen. Sie wissen, dass Wasser siedet, oder kocht es? Warum trocknet eigentlich Ihre Wäsche? Wie wird Whisk(e)y hergestellt? Alles Fragestellungen, die reine Verfahrenstechnik sind. All das werden Sie in diesem Buch lernen. Sie merken, die »harte« Technik wird hier anhand von möglichst einfachen Beispielen erläutert. Das soll es für Sie verständlich machen. Weiterhin besteht die berechtigte Hoffnung, dass Ihnen das Lesen des Buchs Freude bereitet und Sie merken, dass die Verfahrenstechnik eine tolle Ingenieurdisziplin ist. Hier sind selbstverständlich auch alle Ingenieurinnen gemeint. Der Autor ist in dieser Beziehung aber sehr »konservativ« und fühlt sich der deutschen Sprache verpflichtet, er möchte sich weigern, »Ingenieur*innendisziplin« zu schreiben.

      Dieses Buch ist in fünf Teile gegliedert. Die ersten vier Teile stehen jeweils für einen verfahrenstechnischen Schwerpunkt und sind separat strukturiert. Sie können die daher einzeln lesen, Vorwissen aus den anderen Kapiteln ist nicht erforderlich. Selbstverständlich ist es am schönsten, wenn Sie das Buch komplett von vorn bis hinten lesen! Das hat sich nicht nur bei Populärliteratur bewährt.

      Teil I: Verfahrenstechnik – einige Grundlagen, damit Sie sich nicht verfahren

      In diesem Teil geht es ganz allgemein um verfahrenstechnische Grundlagen. Da in der Verfahrenstechnik häufig Aggregatzustände geändert werden, lernen Sie zuerst einmal viel über Aggregatzustände, Phasen und Gemische. Um Aussagen darüber treffen zu können, wie gut eine Anlage funktioniert, brauchen Sie Konzentrationsangaben. Das meiste davon kennen Sie