Sri Aurobindo

Briefe über den Yoga


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und Glaube8. Menschliche Beziehungen im YogaLiebe, Freundschaft und WohlwollenDer Umgang mit anderenDer Wunsch zu helfenVitaler Austausch9. Sadhana im Ashram und außerhalb des AshramsDer AshramDie Arbeit im AshramDie Sadhaks des AshramsRegel und Disziplin im AshramDie Rückkehr in das Welt-LebenSadhana im Leben der WeltIII. ERFAHRUNG UND VERWIRKLICHUNG1. Erfahrung und Verwirklichung2. Visionen und Symbole3. Erfahrungen des inneren und des kosmischen BewusstseinsIV. DIE UMWANDLUNG1. Die dreifache Umwandlung: die Seelische – die Spirituelle – die Supramentale2. Die Umwandlung des Mentals3. Die Umwandlung des Vitals4. Die Umwandlung des Physischen5. Die Umwandlung des Unterbewussten und Unbewussten6. Die Schwierigkeiten des Pfades7. Der Widerstand der feindlichen KräfteANHANGZu den Briefen Sri Aurobindos – Elisabeth BeckBriefwechsel mit Sri Aurobindo – NirodbaranErläuterungen zum GlossarGlossarZeittafelGuideCoverInhaltsverzeichnisStart

Teil I

      Sri Aurobindo

      Das Göttliche gibt sich jenen, die sich rückhaltlos und in ihrem ganzen Wesen dem Göttlichen geben. Für sie die Ruhe, das Licht, die Macht, die Seligkeit, die Freiheit, die Weite, die Gipfel der Erkenntnis, die Meere des Ananda. — Sri Aurobindo

      * * *

      1. Kapitel

      Die supramentale Evolution

      Es gab Zeiten, in denen das Suchen nach spiritueller Verwirklichung zumindest in gewissen Zivilisationen intensiver und weiter verbreitet war als heutzutage oder als es allgemein in der Welt während der letzten Jahrhunderte gewesen ist. Die Kurve scheint jetzt den Beginn einer neuen Wende des Suchens zu bezeichnen, welches das in der Vergangenheit Erreichte zum Ausgangspunkt nimmt und dies auf eine größere Zukunft überträgt. Doch immer, selbst im vedischen Zeitalter oder in Ägypten, war spirituelle Vollendung oder okkultes Wissen den wenigen vorbehalten und nicht in der Masse der Menschheit verbreitet. Die Masse der Menschheit entwickelt sich langsam, sie enthält alle Stadien der Evolution vom materiellen und vitalen bis hin zum mentalen Menschen. Eine kleine Minderheit ist über die Schranken hinaus vorgestoßen, hat die Pforten zum okkulten und spirituellen Wissen geöffnet und die Aufwärtsbewegung der Evolution jenseits des mentalen Menschen in das spirituelle und supramentale Wesen vorbereitet. Es gab Zeiten, in denen diese Minderheit großen Einfluss ausübte – wie im vedischen Indien, in Ägypten oder gemäß der Überlieferung in Atlantis –, die Kultur eines Volkes bestimmte und ihm eine stark spirituelle und okkulte Prägung gab; in anderen Zeiten hielt diese Minderheit sich in ihren geheimen Schulen oder Orden abseits und beeinflusste nicht mehr unmittelbar eine Kultur, die in materielle Unwissenheit oder in Chaos und Finsternis gesunken war oder die harte äußere Aufklärung suchte, die spirituelles Wissen ablehnt.

      Die Zyklen der Evolution sind immer aufwärts gerichtet, sie steigen jedoch nicht in gerader Linie auf. Man gewinnt daher den Eindruck einer Reihe von Aufwärts- und Abwärtsbewegungen, doch das Wesentliche, das eine Evolution erreicht, wird bewahrt und taucht in neuen Formen, die dem neuen Zeitalter entsprechen, wieder auf, selbst wenn es eine Zeitlang unsichtbar war. Die Schöpfung ist alle Stufen des Seins vom Supramental bis zur Materie herabgekommen und hat auf jeder eine Welt errichtet, eine Herrschaft, eine Ebene oder Ordnung, die jener Stufe entsprach. Bei der Erschaffung unserer stofflichen Welt stürzte dieses herabkommende Bewusstsein in eine scheinbare Unbewusstheit und tauchte aus dieser wieder empor, Stufe um Stufe, bis es seine höchsten spirituellen und supramentalen Höhen wiedergewinnen und deren Mächte hier in der Materie manifestieren wird. Doch ein verdecktes Bewusstsein wirkt sogar in der Unbewusstheit, und zwar gleichsam über eine involvierte und verborgene Intuition, die diesem Bewusstsein eigen ist. In jedem Stadium der Materie, in jedem Stadium des Lebens wirkt diese Intuition entsprechend dem jeweiligen Stadium; sie arbeitet sozusagen hinter dem Schleier und stützt und kräftigt die unmittelbaren Erfordernisse der schöpferischen Kraft. Es gibt eine Intuition in der Materie, die das Wirken der stofflichen Welt vom Elektron bis zur Sonne und den Planeten sowie deren Aufbau aufrechterhält. Es gibt eine Intuition im Leben, die auf ähnliche Weise das Spiel und die Entwicklung des Lebens in der Materie stützt und lenkt, bis es für die mentale Evolution bereit ist, deren Träger der Mensch ist. Auch im Menschen folgt die Schöpfung dem gleichen aufwärts gerichteten Vorgang – und die innere Intuition entfaltet sich seiner Entwicklungsstufe entsprechend. Selbst der präzise Intellekt des Wissenschaftlers, der dazu neigt, ein gesondertes Dasein oder die Überlegenheit der Intuition zu leugnen, kann nicht wirklich vorankommen, wenn hinter ihm nicht die mentale Intuition steht, die ihn befähigt, einen Schritt weiter zu gehen oder zu erspüren, was zu geschehen hat. Intuition steht also am Beginn der Dinge, in ihrer Mitte und an ihrem Ende.

      Doch die Intuition zeigt ihre eigentliche Gestalt erst dann, wenn man über den mentalen Bereich hinausgeht und den spirituellen erreicht, denn allein dort tritt sie voll in Erscheinung und enthüllt ihre wahre und vollkommene Natur. Hand in Hand mit der mentalen Evolution hat der Beginn einer anderen Evolution stattgefunden, die das spirituelle und supramentale Wesen vorbereitet. Diese weist zwei Richtungen auf, einmal die Entdeckung der okkulten Kräfte, die in der Natur verborgen sind sowie der geheimen Ebenen und Welten, die uns von der Welt der Materie verdeckt werden; und zum anderen die Entdeckung der Seele des Menschen und seines spirituellen Selbstes. Wenn die Überlieferung von Atlantis stimmt, fand dort eine Entwicklung statt, die das höchste okkulte Wissen erreichte, doch nicht darüber hinauszugehen vermochte. Aus dem Indien der vedischen Zeiten ist uns die andere Richtung der Verwirklichung überliefert, nämlich die der spirituellen Selbst-Entdeckung; okkultes Wissen war auch dort vorhanden, doch wurde es als etwas Untergeordnetes betrachtet. Wir können sagen, dass in Indien zuerst die Intuition herrschte, bevor das intellektuelle Mental sich in einer späteren Philosophie und Wissenschaft entfaltete. Die Masse der Menschen lebte zu jener Zeit offensichtlich völlig auf der materiellen Ebene, sie betete die Gottheiten der stofflichen Natur an und erbat sich von ihnen ganz