Roy Palmer

Seewölfe Paket 22


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linste wieder hinüber, spitzte die Ohren und sah, wie der Kerl aufstand und sich anschickte, an den anderen Tisch zu gehen.

      „Jetzt fängt es an“, sagte er händereibend. „Der Dreckspatz soll für den anderen Gockel die Rote Korsarin ankrähen. Mal sehen, ob ich recht behalte.“

      Er behielt recht, der Profos.

      Molino trat an den Tisch der Roten Korsarin und blickte sie an. Auf einen Gruß verzichtete er, ebenso ignorierte er die anderen Männer. Und von Charme oder Freundlichkeit war überhaupt nicht die Rede. Er behandelte Siri-Tong so, als sei sie eine von Diegos Schlampen.

      „Der Admiral will dich kennenlernen, Süße“, sagte er und starrte grinsend in Siri-Tongs Blusenausschnitt. „Also mach schon, er ist es nicht gewohnt, daß man ihn warten läßt.“

      Karl von Hutten grinste sich eins. Jean Ribault schüttelte sich in lautlosem Gelächter, nur Barba hob den massigen Schädel und sah den Kerl bösartig an.

      Siri-Tong sagte gar nichts. Sie tat so, als sei der aufdringliche Kerl überhaupt nicht vorhanden.

      Molino stierte von einem zum anderen. Er bemerkte verärgert, daß zwei Kerle grinsten und die Frau ihn einfach ignorierte.

      „Ich sagte, der Admiral …“

      „Was du hier sagst, interessiert niemanden“, entgegnete Barba mit seiner tiefen Stimme. „Aber ich empfehle dir, dich schleunigst zu trollen, sonst laß ich die Kuh fliegen.“

      „Wen läßt du fliegen?“ fragte Molino verständnislos.

      „Die Kuh“, wiederholte Barba dumpf. „Und wenn ich die Kuh fliegen lasse, dann fliegt sie bis über die Kimm.“

      Molino stierte immer noch. Er kannte Barbas Lieblingsspruch nicht und konnte sich auch nichts darunter vorstellen. Offenbar war der Hauklotz bescheuert, wenn er Kühe fliegen lassen wollte.

      Barba warf ihm einen zweiten Blick zu. Dieser Blick war so fürchterlich, daß dem Adjutanten das Blut in den Adern gefror. Er sah das narbige wilde Gesicht und die Pranken, die der Kerl jetzt zu gewaltigen Fäusten schloß. Das ernüchterte ihn recht schnell, und so warf er dem wüsten Kerl nur einen irritierten Blick zu.

      Dann drehte er sich um und kehrte an den Tisch zurück, wo die anderen ihn erstaunt ansahen.

      „Was ist?“ fragte der Admiral ungeduldig. „Was hat sie gesagt?“

      „Sie gab überhaupt keine Antwort, Admiral. Die beiden anderen Kerle auch nicht, sie übersahen mich einfach. Und der Hauklotz da vorn faselte davon, daß er die Kuh fliegen lassen würde.“

      „Hier gibt’s keine Kühe“, sagte der Admiral verärgert, „also kann er auch keine fliegen lassen. Der Kerl spinnt wohl!“

      „Ich schlage vor, daß wir hier mal andere Saiten aufziehen sollten“, sagte Molino. „Der Kerl pöbelte mich ziemlich übel an. Vielleicht verstehen sie eine andere Sprache besser.“

      „Da bin ich ausnahmsweise mal ganz deiner Meinung, Molino. Aber vielleicht hast du etwas falsch gemacht. Ich versuche es noch einmal im guten und werde dir zeigen, wie man eine Dame mit Charme und Grandezza erobert. Paß gut auf, du kannst viel dabei lernen.“

      Der Admiral erhob sich, pumpte sich auf und drückte die Brust raus, daß er kaum noch seine Stiefel sehen konnte. Dann stelzte er gespreizt zu der anderen Nische hinüber, wobei er sich kühn und verwegen nach allen Seiten umblickte.

      „Jetzt kräht der Gockel selbst“, sagte Carberry, dem absolut nichts entgangen war und der sich über Barbas Spruch köstlich amüsiert hatte.

      Jetzt würde wirklich gleich die Kuh fliegen, denn er konnte als „frommer Pilger“ nicht zulassen, daß der Gockel Siri-Tong anquatschte.

      Grinsend schob er das Täubchen ein wenig zur Seite und hob seinen Bierhumpen hoch.

      Der Admiral mußte an ihm vorbei, wenn er zur anderen Nische wollte.

      Carberry grinste so freundlich wie ein Rübenschwein und hob den Humpen noch höher, als der Gockel heranstelzte.

      Als Luis Campos auf gleicher Höhe war, den Blick jetzt kühn voraus auf die Nische gerichtet, stellte der Profos ihm ein Bein. Er tat das so ganz nebenbei und nahm auch noch einen Schluck.

      Der Admiral sah das Hindernis nicht, weil er seine Brust zu sehr aufgebläht hatte. Er stolperte und fiel der Länge nach auf die Nase.

      Carberry begann dröhnend und schadenfroh zu lachen. Auch die anderen brüllten lachend los, als der Admiral bäuchlings auf den staubigen Dielen der Kneipe landete.

      Der Profos konnte sich kaum beruhigen. Jetzt hatte er genau das erreicht, was er wollte. Der Stunk war da, also konnte man dem Affen gleich etwas genauer auf den Zahn fühlen.

      Luis Campos lief knallrot an. Unbeschreibliche Wut stand in seinen Augen, als er mit einem schnellen Satz wieder auf den Beinen war.

      „Welcher Hund war das?“ brüllte er.

      „Das war ich, der Bordgeistliche“, sagte Carberry feixend. „Warum mußt du auch über meine Knochen stolpern, du Rübenschwein? Du mußt aufpassen, wo du hinlatschst, klar?“

      Luis Campos sah rot. Er hatte auf diesen „Hochwürden“ ohnehin schon eine Wut, die er sich nicht erklären konnte, aber jetzt stellte ihm dieser Kerl absichtlich ein Bein und degradierte ihn bis zur Lächerlichkeit. Das konnte nur mit Blut abgewaschen werden.

      Blitzschnell griff er zum Gürtel und zog ein langes, dünnes Messer. Sein Arm holte schon aus, da war diese narbige Visage plötzlich verschwunden. Der Stich ging ins Leere.

      In der Nische sprangen die Kerle auf, als wären sie von giftigen Nattern gebissen worden. Sie alle wollten ihrem Admiral zu Hilfe eilen, um die Scharte wieder auszuwetzen.

      Poch da waren auch noch die Seewölfe und die Männer von Siri-Tong und Jean Ribault, die bereits auf der Lauer lagen.

      Carberry stand seitlich neben dem Admiral, der mit einem lauten Wutschrei herumfuhr.

      „Dich bring’ ich um!“ kreischte Campos wild.

      „Da mußt du aber eine Culverine nehmen“, schlug der Profos vor, „und nicht den Pikser.“

      Sein Arm schoß unglaublich schnell vor, packte das Handgelenk, drehte es hart herum und drückte mit aller Kraft zu, bis dem Admiral das Wasser in die Augen stieg und er das Messer fallen ließ.

      Mac Pellew bückte sich, hob es auf und sagte trocken: „Danke, Ed. So was kann man immer in der Kombüse brauchen.“

      Der Profos nahm Maß und feuerte seine gefürchtete Rechte ab, eine Faust, die einem explodierenden Faß voller Schießpulver glich. Den Admiral erwischte sie voll auf der Brust. Er raste los, überschlug sich, polterte über die Dielen und schrammte hart an die Theke, hinter welcher der dicke Diego zeterte und jammerte.

      Aber Campos war auch hart im Nehmen. Zwar hatte ihm dieser harte Schlag die Luft aus den Lungen getrieben, und er sah ständig rote Nebel um sich kreisen, aber jetzt packte ihn ein unglaublicher Jähzorn, eine wilde, heiße Wut. Er schnappte sich den nächsten Humpen von der Theke und wollte ihn Carberry auf den Schädel donnern.

      Nun war Diego ein Mann mit einer Marotte, und die bestand darin, daß er ein ausgesprochener Kakteenliebhaber war. Überall in seiner Kneipe standen die Dinger in Töpfen und Schalen herum.

      Was sich schon einmal bewährt hat, dachte der Profos, würde sich auch wieder bewähren, und so schnappte er sich einen großen Kaktus mit langen borstigen Stacheln. Als der Humpen niedersauste, trat Ed blitzschnell zur Seite und drückte dem Admiral den Kaktus ins Gesicht.

      Die Antwort war ein wilder verzweifelter Schrei, der in der höchsten Tonlage abrupt abbrach.

      Der Admiral hatte die Augen geschlossen und sah aus wie ein Stachelschwein im Rüschenhemd, als hätte er sich tagelang nicht rasiert. Die Stacheln ragten nach allen Seiten aus seinem Gesicht.

      „Hau