Wolfgang Frisch

Plattentektonik


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Bucht her ein, die sich nun als neuer Zweig des Riftsystems etablierte (Abb. 3.5). In der südlichen Hälfte des Oberrheingrabens, wo sich im Miozän der Vulkan des Kaiserstuhls bildete, fehlen jungtertiäre Schichten vollständig. Dies zeigt, dass sich die Absenkung nach einer Ruheperiode vom Südteil auf den Nordteil verlagert hatte, was sich in den unterschiedlichen Sedimentmächtigkeiten widerspiegelt (Abb. 3.9). Im höheren Miozän und Unterpliozän kam es allerdings im ganzen Grabenbereich zur Unterbrechung der Sedimentation und teilweisen Abtragung, was auf eine generelle Hebung des gesamten Gebiets zu dieser Zeit hinweist. Die Sedimente des Oberpliozäns stellen vorwiegend Flussablagerungen dar, die nur in der nördlichen Hälfte des Grabens abgelagert wurden. Das heutige Flussnetz bildete sich nun allmählich heraus. Südlich des Kaiserstuhls ging die Entwässerung zunächst nach Süden, zur Rhône hin. Der Rhein vergrößerte sein Einzugsgebiet im Lauf des Pliozäns und des Quartärs auf Kosten von Donau und Rhône. Die Schultern im südlichen Teil des Grabensystems stiegen allmählich zur heutigen Höhe auf. Quartäre Sedimente erreichen bei Freiburg und Mannheim noch Mächtigkeiten von über 200 m, was zusammen mit der aktuellen Bebentätigkeit (z.B. bei Freiburg am 5.12.2004) auf anhaltende tektonische Aktivität hinweist.

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       Der Oberrheingraben im mitteleuropäischen Spannungsfeld

      Die heutigen Dehnungskräfte stehen im Oberrheingraben schräg (SWNO oder genauer in Azimutrichtung 050 – 060°) und nicht senkrecht zur Grabenachse. Entsprechend verläuft die Hauptdruckspannung nicht parallel, sondern schräg zur Grabenachse (NWSO oder 140 – 150°; Abb. 3.10). Bei der Entstehung des Grabens standen die Dehnungskräfte jedoch senkrecht zum Graben. Durch die Gegenuhrzeigersinn-Drehung des Spannungsfeldes im Verlauf der Grabenentwicklung entstand im jüngeren Tertiär eine linksseitenverschiebende Komponente, die die abschiebenden Störungsbewegungen überprägte. Somit wanderten Vogesen und Schwarzwald nicht nur auseinander, sondern die Vogesen bewegten sich auch parallel zum Graben nach Süden, relativ zum Schwarzwald gesehen (Abb. 3.10). Die gesamte Seitenverschiebung im Oberrheingraben ist aber gering. Seitenverschiebende Bewegungen im Zusammenhang mit einem Grabenbruchsystem sind nicht selten, weil das Spannungsfeld rotierte oder die Kruste an Schwächezonen brach, die nicht senkrecht auf die Hauptdehnungsrichtung standen. Eine bei weitem dominierende linksseitenverschiebende Komponente findet sich im Jordan-Grabenbruch (Kap. 8).

      Die nördliche Fortsetzung des Oberrheingrabens verläuft in der Niederrheinischen Bucht (Abb. 3.10). Unter ihr befindet sich aber keine Mantelaufwölbung, auch sind dort keine Grabenschultern ausgebildet. Das Grabensystem hat keine konstante Breite, sondern öffnet sich nach NW hin. Die dehnenden Spannungen verlaufen seit Bildung der Niederrheinischen Bucht im frühen Miozän senkrecht auf diesen Graben, der somit bereits das neue Spannungsfeld anzeigt, das den Oberrheingraben überprägt hat. Die fehlende Mantelaufwölbung zeigt an, dass es sich hier um ein passives Riftsegment handelt. Der aktive Teil wäre demnach vor allem der südliche Oberrheingraben mit seinem unterlagernden Kissen, das für die Aufwölbung verantwortlich ist.

      Die südliche Fortsetzung des Oberrheingrabens, der Bresse-Graben, findet sich rund 120 km weiter im Westen (Abb. 3.11). Die Absenkung ist hier ähnlich wie im südlichen Oberrheingraben seit dem frühen Miozän gewichen. Oberrhein- und Bresse-Graben, der nach Süden in den Rhônegraben übergeht, sind nur scheinbar gegeneinander verschoben. Tatsächlich verweilen die beiden Grabenabschnitte aber seit ihrer Entstehung unverändert in gleicher Distanz zueinander. Die Situation entspricht der einer Transformstörung, obwohl eine solche Störung nicht als scharfe Bruchlinie ausgebildet ist. Vielmehr wird die Riftstruktur über ein komplexes System meist WO oder SW-NO streichender Störungen vom Oberrheingraben in den Bresse-Graben transformiert (Abb. 3.11). Die Transformzone führt insgesamt eine linksseitenverschiebende Bewegung aus.

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      Die stark Kieselsäure-untersättigten Magmen der Vulkane, die mit der Grabenbildung am Oberrhein in Zusammenhang stehen, stammen aus einer Tiefe von 80 – 100 km, dies entspricht etwa der Unterseite der Lithosphäre. Die Magmen wurden aber in seichterer Tiefe durch Differentiation verändert. Dadurch entstand eine hohe Variabilität der Vulkanite, die das Grabensystem begleiten. Insgesamt nehmen Vulkanite im Oberrheingraben eine untergeordnete Bedeutung ein, wenn man ihr Volumen mit jenen des Ostafrikanischen Grabenbruchsystems vergleicht (siehe unten). Die berühmtesten Vulkane sind der Kaiserstuhl und der Vogelsberg (Abb. 3.10).

      Der Kaiserstuhl ist ein komplexer Vulkanbau aus Laven und Tuffen, der im Unter- und Mittelmiozän am Ostrand des südlichen Oberrheingrabens entstand, wo die Kruste am dünnsten ist und große Störungen vorhanden sind (Abb. 3.7). Die Vulkanite sind stark alkalisch und an Kieselsäure untersättigt. Dies wird vor allem in den Karbonatiten deutlich, die vorwiegend aus Karbonatmineralen bestehen. Karbonatite sind sehr seltene Gesteine und fast ausschließlich an Grabenstrukturen ge bunden. Sie entstammen vermutlich einem kohlensäurehaltigen Magma aus dem Erdmantel. Das Vorkommen im Kaiserstuhl ist das einzige in Europa. Während der Eiszeit wurden die Gesteine des Kaiserstuhls mit dicken Lössschichten, kalkigen äolischen (windgetriebenen) Ablagerungen, überdeckt.

      Der Vogelsberg liegt in der nördlichen Fortsetzung des Oberrheingrabens, der Hessischen Senke, die als zeitweiser Teil dieses Grabens entstand (Abb. 3.10). Mit einer Fläche von rund 2500 km2 ähnelt das Vulkangebiet einem großen Schildvulkan, doch haben neuere Bohrungen gezeigt, dass es sich um viele übereinandergeschichtete basaltische und trachytische Decken aus unterschiedlichen Förderschloten handelt. Der Vulkan wurde im Unter- und Mittelmiozän vor 15 – 20 Millionen Jahren gebildet.

      Durch die Hochlage des Mantels und den Magmatismus sind Grabenbruchsysteme auch Zonen hohen Wärmeflusses,