Mittelpunkt ihres Interesses stand. Und so griff sie zu dem zweiten Gegenstand, den sie ihrem Nachtschränkchen entnommen hatte.
»Verwöhn mich, du Lüstling, schone mich nicht!«, sirrte sie und drückte ihm ihren Freund Dildo in die Hand.
Er blickte den unbekannten Gegenstand etwas ratlos an. Geduldig zeigte sie ihm den Schalter der Fernbedienung und führte seine Hand, während sie sich entspannt auf den Rücken legte und die Schenkel öffnete. Mit geübten Griffen dirigierte sie ihn dahin, wo sie ihn spüren wollte. Leise surrte der Motor und versetzte den vorderen Teil ihres Freundes in rotierende Bewegung, währen die Spitze der seitlich angebrachten Ausbuchtung emsig vibrierte. Thomas staunte über dieses Wunderwerk der Technik. Langsam begriff er auch, wozu die einzelnen Teile dienten, diese Ersatzteile defekter Männlichkeit. Irmgards Atem ging stärker. In ihren Augen begann Feuchtigkeit zu schimmern, ihre Lippen öffneten sich und sie stöhnte immer lustvoller.
»Oh Thomas, wie stark du bist und wie raffiniert«, gurrte sie mit vibrierender Stimme.
Das erregte ihn schließlich so stark, dass er den Drang verspürte, das elektrische Ersatzteil durch sein Originalwerkzeug aus Fleisch und – jetzt endlich auch! – Blut zu ersetzen. Irmgard jubelte still. Sie hatte es geschafft. Sie hatte es bisher immer geschafft. Sie hatte ihn. Vorsichtig führte sie ihn, gab ihm Sicherheit und Mut, ermunterte ihn zu gewagteren Bewegungen und steigerte unmerklich das Tempo, indem sie ihr Becken rotieren ließ. Ahh. Wie lange, wie viele Jahre hatte sie auf diesen Genuss verzichten müssen! Jetzt kam Thomas in Fahrt. Unmerklich bremste sie ihn, wollte seine Glut noch länger lodern lassen. Und sie wusste, wie es ging. Nun stellte er sich gar nicht mehr so ungeschickt an. Er hatte, wie er es als Analytiker wohl ausdrücken würde, den Break-Even-Point überwunden. Jetzt konnte er den Return-Of-Investment auf seinem Konto verbuchen. Und auf ihrem Konto. Es war eine Win-Win-Situation.
Als sie beide ermattet, aber in höchstem Maße befriedigt nebeneinander lagen und dem Brüllen der Löwen draußen vor der Lodge lauschten, nahm Thomas sich ein Herz und fragte:
»Willst du meine Frau werden, Irmgard?«
»Bin ich das nicht schon, Thomas?«, gab sie zurück, richtete sich auf, näherte sich ihm und küsste ihn zum ersten Mal mit heißer Leidenschaft.
»Ich meine, ob du mich heiraten willst«, stellte er klar.
»Sofort. Sofort, wenn wir wieder daheim sind«, sagte sie lächelnd und streichelte sanft sein Haar.
Und sie dachte: Morgen schicke ich meinem Rechtsanwalt eine SMS, damit er schon mal den Ehevertrag aufsetzt.
Und er dachte: Die Investition ist gesichert, ich kann expandieren. Mein Banker wird staunen.
Danach nahmen sie sich fest in den Arm, sie kuschelte sich an seine Brust und sie schliefen ein, tief, traumlos und zufrieden.
Über der Savanne hing eisig und fahl der bleiche Mond.
3.
Das Blockhaus
Donnerstag, 15. Juli Abend
Ivo, der sonnenverbrannte, drahtige Bootsmann, steuerte seine Nussschale trotz der rasch hereinbrechenden Dämmerung unbeirrt durch die drohend anrollenden Wellen auf den kleinen Landungssteg des Dorfes Sveta Marija zu.Das Manöver beherrschte er im Schlaf. Er brachte täglich zwei Fuhren sonnenhungriger Touristen aus der Stadt Hvar in dieses kleine Fischerdorf mit seinen romantischen Buchten.
Als das Boot schon fast an die Kaimauer schrammte, sprang Branko, der Gastwirt von Sveta Marija, an Land. In der Hand hielt er die Leine, mit der er Ivos Kahn an einem Poller festmachte. Dann war er den Mitreisenden beim Aussteigen behilflich, dem blonden Mädchen, das er Djanna genannt hatte, als erste. Sie packte ihre Reisetasche und verschwand oberhalb der Bucht im Dunkeln, ohne sich noch einmal umzudrehen. Josefine folgte als nächste. Joseph blieb noch im Boot und hievte die Koffer hoch. Branko nahm sie in Empfang. Zuletzt zog er Joseph an Land. Ivo rief Branko noch etwas zu, das die beiden Neuangekommenen nicht verstanden, Branko schleuderte das Ende der Leine ins Boot und Ivo drehte ab, steuerte seine Nussschale zurück nach Hvar.
»Das ist unsere Badebucht«, sagte Joseph und wies auf den steinigen Strand, der in der Dämmerung nur noch schwach zu sehen war. Eingefasst wurde die Bucht von zackigen Klippen, deren bleiche, zerklüftete Felsen steil anstiegen. Oberhalb der Klippen ragten dunkle Bäume in den Abendhimmel.
Josefine betrachtete die gischtenden Wellen, die sich tosend überstürzten, bevor sie am flachen Ufer in breiten Schaumlinien ausliefen. Sie lauschte auf das Rollen der Kiesel und auf das Gurgeln des Wassers, wenn die Wellen sich zurückzogen.
»Hier kann man aber nicht am Strand liegen«, meinte sie, »da sind ja nur Steine.«
»Dafür haben wir ja unsere Luftmatratzen mit«, antwortete Joseph.
Josefine blickte skeptisch, sagte aber nichts mehr. Sie dachte wehmütig an den Strand von Marbella. Sehr bequem würde dieser Badeurlaub wohl nicht werden. Was Joseph an diesem Ort so toll fand? Es waren wohl wirklich nur die lockenden Liebesabenteuer, die flüchtigen Urlaubsaffären, die ihn seit Jahren hierher zogen.
Branko ergriff einen der Koffer und stieg den schmalen Pfad empor, der oberhalb der Bucht entlang einer aus Bruchsteinen aufgeschichteten Mauer in einen Pinienwald führte. Seine Gäste folgten ihm. Es roch nach Harz. Auf dem Weg lagen Büschel von Nadeln der Pinien, die beim Drauftreten leise knackten. Der Weg war schwach beleuchtet durch weit auseinander stehende Laternen. Zwischen den Bäumen sahen sie kleine Holzhütten. Aus den Fenstern einiger Hütten schimmerte Licht. Radiomusik war leise zu hören.
Vor einer dieser Hütten hielt Branko, stellte den Koffer ab und schloss die Tür auf. Er trat einen Schritt ins Innere und drehte an einem Schalter. Im Schein einer Deckenlampe wurde an der Stirnseite des Raumes ein Doppelbett sichtbar, flankiert von zwei Stühlen. Links davon stand ein Kleiderschrank, daneben ein kleiner Tisch. Auf der rechten Seite führte eine Tür in einen Anbau, in das Bad. Die Holzwände waren frisch gestrichen, rochen noch nach Farbe.
Branko verabschiedete sich und ging. Sie traten ein. Joseph legte seinen Koffer auf das Bett und sah Josefine an. Sie war an der Eingangstür stehen geblieben.
»Da wollen wir die nächsten zwei Wochen hausen?«, fragte sie mit vorwurfsvoller Stimme.
»Ich hab dir ja gesagt, meine Liebe, auf meiner Insel kannst du keinen Komfort erwarten. Hier gibt es kein Luxushotel«, versuchte Joseph, sich zu rechtfertigen.
Aber Josefine war nicht zu beruhigen. »Also zwischen Luxushotel und dieser Bretterbude hier liegen ja wohl noch Welten. Ein wenig mehr Komfort habe ich schon erwartet.«
Joseph zuckte nur hilflos die Achseln. Er konnte es ja nicht ändern. Sie wollte ihn unbedingt auf dieser Urlaubsfahrt begleiten und er hatte sie gewarnt. Mehr konnte er ihr hier nicht bieten.
Josefine trat ans Bett, schob seinen Koffer beiseite und setzte sich. Sie wippte auf und ab, legte sich dann ganz ausgestreckt hin.
»Na wenigstens die Matratze geht so.«
Joseph atmete auf. Aber er spürte, dass Josefines Enttäuschung und Ärger noch nicht verraucht waren. Sie musterte das Kopfende des Bettes.
»Leselampen am Bett gibt es auch nicht«, nörgelte sie.
»Wer liest denn hier schon nachts?«, versuchte er die Situation zu entschärfen.
»Du bestimmt nicht. Das ist mir schon klar, was du nachts hier getrieben hast.«