John Farndon

Big Ideas. Das Film-Buch


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frühen Szene findet Thompson heraus, dass Kane aus einer armen Familie stammte, die Gold auf ihrem Land entdeckte und den Jungen als Teil einer geschäftlichen Abmachung in die Obhut eines reichen Vormunds gab. Während im Vordergrund der geschlossene Handel zu sehen ist, zeigt der Blick durch das Fenster das Kind Kane selbstvergessen im Schnee spielen. Dieser einfache perspektivische Theatertrick dient dazu, die Tragödie, die über Kane hereinbricht, einzufangen. Es ist der Moment, in dem das Leben, das Kane hätte führen sollen, endet.

       Innovative Bilder

      Welles und Kameramann Gregg Toland wandten solche räumlichen Techniken im ganzen Film an, nutzten Objektive mit großer Schärfentiefe und derart tiefe Kamerawinkel, dass Kane mal als Titan, mal als Gangster erscheint. Das allein war eine Neuerung, da Filmemacher vor Citizen Kane selten so stark aus der Untersicht gefilmt hatten, allein weil nur wenige Studios aufgrund der Beleuchtungs- und Tonausstattung über Decken verfügten. (»Eine große Lüge, um all diese schrecklichen Lichter dort oben hinzukriegen«, so Welles.) Welles platzierte seine Kamera so tief, dass für eine Szene, in der Kane mit seinem Freund Leland spricht, nachdem er seine erste Wahl verloren hat, ein Loch in den Betonboden des Studios gebohrt werden musste.

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      Leland (Joseph Cotten) unterstützt Kanes politische Ambitionen. Ihre Freundschaft und die Kampagne scheitern wegen Kanes Liebesaffäre.

      Toland hat großen Anteil am Vermächtnis von Citizen Kane. Zwar sicherte der Film Welles den Ruf als einer der besten Autorenfilmer Amerikas, doch beruhte er in hohem Maße auf Teamarbeit. Auch mit seiner Besetzung und dem Produktionsteam, für das Citizen Kane der Anfang einer Filmkarriere wurde, nahm Welles ein hohes Risiko auf sich. Viele Darsteller waren unbekannt – sie kamen von Welles’ Mercury Theatre. Sein Cutter Robert Wise führte bald selbst erfolgreich Regie; die Filmmusik schuf Bernard Herrmann, der später lange für Alfred Hitchcock arbeitete. Am meisten aber verdankt der Film dem Drehbuch von Welles und Herman J. Mankiewicz. Auch wenn dessen Beitrag infrage gestellt wurde, oft von Welles selbst, weist der Film über weite Strecken seinen satirischen Stil auf: Als Kanes Frau seine Affäre entdeckt, sagt Kane trocken: »Ich wusste nicht, dass du diesen Sinn für Melodramatik hast, Emily.«

       Parallele Leben

      Die Figur des Charles Foster Kane war ein schonungsloses Porträt des Zeitungsmoguls William Randolph Hearst. Entschlossen, den Film zunichte zu machen, ließ Hearst Negative verbrennen und startete eine Kampagne, um Welles zu diskreditieren.

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       Kane versus Hearst

image Kane ist Eigentümer des New York Inquirer; Hearst gehörte das New York Journal.
image Der fiktive Kane will Präsident der USA werden, wie Hearst es in der Realität anstrebte.
image Kane lebt auf dem Anwesen Xanadu in Florida; Hearst lebte in Hearst Castle, Kalifornien.
image Kane sammelt »genug für zehn Museen«; Hearst häufte Tausende Kunstobjekte an.
image Kane ist mit Sängerin Susan Alexander liiert, Hearst mit Schauspielerin Marion Davies.
image Kanes Mutter entdeckt eine Goldmine; Hearsts Vater war Bergbau-Millionär.

      »Der Stil des Films ist von der Leichtigkeit, der Kühnheit und dem Können eines Menschen, der das Medium beherrscht und nicht von ihm beherrscht wird.«

      Dilys Powell The Sunday Times, 1941

       Parallelen zu Hearst

      Als sicher gilt, dass Mankiewicz als erster die Idee zum Film hatte. Er blickte bereits auf Erfolge als Drehbuchautor der Stummfilmzeit zurück und wurde ein gefragter Script Doctor. Dadurch lernte er den Zeitungsmogul William Randolph Hearst und seine Geliebte, die Filmschauspielerin Marion Davies kennen. Obwohl von allen geleugnet – auch von Hearst selbst, der mit Kane-artiger Entschlossenheit die Reputation des Films und seiner Macher vernichtete – waren die Parallelen zwischen Hearst und Kane offensichtlich. Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass der Film floppte (er erbrachte das sechsthöchste Einspielergebnis des Jahres und wurde für neun Oscars nominiert), doch ein Totalverbot durch Hearsts riesiges Medienimperium beendete seinen Erfolg schnell. Dabei empfindet der Film durchaus Sympathie für seine Hauptfigur, auch wenn er eine Satire auf Ideale wie den amerikanischen Traum ist (Kane sieht keine Ironie darin, autokratischer Kapitalist zu sein, der behauptet, für den kleinen Mann zu kämpfen). Als Kane tot ist und Thompsons Recherche unvollendet bleibt, führt Welles’ Kamera den Zuschauer durch Xanadu und Kanes riesige Kunstsammlung.

      Dann bleibt sie auf dem Schlitten namens »Rosebud« ruhen, mit dem Kane vor seinem Elternhaus spielte. Nur wir und Kane wissen, dass er für den Moment in seinem Leben steht, als er sein Glück verlor. image

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      Welles’ Talent für Werbung zeigt sich an den Plakaten für die Erstveröffentlichung des Films: Sie priesen den Film an, ohne etwas zu verraten.

      Orson Welles Regisseur

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      Welles’ Leben spiegelt das von Charles Foster Kane, nachdem auch er, mit 15 Jahren verwaist, von einem Freund der Familie aufgenommen wurde. 1934 begann er mit Hörspielen, gründete 1937 das Mercury Theatre in New York und wurde 1938 mit der Inszenierung von Krieg der Welten in Form einer Live-Nachrichtensendung berühmt. Welles wurde von den RKO Studios in Hollywood engagiert, die ihm unerhörte Privilegien einräumten, u. a. die Anfertigung der Endfassung von Citizen Kane. Sein nächster Film, Der Glanz des Hauses Amberson, stieß bei RKO auf Ablehnung – die erste vieler Querelen während seiner Karriere. 1986 starb er mit 70 Jahren.

       Wichtige Filme

      1941 Citizen Kane

      1942 Der Glanz des Hauses Amberson

      1958 Im Zeichen des Bösen

      1962 Der Prozeß

      Ebenfalls sehenswert: Der Glanz des Hauses Amberson (1942) image Die Lady von Schanghai (1947) image Der dritte Mann (1949)