zum ewigen Leben bleibt“,3735 und der Prophet sagt an irgendeiner Stelle: „Selig ist, wer an jedem Wasser sät, wo Rind und Esel wandelt“,3736 womit er das aus dem Gesetz (dem Jundentum) und aus den Heiden sich zu dem einen Glauben versammelnde Volk meint.3737 „Der Schwache aber ißt nur Pflanzennahrung“,3738 sagt der edle Apostel.
3. Schon früher hat unsere, in drei Bücher geteilte Schrift „Der Erzieher“ die Erziehung und Pflege von Kind auf dargelegt, das heißt die Art des Lebenswandels, der sich auf Grund der Unterweisung gleichzeitig mit dem Wachsen des Glaubens entwickelt und bei denen, die zu reifen Männern gerechnet werden wollen, die Seele in den Tugenden übt und zur Aufnahme gnostischen Wissens vorbereitet.
4. Wenn sodann die Griechen aus dem, was wir in diesem Zusammenhang zu sagen haben, ganz klar erkannt haben, daß sie selbst freveln, wenn sie ungerechterweise den Gottliebenden verfolgen, dann können erst unsere Darlegungen entsprechend der Eigenart der „Teppiche“ fortgeführt werden, und zwar müssen wir dann die Zweifel beheben, die von Griechen und Barbaren betreffs der Erscheinung des Herrn uns gegenüber vorgebracht werden.
2.
1. Nun wachsen auf der Wiese die Blumen bunt durcheinander, und in einem Park sind die Fruchtbäume nicht so angepflanzt, daß jede Art für sich stünde und von den anderen geschieden wäre. Und so haben manche Schriftsteller auch Schriften mit den Titeln „Wiesen“ oder „Helikonberge“ oder „Honigwaben“ oder „Prachtkleider“ verfaßt,3739 indem sie gelehrte Sammlungen mit bunten Blüten ausschmückten. Und auch unser eigenes Werk, das wir „Teppiche“ genannt haben, gleicht einer Wiese, da wir in ihnen absichtlich in bunter Mannigfaltigkeit das bringen, was uns gerade in den Sinn kam und was wir weder nach einem genauen Plan ordnen noch stilistisch sorgfältig ausfeilen wollten.
2. Und gerade in dieser Form können die „Teppiche“ für mich selbst meinen Eifer anfachende Erinnerungsschriften sein;3740 und wenn einer, der fähig ist, sich die Erkenntnis zu erwerben, durch Zufall mit ihnen bekannt wird, so wird das Suchen in ihnen ihn zwar manchen Schweißtropfen kosten, aber zu einem nützlichen und heilsamen Ergebnis führen.
3. Denn es ist billig, daß Anstrengungen nicht nur dem Essen,3741 sondern weit mehr noch auch dem Erwerb der Erkenntnis vorhergehen, wie es bei denen der Fall ist, die sich auf einem engen und schmalen Weg,3742 nämlich dem wirklich vom Herrn gelehrten Weg, zum ewigen und seligen Heil führen lassen.
4. Unsere Erkenntnis und der geistige Park ist aber unser Heiland selbst, in den wir eingepflanzt werden, indem wir aus unserem alten Leben in das gute Land versetzt und verpflanzt werden.3743 Die Veränderung des Pflanzbodens trägt aber zu einer reichen Ernte bei. Licht und die wahre Erkenntnis ist also der Herr,3744 in den wir versetzt wurden.
3.
1. Das Wort „Erkenntnis“ wird aber auch sonst in doppeltem Sinn gebraucht, einmal in dem allgemeinen Sinn, daß damit die in allen Menschen in gleicher Weise vorhandene Fähigkeit zu verstehen und zu erfassen bezeichnet wird, die sich selbst bei gewöhnlichen Geschöpfen darin zeigt, daß man jeden einzelnen Gegenstand kennenlernt. An ihr werden nicht nur die vernünftigen, sondern vielleicht auch die unvernünftigen Wesen Anteil haben; aber ich möchte dies wohl gar nicht Erkenntnis nennen, da ja auch ihr Wesen nur darin besteht, etwas mit den Sinnen wahrzunehmen.
2. Für die zweite Art von Erkenntnis, die mit besonderem Recht diesen Namen führt, sind Verstand und Denkvermögen kennzeichnend. Durch sie kommen allein die vernünftigen Wesen zu Erkenntnissen, indem sie sich dem nur geistig Wahrnehmbaren mit der reinen Tätigkeit der Seele zuwenden.
3. „Gütig ist der Mann“, sagt David, „der barmherzig ist“ gegen diejenigen, die in Gefahr sind, in ihrem Irrtum umzukommen, „und darleiht“, indem er nämlich an dem Worte der Wahrheit Anteil gibt, nicht aufs Geratewohl, vielmehr „wird er seine Worte auf Grund klaren Urteils zweckmäßig verteilen“,3745 mit sorgfältiger Überlegung. Dieser ist es, der „reichlich ausgeteilt und den Armen gegeben hat“.3746
II. Kapitel
4.
1. Bevor wir aber mit dem eigentlichen Gegenstand unseres Buches beginnen können, müssen wir in Gestalt einer Einleitung dem Schlusse des fünften Buches der „Teppiche“ noch das hinzufügen, was dort noch fehlt.
2. Wir hatten nämlich nachgewiesen, daß die sinnbildliche Lehrweise etwas Althergebrachtes ist und daß nicht nur unsere Propheten sie verwendeten, sondern auch die meisten der alten Griechen und außerdem nicht wenige von den heidnischen Barbarenvölkern.3747 Dann wäre es nötig gewesen, auch auf die Mysterien derer, die sich einweihen lassen, näher einzugehen. Dies verschiebe ich aber, um ausführlich davon zu handeln, wenn wir auf die Lehren der Griechen über die Uranfänge eingehen3748 und sie widerlegen; wir werden nämlich beweisen, daß mit ihrer Anschauung über diese Fragen auch die Mysterien zusammenhängen.
3.3749 Sodann wiesen wir nach, daß die Vorstellung des griechischen Denkens aus der durch die Heilige Schrift uns überlieferten Wahrheit das rechte Licht erhielt; und indem wir es so auffaßten, daß in diesem Sinn ihnen der Diebstahl der Wahrheit vorzuwerfen sei, haben wir dies, wenn es nicht unbescheiden ist, dies zu behaupten,3750 bewiesen;3751 darum wollen wir jetzt zeigen, daß die Griechen sich selbst des Diebstahls an ihren eigenen Volksgenossen bezichtigen.
4. Denn wenn sie so offenbar einander ihr Eigentum wegnehmen, so machen sie es einerseits gewiß, daß sie Diebe sind, andererseits beweisen sie auch, ohne es zu wollen, daß sie sich unsere Wahrheit aneignen und heimlich zu ihren Stammesgenossen bringen. Denn wenn sie nicht einmal sich selbst gegenüber ehrlich sind, so werden sie schwerlich unser Eigentum unberührt lassen.
5.
1. Was nun die philosophischen Lehren betrifft, so will ich davon nicht reden, da ja diejenigen, die sich in die Schulrichtungen geteilt haben, um nicht als undankbar erwiesen zu werden, in ihren Schriften selbst zugestehen, die wichtigsten ihrer Lehrsätze von Sokrates erhalten zu haben.
2. Ich will aber nur wenige Zeugnisse von ganz bekannten und bei den Griechen berühmten Männern verwenden und, ohne mich um zeitliche Unterschiede zu kümmern, nachweisen, in welcher Art sie sich gegenseitig ausgeplündert haben; dann werde ich mich den folgenden Fragen zuwenden.
3. Nachdem also Orpheus gedichtet hatte: „Demnach gab es nichts andres so frech wie ein Weib und so schrecklich“,3752
4. sagt stracks Homeros: „Demnach gab es nichts andres so frech wie ein Weib und so gräßlich.“3753
5. Und nachdem Musaios geschrieben hatte: „Wie ja Geschicklichkeit immer der Körperstärke voransteht“,3754
6. sagt Homeros: „Weit mehr bedeutet die Klugheit beim Fällen der Bäume als Stärke.“3755
7. Und nachdem wieder Musaios gedichtet hatte: „Ebenso wie auch die Blätter hervorbringt die fruchtbare Erde Einige läßt sie an Bäumen verwelken und andere wachsen -, So auch wechselt die Erde Geschlecht und Gattung der Menschen“,3756
8. wandelt es Homeros so um: „Blätter schüttelt zu Boden der Wind, doch andre läßt wachsen Neu ergrünend der Wald, wenn die Stunde des Frühlings gekommen; So auch der Männer Geschlecht: dies wächst und jenes verschwindet.“3757
9. Wiederum als Homeros gesagt hatte: „Frevelhaft ist es, beim Anblick erschlagener Männer zu jubeln“,3758
10. schreiben ähnlich Archilochos und Kratinos, und zwar der eine: „Denn nicht edel ist’s, zu höhnen über tapfrer Männer Tod“,3759
11. während Kratinos in den „Lakonern“ sagt: „Für Menschen ist’s ein schrecklich Ding, Wenn man erschlagner Männer sich gewaltig rühmt.“3760