Und dem lässt sich hinzufügen:
„Wahr ist nicht, was Sie gesagt haben, sondern
wahr ist auch, was der Partner gehört hat.“
Die Annahme, dass es in der zwischenmenschlichen Kommunikation so etwas wie eine eindeutige Beziehung zwischen einem Reiz und einer Reaktion gäbe, ist falsch und durch die Ergebnisse der Kommunikationsforschung längst widerlegt, aber anscheinend trotzdem unausrottbar.
Je mehr es mir in der Kommunikation gelingt, von der Vorstellung Abschied zu nehmen, dass es eine vorgefertigte Reaktion des anderen auf mich gibt, umso eher nehme ich den Partner ernst und begegne ihm vorurteilsfreier.
Was der Sender ausdrücken will, muss nicht beim Empfänger zum gewünschten Eindruck führen, denn jeder sieht sozusagen durch seine eigene Brille.
Zwischen dem ankommenden Reiz und der abgehenden Reaktion findet eine Verarbeitung des Reizes statt.
Welche Faktoren dabei diesen Verarbeitungsprozess mit beeinflussen, ist in Bild 1.3 dargestellt.
Bild 1.3:Einflussfaktoren bei der Informationsverarbeitung
Wir können also festhalten:
Kommunikationsreize werden beim Empfänger in einem internen, für andere nicht sichtbaren Prozess verarbeitet.
Die Reaktion des Empfängers ist nur das äußerlich sichtbare Resultat des internen Verarbeitungsprozesses, den wir als internen Dialog bezeichnen.
Denken Sie bitte einmal selbst darüber nach, wie oft Sie eine Aussage im internen Dialog umformuliert, verworfen oder abgeschwächt haben, bevor Ihr Gesprächspartner mit dem Endprodukt, nämlich Ihrer konkreten Aussage, konfrontiert wurde.
Und weil der Verarbeitungsprozess individuell verschieden ist, kann ein und derselbe Reiz bei verschiedenen Empfängern auch zu verschiedenen Eindrücken führen.
Natürlich spielt hier auch noch ein anderer, wesentlicher Faktor mit hinein: Die Eindeutigkeit des Reizes. Wer sich unklar, unpräzise, undeutlich ausdrückt, lädt sozusagen den Partner zu nicht gewollten Interpretationen seiner Aussage ein.
1.2 Die Bedeutung von Reizen
„Verhalten hat vor allem eine Eigenschaft, die so grundlegend ist, dass sie oft übersehen wird: Verhalten hat kein Gegenteil.
Man kann sich nicht nicht verhalten. Daraus folgt, dass man, wie immer man es auch versuchen mag, nicht nicht kommunizieren kann. Handeln oder Nichthandeln, Worte oder Schweigen haben alle Mitteilungscharakter: Sie beeinflussen andere, und diese anderen können ihrerseits nicht nicht auf diese Kommunikation reagieren und kommunizieren damit selbst.
Der Mann im überfüllten Wartesaal, der vor sich auf den Boden starrt oder mit geschlossenen Augen dasitzt, teilt den anderen mit, dass er weder sprechen noch angesprochen werden will, und gewöhnlich reagieren seine Nachbarn richtig darauf, indem sie ihn in Ruhe lassen.
Dies ist nicht weniger Kommunikationsaustausch als ein angeregtes Gespräch“ (Paul Watzlawick, Menschliche Kommunikation, 2007, Seite 51).
Es ist also offensichtlich unmöglich, nicht zu kommunizieren.
Alles, was Sie in einem Gespräch tun oder unterlassen, ist kommunikationspsychologisch gesehen für den Partner von Bedeutung. Und umgekehrt natürlich auch: Was der Partner tut oder unterlässt, ist für Sie von Bedeutung. Beide beteiligten Gesprächspartner nehmen das Verhalten des jeweilig anderen ständig – bewusst oder unbewusst – wahr und interpretieren und bewerten es. Die Wahrnehmungsqualität ist dabei umso besser, je mehr Bedeutungsebenen in einer Aussage vom Empfänger (Zuhörer) entschlüsselt werden können. Und die Qualität der Wahrnehmung beeinflusst ursächlich die Qualität der darauf aufbauenden eigenen Reaktion.
Welche Bedeutungsebenen in einer Aussage enthalten sind, werden wir ausführlich darstellen.
1.2.1 Die Sachebene und die Beziehungsebene
In der scheinbar so rational beherrschten Welt der Wirtschaft spielt die Sachinformation eine große Rolle. Mitunter hat es den Anschein, als ob der Mensch im Arbeitsleben dann besonders geschätzt wird, wenn er sich möglichst sachlich gibt.
Und bezeichnenderweise versucht man, auftretende Störungen in der Kommunikation bevorzugt auf eben dieser Sachebene zu beheben (und die Betonung liegt hier auf versucht!).
Wie das geht? Meist so: Man versucht, Widerstände mit noch rationaleren Argumenten zu widerlegen. Man versucht, sich noch präziser, ja vielleicht sogar hochgestochener auszudrücken.
Die Kommunikationspsychologie lehrt uns, dass die Sachebene nicht allein ausschlaggebend ist. Wenn wir mit einer Person kommunizieren, beziehen wir automatisch immer auch eine persönliche Stellungnahme zum anderen.
Der Sender drückt mit jeder Kommunikation also auf zwei Ebenen gleichzeitig etwas aus. Auf der Sachebene wird der sachliche Inhalt der Aussage transportiert. Auf der Beziehungsebene wird das persönliche Verhältnis der Partner zueinander bestimmt.
Sie werden sich jetzt wahrscheinlich fragen, ob man denn in der Kommunikation immer so genau diese beiden Ebenen unterscheiden kann. Die Antwort lautet: „Wenn Sie wissen, woran man die Ebenen erkennen kann, können Sie sie auseinanderhalten.“
Es sind vor allem die Kommunikationsreize aus dem nicht-sprachlichen Bereich, die die Beziehungsebene bestimmen. Dazu gehören: Tonfall, Sprechtempo, Gesichtsausdruck, Gestik, Körperhaltung, Blickkontakt und so weiter.
Es sei noch hinzugefügt, dass die Beziehungsebene viel weniger auffällig in der Kommunikation in Erscheinung tritt als die Sachebene. Und in einer gesunden Beziehung zwischen zwei Gesprächspartnern rückt die Beziehungsebene auch stärker in den Hintergrund. Sie gewinnt aber umso mehr an Bedeutung, je konfliktträchtiger die Beziehung ist.
Was beispielsweise auf den ersten Blick auf der Sachebene wie ein Ringen um eine zutreffende Formulierung aussieht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als ein versteckter Kampf um die Definition der Beziehung zwischen den Gesprächspartnern. Es geht um die Frage: „Wer ist der Bessere von uns?“
Das bedeutet für die Kommunikation: Je konfliktträchtiger die Beziehung zwischen zwei Gesprächspartnern ist, desto stärker bestimmt die Beziehungsebene die Leseart der Sachaussage.
Generell gilt der Satz: „Die Qualität der Beziehungsebene bestimmt, wie die Aussage auf der Sachebene aufgefasst wird.“
Welche Beziehungsdefinitionen überhaupt denkbar sind, wollen wir jetzt eingehender behandeln.
Im Kommunikationsprozess nehmen die Beteiligten – meist unbewusst – eine sogenannte Grundposition ein. Diese Grundposition bestimmt ihr Verhalten. Sie kann während eines Gesprächs mehrfach wechseln. In den entscheidenden, weichenstellenden Gesprächsmomenten aber nimmt man bevorzugt eine Grundposition ein.
Wir unterscheiden insgesamt vier solcher Grundpositionen.
ICH + / DU + = | Ich bin okay, und beim näheren Hinsehen gibt es keinen Grund, dich nicht auch als okay zu sehen. Es ist auch in Ordnung, dass du anderer Meinung bist als ich. Wir wollen gemeinsam Probleme lösen, zum beiderseitigen Wohl. |
ICH + / DU – = | Ich bin okay, du bist nicht okay. Ich werde dir sagen, wo dein Platz ist. Probleme sind deine Schuld, nicht meine. Wenn du nicht wärst, hätte ich keine Probleme. Ich werde also versuchen, dich loszuwerden. |
ICH – / DU + = |
Ich bin nicht okay, du bist okay. Ich sehe, dass du der Stärkere bist,
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