Matthias Kluger

Drug trail - Spur der Drogen


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Fliegen wegen dem Giftpanschen! Da hat euer Präsident ja mal richtig ins Klo gegriffen, so kurz vor der Wahl, meine ich.“

      „Das kannst du laut sagen, Phil. Fehlt bloß noch, dass das mit dem Vize …“ Robert brach mitten im Satz ab.

      „Willst du damit sagen, dass …“

      „Philipp, ich hab schon viel zu viel gequatscht. Behalt das für dich, ja? Sonst bin ich meinen Job los und werde wegen Vaterlandsverrat hingerichtet.“

      „Gleich so schlimm?“, fragte Philipp lächelnd.

      „Wie läuft deine Kampagne bei British Tobacco?“ Schnell wechselte Robert das Thema.

      „Bin gerade bei der Erhebung und Ausarbeitung von Datenmaterial.“

      „So weit schon? Dann hast du den Auftrag?“

      „Noch nicht, aber ich hab das Ding sicher im Sack.“ Philipp lachte auf. „Nur weiß British Tobacco das selbst noch nicht.“

      „Und wie geht’s Mom?“

      „Sie ist mehr bei ihrem Pferd im Stall als zu Hause. Bin heute bei ihr zum Abendessen.“

      „Grüß sie von mir, ja? Vergiss es nicht.“

      „Versprochen. Wir melden uns.“

      Der Stoff des Vizepräsidenten

      Oliver verließ das Gebäude der Washington Post und lief, den Trenchcoat unter den Arm geklemmt, die Straße hinunter zu seinem geparkten Wagen. Gerade als er den Schlüssel ins Schloss des BMW stecken wollte, hörte er dicht hinter sich seinen Namen.

      „Mr. Konecki? Sie sind doch Mr. Konecki?“

      Als sich Oliver umdrehte, stand ein Mexikaner vor ihm, der sichtlich nervös wirkte. „Ja, kann ich Ihnen helfen?“

      Der Latino sah sich hektisch nach allen Seiten um, zog, ohne ein Wort zu verlieren, einen Zettel hervor und schob ihm diesen unauffällig in die Handfläche. Oliver spürte etwas Raues an seinen Fingern, als sein Blick auf den Verband an der Hand des Mannes fiel.

      „Was …?“ Noch ehe Oliver weitere Fragen stellen konnte, machte der Fremde auf dem Absatz kehrt und verschwand in der Menge der Passanten.

      Erstaunt blickte Oliver dem Mexikaner hinterher. Er überlegte kurz, ihm zu folgen, entschied sich dann aber doch dagegen, öffnete die Fahrertür und stieg in den Wagen. Neugierig lehnte er sich in dem durchgesessenen Fahrersitz des BMW zurück, faltete das Papier auseinander und las die gekritzelten Druckbuchstaben auf dem zerknitterten Zettel: „23:00 Uhr, Buzzard Point, Ecke First Street SW. Allein!“

      Vage erinnerte sich Oliver an das Areal. Dort, am Buzzard Point, trafen die beiden Flüsse Anacostia River und der Potomac aufeinander und bildeten eine Halbinsel südwestlich von Washington. Vor einigen Jahren hatte man in der Nähe des Buzzard Point die Leiche einer jungen Studentin gefunden. Hatte dieser Mexikaner etwa darauf abgezielt? Soweit Oliver wusste, wurde der Mord an jener Studentin niemals aufgeklärt. Noch während er vor sich hin grübelte, breitete sich ein unwohles Gefühl in seiner Magengegend aus, so als hätte er zu viel und zu schnell Fettiges in sich hineingestopft. Sollte er tatsächlich allein einen Wildfremden nachts auf diesem abgelegenen Territorium Washingtons treffen? Und wozu?

      Mit einer kleinen Taschenlampe leuchtete er auf das Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Es war bereits 23:10 Uhr. Somit harrte er bereits über eine halbe Stunde im Dunkel des grauen Betonklotzes, direkt am Ufer des Anacostia Rivers aus. Das Gebäude, das die Ausmaße eines Fußballstadions besaß, wirkte im nächtlichen Mondlicht bedrohlich massiv.

      „Verdammt“, fluchte Oliver vor sich hin. Fröstelnd trat er aus dem Schatten der Fassade und wandte sich zum Gehen, als er plötzlich eine Präsenz ganz in seiner Nähe spürte. Er blickte nach rechts und sah eine Gestalt, die mit großen Schritten zielstrebig auf ihn zugelaufen kam.

      Oliver erkannte den Mexikaner erst, als dieser direkt vor ihm stand. „Was soll das Ganze?“, zischte er, während seine Linke den Elektroschocker in der Hosentasche fest umschlossen hielt. 500.000 Volt Leistung gaben ihm ein spärliches Gefühl von Sicherheit.

      „Kommen Sie, Mr. Konecki“, bedeutete ihm der Mexikaner in starkem Akzent.

      „Moment mal, Mister. Ich gehe nirgendwo hin. Was soll diese Heimlichtuerei? Wer sind Sie überhaupt?“

      „Mein Name ist Rodrigo. Das tut jetzt aber nichts zur Sache. Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.“

      „Gut, dann sprechen wir, aber hier. Oder besser noch, Sie kommen morgen in mein Büro. Ich spendiere sogar einen Kaffee. Was soll diese Geheimniskrämerei?

      „Jetzt kommen Sie schon, bevor uns jemand sieht.“ Rodrigo zupfte Oliver ungehalten am Ärmel.

      „Wer soll uns sehen? Was …“

      Ohne weiter auf Oliver einzugehen, huschte Rodrigo im Schatten der Fassade entlang, um zum anderen Ende des Buzzard Point-Gebäudes zu gelangen. Kurz haderte Oliver, doch dann gewann seine journalistische Neugier die Oberhand und so folgte er dem Heimlichtuer. An der Ostseite des Baus bog der Mexikaner links ab und eilte etwa 200 Meter weiter in Richtung Anacostia River, an dessen Ufer einige kleine Motorboote vor Anker lagen. Ehe sich Oliver versah, kletterte dieser Rodrigo auf eines der Boote und kauerte sich ins Dunkel. Vorsichtig folgte Oliver dem Latino, während das sanfte Schaukeln des Kahns seinen Adrenalinpegel noch weiter anheizte.

      „Also, was wollen Sie von mir, Rodrigo?“, flüsterte Oliver, der nun, um die Gesichtszüge des Mexikaners im Dunkeln erkennen zu können, ebenfalls kniete.

      „Meine, meine Freundin ist gestorben“, begann Rodrigo mit brüchiger Stimme.

      „Die Studentin, die man hier gefunden hat?“, hakte Oliver ein, während sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und er die Mimik seines Gegenübers nun halbwegs wahrnehmen konnte.

      „Nein, nein.“ Rodrigo verstummte für einen Moment. „Meine Freundin Catalina …“

      „Ich weiß nicht mehr, wie sie hieß, aber wir sprechen doch von der Studentin, deren Leiche man hier vor einigen Jahren entdeckt hat, richtig?“

      „Ich weiß nichts von einer Studentin. Jetzt hören Sie mir doch endlich einfach nur zu“, zischte Rodrigo. „Kurz vor Weihnachten habe ich ein Tütchen mit nach Hause gebracht. Koks. Ab und an haben meine Freundin und ich etwas geschnupft, hat uns angeheizt. Nur, an diesem Abend ist Catalina zusammengebrochen, im Badezimmer, während ich noch unter der Dusche stand. Ich hab sie gleich ins Krankenhaus gefahren, doch …“, er stockte kurz, fuhr dann aber fort, „doch sie hat nicht überlebt.“

      „Ja, und?“, schnitt Oliver ihm ungeduldig das Wort ab, biss sich jedoch gleich darauf auf die Zunge, als ihm bewusst wurde, wie unsensibel die Anmerkung war.

      „Sheriffs vom MPDC haben mich aus dem Krankenhaus abgeführt. Ich hab’s nicht so richtig mitbekommen. Die Schwester im Hospital hatte mir ein Beruhigungsmittel gespritzt. Als ich dann am nächsten Morgen in der Zelle aufgewacht bin, ist mir erst klar geworden, woran Catalina gestorben ist.“

      „Woran ist sie gestorben?“, fragte Oliver.

      „Plötzlich kamen Beamte, Mr. Konecki. In schwarzen Anzügen. Das waren keine Sheriffs des MPDC, die waren von irgendeiner Bundesbehörde, verstehen Sie? Die haben mir eine Kapuze über den Kopf gezogen, mich in einen Wagen verfrachtet und irgendwohin verschleppt.“

      „Wohin?“

      „Keine Ahnung. Spielt auch keine Rolle. Die wollten unbedingt wissen, was ich weiß.“

      „Ich kann Ihnen nicht folgen, Rodrigo. Was genau?“

      „Na, das Koks“, antwortete Rodrigo mit sich überschlagender Stimme. „Das Scheißkoks, an dem Catalina verreckt ist.“

      „Catalina, also Ihre Freundin, ist an einer Überdosis gestorben? Und die Beamten haben Sie verschleppt, um herauszufinden, wo Sie das Koks gekauft haben? Hört sich abenteuerlich an.“