tu ihm nicht weh.«
Der Elefant kippte seinen Kopf, um mich anzuschauen. Ich streckte meine Hand weit nach oben und tätschelte den unteren Teil seines Ohrs. Er blinzelte, schaute den Mann für einen Moment an, dann zu mir herunter.
Ich wusste, dass es nur ein wenig Druck von Obolus riesigem Rüssel brauchte, um das Leben aus dem Mann zu drücken.
»Setz ihn ab.« Meine Stimme brach, klang überhaupt nicht kraftvoll.
Obolus senkte den Mann zu Boden, gab seinen Griff frei. Der Kerl fiel in den Schmutz, landete schwer auf der Hüfte, fiel dann flach auf seinen Rücken. Zwei Arbeiter knieten sich hin, versuchten ihm aufzuhelfen.
»Das ist besser«, sagte ich zu Obolus und nahm das Ende seines Rüssels in meine Hände, blickte dann zu ihm hoch. »Ich danke dir noch einmal, dass du mein Leben gerettet hast, aber dieser Mann war nur wütend, weil ich dich und die anderen Elefanten aufgebracht habe.«
Der Mann auf dem Boden keuchte nach Atem, während der Aufruhr entlang des Pfads sich beruhigte. Die Elefantenbabys hörten auf zu rennen und senkten ihre Rüssel, um mich und Obolus zu beobachten, der das Ende seines Rüssels an meine Wange legte, um mein Gesicht und meine Haare zu beschnüffeln.
»Jetzt«, sagte ich, »werde ich dir eine Melone zu essen geben und ich verspreche, dass ich nicht wieder rennend und brüllend komme, wenn du nicht wegen jeder kleinen Sache wütend wirst.«
Ich hob eine große gelbe Melone neben dem Heuhaufen auf und streckte sie ihm hin. Er kringelte seinen Rüssel ein und öffnete seinen Mund. Ich schob sie hinein und lachte, als er sie zermalmte. Er senkte seinen Kopf für mich und ich betätschelte die Seite seines Gesichts.
»Guter Junge.«
»Ich werde sie umbringen!«
Als ich die Reibeisenstimme hinter mir hörte, drehte ich mich um und wich gegen Obolus’ Bein zurück.
Der Mann krabbelte auf seine Füße.
»Nein«, sagte ein anderer Mann, der den ersten Mann mit einer Hand auf seinem Arm zurückhielt. »Siehst du, wie sie ihn beruhigt hat?« Er war ein großer Mann, breite Schultern und muskulös, aber seine Augen waren tief und gedankenvoll. Er schaute mit einem netten Gesichtsausdruck auf mich. »Du bist diejenige, die Obolus aus dem Fluss gezogen hat, oder?«
Ich nickte.
»Das dachte ich mir.« Er nahm den anderen Mann am Arm. »Ukaron, du weißt, dass diese armen Tiere auf Dinge reagieren, von denen wir nicht wissen können. Du hast gesehen, wie er ihre Kommandos befolgt hat, als ob sie ihr ganzes Leben lang gemeinsam geübt haben. Ich habe das nur einmal zuvor gesehen, als sie diesen Jungen von Indienhergebracht haben, derjenige, der von einem römischen Speer in Messina gefällt wurde. Wie war sein Name?«
»Ponichard.« Ukaron staubte sich ab. »Was ist schon dabei?«
Ich starrte Ukaron an. Die Haut seines Gesichts war zu eng, zog seine Lippen in einem ständigen spöttischen Lächeln zurück, und seine Wangenknochen und sein Kinn stießen beinahe durch die Oberfläche. Seine Augen waren schlaff und feucht wie bei einem kranken Mann, aber vielleicht war das, weil Obolus ihn beinahe umgebracht hatte.
»Es war das Gleiche, Ukaron«, sagte der andere Mann. »Dieser Junge, Ponichard, als er zum ersten Mal den Elefanten Xetos traf. Du erinnerst dich daran, welch ein übel gesinntes Tier er sein konnte. Vom ersten Moment an, als Ponichard seine Hände auf ihn legte, stand Xetos jedoch zu Diensten des Jungen, so sehr, dass wir das Biest einschläfern mussten, als der Junge im Kampf starb. Und jetzt hat Obolus ein starkes Band mit diesem Kind geformt und sie mit ihm. Ich wage es nicht zu versuchen zu erklären, welchen Zweck die Götter für solche Dinge haben, genauso wie ich ihre unendliche Weisheit nicht hinterfrage. Ich schlage vor, dass du mit dieser Beziehung zwischen Biest und Kind nicht herumpfuschst.«
»Du liegst ziemlich falsch, Kandaulo.« Ukaron behielt seine Augen auf mir, während er mit dem Mann sprach. »Sie ist ein Dämonenkind. Sie versuchte diese Tiere in Panik zu versetzen, so dass sie das Lager zerstören. Wenn irgendwelche Götter involviert sind, sind es die Götter der Unterwelt.« Er wischte mit einem haarigen Unterarm über seinen Mund, schnappte seinen Schlagstock von dem Mann neben ihm und stürmte davon.
»Jetzt geh, Mädchen«, sagte Kandaulo. »Und wenn du dich das nächste Mal entlang der Elefanten Straße traust, schlage ich vor, dass du es leise tust.«
»Ja, Kandaulo. Das werde ich.« Ich tätschelte das Ende des Rüssels, der auf meiner Schulter zu ruhen kam. Die graue Haut des Elefanten schien rau und kalt mit all den Falten, aber sie fühlte sich weich an, und er hatte eine behutsame Berührung. »Auf Wiedersehen, mein großer Freund. Schlaf gut heute Nacht.«
Obolus griff nach mehr Heu und ich schnappte eine Handvoll für ihn, aber dann erinnerte ich mich.
»O nein«, flüsterte ich. »Yzebels Weinkrug!«
Ich ließ das Heu fallen und rannte die Elefanten Straße wieder hoch.
Kapitel Vier
Alles, was ich fand, war ein großer, schlammiger Weinfleck auf dem Pfad. Ich fiel auf meine Knie und stieß meine Finger in den purpurfarbenen und braunen Schlamm, wollte nicht glauben, was meine Augen mir sagten. Aber es war wahr: Yzebels kostbarer Rosinenwein war weg. Ich war gescheitert.
Sie hatte mir vertraut den Wein im Austausch für Brot zum Bäcker zu bringen, aber ich hatte nicht einmal den halben Weg geschafft. Der Anblick vom lebendigen Obolus hatte mein Verantwortungsgefühl komplett durcheinandergebracht und meine eigenen Gefühle hatten mein Verlangen etwas Gutes für Yzebel zu tun überschattet. Um alles noch schlimmer zu machen, war der Krug verschwunden. Jemand hat ihn genommen und nur einen Fußabdruck mit Sandalen im Schlamm hinterlassen. Wie könnte ich ihn jemals ersetzen?
Mein Herz sank und ich begann zu weinen. Yzebel würde mir niemals wieder vertrauen.
»Hast du etwas verloren?«, kam eine vertraute Stimme von hinter mir.
Ich schaute in die weichen braunen Augen des jungen Mannes vom Fluss. Derjenige, dessen Umhang ich trug – Tendao.
»Yzebels Wein.« Ich wischte mit meinen schlammigen Fingern über meine Wange. »Er ist weg.«
Er streckte seine Hand aus, um mir hochzuhelfen, und der Schlamm schien ihm nichts auszumachen. »Hättest du den Wein eigentlich für Brotlaibe zu Bostar bringen sollen?«
Ich nickte.
»Weißt du, warum Yzebel Brot wollte?«
Wir gingen die Elefanten Straße hoch in Richtung der Gabelung im Pfad.
»Für die Soldaten, wenn sie heute Abend an ihre Tische kommen.«
»Ja, sie mag es Brot für sie zur Abendessenszeit zu haben.«
»Ich habe sie im Stich gelassen, Tendao. Und jetzt muss ich zu ihr gehen und sagen, welch schreckliche Sache ich getan habe.«
»Ja, du musst es ihr erzählen«, sagte er. »Aber bevor du das tust, lass uns am Zelt von Lotaz anhalten.«
Ich hatte von dieser Lotaz nicht gehört, aber ich hatte es nicht eilig mit leeren Händen zu Yzebel zurückzukehren und mein Scheitern zuzugeben.
Ich versuchte dem Bild von Yzebels ernstem Gesicht zu entfliehen, indem ich an andere Dinge dachte. Die Erde der Elefanten Straße fühlte sich weich und warm unter meinen nackten Füßen an. Ich dachte an die hunderte von Elefanten und Menschen, die über viele Jahreszeiten darüber trampelten, die Erde in einen feinen Puder gearbeitet haben. Eichen und Kiefern säumten den Pfad, boten Schatten für die Tiere. Lange Schatten bedeckten jetzt viel des breiten Wegs.
Oben auf dem Hügel gingen wir nach rechts, den Weg, den ich früher hätte gehen sollen. Nach einer Weile trafen wir auf ein Zelt, das aus feinem, dünnem Material gemacht war. Die roten, gelben und blauen Farben des gestreiften Stoffs glommen in der