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Freund unter Feinden


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Nachdem alle Fahrzeuge im Raum Berlin überholt worden waren, wurden alle Truppen nach Westen verlagert. Wahrscheinlich hatte man den Krieg gegen Frankreich schon geplant, denn unsere Übungen in diesem Raum und der Westwall, der mit riesigem Aufwand als Bunkersystem entlang der Westgrenze des Deutschen Reichs gerade gebaut wurde, deuteten darauf hin.

      Ich hatte in Haiger ein sehr schönes Quartier bekommen. Die Familie, bei der ich wohnte, bestand aus der Oma, der Mutter und zwei Kindern im Schulalter. Der Mann war auch zum Militärdienst eingezogen worden. Ich wohnte im Haus der Oma, das direkt nebenan war. Am Tage, wenn ich nicht gerade Dienst hatte, war ich meist bei der Familie, denn es war zu dieser Zeit schon ziemlich kühl. Im Haus der Oma, das nur aus zwei kleinen Zimmern und Küche bestand, durfte ich wegen Brandgefahr keinen Ofen anzünden. Der Winter 1939 setzte schon sehr früh ein, und schon lange vor Weihnachten hatten wir viel Schnee und Temperaturen weit unter null Grad. So waren mein Zimmer und mein Bett immer eisig kalt und im Haus gab es auch keinen Klo, sondern nur einen Nachttopf. Am Morgen war stets eine dicke Eisschicht auf dem Topf, und man brauchte einen Hammer, um den Topf zu entleeren. Doch auch das alles habe ich unbeschadet überstanden. Ja, nicht einmal eine Erkältung habe ich bekommen.

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      Familienanschluss im Quartier in Haiger/Siegerland.

      Ich fand das sogar alles richtig romantisch, und da ich von zu Hause schon so manches gewohnt war, stellte ich in dieser Hinsicht auch keine großen Ansprüche. Für mich war es wichtig, dass die Menschen, bei denen ich untergebracht war, freundlich und sympathisch waren und es gut mit mir meinten. Die ganze Familie, hauptsächlich die Kinder, hatten mich bald in ihr Herz geschlossen, und so bestand ein sehr gutes Verhältnis zwischen uns. In dieser Zeit lernte ich auch ein Mädchen kennen, sie hieß Esther. Sie war neunzehn Jahre alt und schon Filialleiterin vom Kaisers Kaffeegeschäft in Haiger. Wie sie mir voller Stolz sagte, war sie die jüngste Filialleiterin vom ganzen Siegerland.

      Bei einem Einkauf kam ich mit ihr ins Gespräch. Sie gefiel mir sofort und ich konnte sie zu einer Zusammenkunft nach Geschäftsschluss überreden. Wir verstanden uns schon nach dem ersten Beisammensein sehr gut und so ergab es sich, dass ich sie abends vom Geschäft abholen durfte. Ja, damit sie schneller fertig wurde, durfte ich ihr sogar beim Geldzählen und bei der Abrechnung helfen. Die zwei anderen Verkäuferinnen mussten das Lager in Ordnung bringen. So hatte ich schon fast vergessen, dass ich Soldat war und weswegen ich in Haiger war. Abends ging ich dann oft mit ihr nach Hause. Sie wohnte in Untermiete mit einer ihrer Verkäuferinnen zusammen, und so brachte ich dann auch immer einen Kameraden mit. Er war auch aus Berlin und wohnte ganz in meiner Nähe. Zu viert verlebten wir in dieser Zeit gemeinsam viele schöne Stunden. Meinen einundzwanzigsten Geburtstag feierten wir mit einer Flasche Sekt, doch über Weihnachten fuhr Esther zu ihren Eltern nach Siegen, und ich feierte das Weihnachtsfest mit meiner Quartiersfamilie.

      So verlebte ich noch eine sehr schöne Zeit in Haiger, bis Anfang Februar der Befehl kam, unseren Standort zu wechseln. Das neue Ziel war die Eifel. Der Regimentsstab kam nach Wittlich und unsere Kompanie nach Hetzhof, einer kleinen Ortschaft drei Kilometer von der Mosel entfernt. Es war ein herzlicher, wenn auch wehmütiger Abschied, und Esther und ich versprachen uns zu schreiben. Sie hatte meine Feldpostnummer und ich ihre Adresse, aber erst 1941 in Russland bekam ich einen Brief mit einem Bild von ihr. Sie hatte im Mai 1940 geheiratet und 1941 ein Kind bekommen. Ihr Mann war auch Soldat. Ich habe ihr kurz darauf noch einmal geschrieben, aber dann nie mehr etwas von ihr gehört.

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      Maschinengewehrausbildung in Haiger (ich am MG).

      Letzte Station vor dem Frankreichfeldzug

      In Hetzhof kamen wir Anfang Februar, bei strenger Kälte und tiefem Schnee, nach etwa vierstündiger Fahrt an. Ich hatte damals eine 750 Kubik schwere NSU-Maschine gefahren, mit der ich auch später in Frankreich eingesetzt war. Völlig durchfroren bekam jeder sein Quartier zugewiesen, und so hatte ich auch dieses Mal wieder eine Unterkunft bei einer Familie mit zwei Kindern. Das Mädchen war vierzehn und der Junge acht Jahre alt. Der Vater war auch zum Militärdienst eingezogen worden. Hier hatte ich jetzt ein schönes warmes Zimmer, aber sonst konnte man in dieser kleinen Ortschaft nicht viel anfangen.

      Unser Dienst bestand hauptsächlich aus Waffenreinigen und Fahrzeugpflege, und in dieser Zeit machte ich auch den Führerschein Klasse drei. So blieb uns noch ziemlich viel Freizeit, doch wurde jeder von uns einmal in der Woche zum Wachdienst eingeteilt. Das war von abends sechs bis morgens sechs Uhr im Wechsel, zwei Stunden Wache und vier Stunden Ruhe. Es mussten immer zwei zusammen den ganzen Ort abschreiten, denn unsere Fahrzeuge standen im gesamten Ort verteilt. Bei diesem Wachgang kamen wir immer mehrmals an einem Haus vorbei, in dem der Feldwebel einquartiert war. Er schlief im oberen Stockwerk, doch man konnte ihn schon von Weitem schnarchen hören. Es war wirklich einmalig, welche Lautstärke dieser Mann entwickelte. Seine Quartiersleute waren da sicher nicht zu beneiden. Doch schon in den ersten Kriegstagen in Frankreich wurde er von einem Geschoss eines Tieffliegers tödlich getroffen.

      Die Familie, bei der ich wohnte, war sicher sehr fromm, denn am Sonntag gingen alle zur Kirche, und mittags beteten sie vor und nach dem Essen. Das vierzehnjährige Mädchen hieß Maria. Sie war bildhübsch, doch leider war sie blind. Wir machten zusammen Spiele, bei denen sie immer mitspielen konnte. Mit der Zeit spürte ich, dass sie immer meine Nähe suchte und jede Gelegenheit nutzte, in mein Zimmer zu kommen. So musste sie mit ihrer Mutter über mich gesprochen haben, denn die erzählte mir, dass Maria sich in mich verliebt hätte. Es sei das erste Mal, dass sie Maria so fröhlich und glücklich gesehen habe, und sie bat mich, doch liebevoll mit ihr umzugehen. Ja, ich nahm mir vor, nur gut zu ihr zu sein und ihre Illusion nicht zu zerstören, denn sie tat mir so unendlich leid. Es war so traurig, dass dieses schöne Mädchen blind sein musste, doch Mitleid konnte sie gar nicht ertragen. Ich hörte sie einmal in ihrem Zimmer beten, Gott möge doch mir ein bisschen Liebe für sie in mein Herz legen. Das machte mich tief betroffen, dass dieses Mädchen, trotz ihres schweren Schicksals, das sie zu tragen hatte, solch ein Gottvertrauen haben konnte.

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      In Hetzhof/Eifel bei der Arbeit und in der Freizeit.

      So waren wir beide sehr glücklich, auch wenn wir nichts miteinander hatten. Es genügte uns schon, wenn wir uns berührten, und sie sagte, sie wäre schon glücklich, wenn sie nur meine Stimme hörte. Der Winter ging schnell vorüber und im Frühjahr hatten wir wieder mehr Dienst und auch viele Übungen. Doch blieb immer noch genügend Zeit für Maria und mich. Ja, in der ganzen Kompanie hatte es sich herumgesprochen, denn wir gingen abends oft bis in die Nacht spazieren. Doch auch dieses Glück ging einmal zu Ende, und als die Nachricht kam, dass wir in Richtung Luxemburg nach Frankreich einmarschieren sollten, fiel uns allen der Abschied sehr schwer. Ich hielt Maria im Arm und wusste, dass ich sie nie wieder sehen würde, und sie wusste es auch. Ja, sie war sehr tapfer und ich versuchte es auch zu sein, bei dieser auch für mich schweren Trennung. Ihre Mutter dankte mir noch ganz besonders für die schönen Stunden, die ich Maria geschenkt hatte, und wünschte mir viel Glück.

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