dem Siebenjährigen Krieg, wobei der Höhepunkt der Auswanderung aus dem Süden und Westen Europas im Zeitraum 1763-1772 lag. In diesem wurden etwa 70.000 Personen in Ungarn, dem Banat und der Batschka angesiedelt.
Die Auswanderungsedikte des deutschen Kaisers des Heiligen Römischen Reichs Joseph II. von 1768 waren explizit gegen die Auswanderung nach fremden, mit dem Deutschen Reich in keiner Verbindung stehenden Ländern gerichtet. Den Anlass dazu bot nicht nur die Amerikaauswanderung, sondern vielmehr die Anwerbung deutscher Auswanderer für europäische Länder. Den Höhepunkt bildete die Wolgakolonisation Katharinas II., der früheren deutschen Prinzessin aus Anhalt-Zerbst, die 1766/67 ca. 8.000 deutsche Familien (etwa 29.000 Personen) aus dem Deutschen Reich anziehen konnte. Nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges (1763) hatte die Zarin Katharina II. die Initiative zu einer groß angelegten Siedlungspolitik ergriffen. Gefördert werden sollte die Umsiedlung von Staatsbauern (der Staat behielt Eigentum am Land; die Kolonisten waren an die Gemeinde und den Boden gebunden) in bisher bevölkerungsarme und neu erworbene Gebiete. Ebenso wie Großbritannien, die Niederlande und Preußen wirtschaftlichen Nutzen aus der Aufnahme der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten gezogen hatten, sollte nun in ähnlicher Form auch Russland die Gelegenheit ergreifen, Ausländer aus wirtschaftlich-technisch fortgeschrittenen Staaten ins Land zu bringen.
Fast ein Jahrhundert lang strömten deutsche Menschen in das große russische Reich ein und ließen sich in mehr oder weniger geschlossenen Siedlungsgebieten an der Wolga, bei Petersburg, im Schwarzmeergebiet und im Südkaukasus nieder. Grundlegend und von besonderer Wirkung auf die gesamte Förderung der Einwanderung im genannten Zeitraum war das Manifest der Zarin Katharina II. vom 22. Juli 1763. Allerdings erfolgten auch später noch Massenauswanderungen nach Russland, insbesondere 1804 und 1816/17 aus Schwaben nach Südrussland.
Die planmäßige und von der Regierung gelenkte – schon zuvor gab es (in geringer Zahl) deutsche Einwanderer in Russland – Ansiedlung des unteren Wolgagebiets hatte indes erst unter Zarin Katharina II. begonnen. Nachdem das erste Manifest der Zarin vom 4. Dezember 1762, das zur Einwanderung nach Russland aufforderte, zunächst ohne Echo geblieben war (zu diesem Zeitpunkt fand in Deutschland der Siebenjährige Krieg von 1756 bis 1763 statt), erließ Zarin Katharina dann am 22. Juli 1763 das zweite ausführliche Manifest, das ein großes und positives Echo fand. Am 19. März 1764 folgten neue Bestimmungen über das Grundbesitzrecht, in denen auch die zu besiedelnden Ländereien bezeichnet und die jedem Bauern zuzuteilende Landmenge angegeben wurden. Zu den wichtigsten zählten:
1.Freie Religionsausübung,
2.Steuerbefreiung auf 10-30 Jahre,
3.Gewährung zinsloser Darlehen für Hausbau und alle Anschaffungen (Vieh, Arbeitsgeräte etc.),
4.Befreiung vom Militärdienst „auf ewige Zeit“,
5.Eigene Gemeindeund Schulverwaltung,
6.Gewährung der inneren Jurisdiktion für die Kolonien,
7.Unentgeltliche Zuweisung von 30-80 Desjatinen (früheres russisches Flächenmaß, eine Desjatine ca. 1,09 ha) Land von der Krone an jede Familie,
8.10 Jahre Zollfreiheit auf Waren, die zuvor noch nicht in Russland produziert wurden.
Bis zum Jahre 1774 folgten etwa 30.600 Personen der Einladung Katharinas II., vier Fünftel von ihnen in den Jahren 1763-1766. Ein großer Teil der deutschen Siedler kam aus Hessen, wo ihre Siedlungsgrundstücke klein, die Abgabelasten jedoch verhältnismäßig hoch waren. Die große Mehrheit der Siedler (ca. 26.500) wurde nach Saratow transportiert, wo allerdings nur 23.216 Personen ankamen. Die bei Ankunft fehlenden Siedler waren entweder verstorben oder geflohen. Aufgrund zahlreicher Schwierigkeiten vor Ort (fehlendes Baumaterial, Saatgut, Arbeitsgeräte und Vieh sowie eine prekäre Sicherheitslage durch gefährliche Nomadenstämme), erlitten zahlreiche Neusiedler große Not. In den ersten zehn Jahren verloren die Siedler durch Krankheit, Flucht und Gefangenschaft 7.387 Personen. Unter Katharina II. wurden die Türken vor allem aus den Gebieten des Schwarzen Meeres verdrängt, wo vielfach neue Kolonien mit deutschen Siedlern angelegt wurden. Zar Alexander I. (1801 bis 1825) setzte das Kolonisationsprojekt der Zarin Katharina II. in Südrussland fort. Unter ihm begann die Besiedlung Südrusslands von Bessarabien bis zum Südkaukasus.
Die deutsche Auswanderung hatte somit schon im 18. Jahrhundert einen durchaus erheblichen Umfang angenommen, vor allem wenn man sie mit der deutschen Bevölkerungszahl jener Zeit vergleicht.1
Neben religiösen und politischen Gründen für die Auswanderung spielten zweifellos auch die Flucht vor kriegerischen Zuständen und ihren gravierenden Folgen eine Rolle. Im 18. Jahrhundert gab es in relativ kurzen Zeitabständen zahlreiche Kriege, die Europa und die deutschen Länder schwer erschütterten. So erfolgte in dieser Epoche die Verwüstung der Pfalz durch die Raubkriege Ludwigs XIV.; schwerwiegende Konsequenzen für die Zivilbevölkerung hatte der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714), später auch der Polnische (1733-1738) und Österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748) und schließlich in den 1760er Jahren der Siebenjährige Krieg.
So brachen nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges die „Schwabenzüge“ 1763-1770 und 1782-1788, insgesamt rund 70.000 deutschsprachige Bauern und Handwerker aus Franken, Baden, Württemberg, Vorderösterreich, Luxemburg und Lothringen in den südosteuropäischen Donauraum mit den Siedlungsschwerpunkten Batschka, Banat („Donauschwaben“) und Siebenbürgen, auf. Nahezu zeitgleich erfolgten Siedlungswanderungen in die vom Zarenreich kurz zuvor eroberten Gebiete der unteren Wolga und „Neurussland“ nördlich des Schwarzen Meeres. Ebenso wie im Fall der „Schwabenzüge“ waren es auch an der Wolga und in „Neurussland“ Privilegien und Vergünstigungen, die wesentliche Anreize der staatlichen Zuwanderungspolitik zur Erschließung und Sicherstellung des Siedlungslandes bildeten. Von besonderem Interesse für die landesherrlichen Regierungen standen indes weniger konfessionelle Aspekte der Zuwanderer im Vordergrund, sondern vor allem die Heranziehung mitteleuropäischer Siedler, die mit höher entwickelten landwirtschaftlichen und handwerklichen Fertigkeiten vertraut waren. Insgesamt wird die Zahl der Auswanderer aus dem deutschsprachigen Raum nach Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa von den 1680er Jahren bis 1800 auf rund 740.000 Personen geschätzt.
Die überseeische Auswanderung nach Nordamerika blieb demgegenüber in diesem Zeitraum mit rund 170.000 Menschen deutlich zurück. Die Herkunftsräume der Überseeauswanderer stimmten allerdings in etwa mit denen des kontinentalen Ostund Südoststroms überein. Hierbei standen Baden, Württemberg, Pfalz, Elsass und Lothringen an vorderster Stelle. Von diesen Gebieten zweigten also die Auswandererbewegungen nach Osten und Westen ab.
Überdies führte der risikoreiche Soldatendienst und die Unstetigkeit sowie Unsicherheit des Lebens in Krisen- und Kriegszeiten dazu, den Weggang vieler Personen in die vermeintlich sichere Ferne auszulösen. Neben den durch Kriege verursachten Notlagen trugen ferner Missernten sowie Zeiten, in denen sich wichtige wirtschaftliche Güter und Lebensmittel verteuerten, harte Winter und andere Naturkatastrophen dazu bei, die sozial-ökonomische Lage zu verschlechtern und den Auswanderungsdrang zu verstärken. Auch der Druck durch Steuern seitens prunkliebender und auf Geltung bedachter Landesherrn, sowie weitere Abgaben und Fronden, belasteten in hohem Maße den einfachen Untertanen.
Vor allem aber machte die Zerstückelung des Grund und Bodens es vielen unmöglich, ihren Lebensunterhalt in der Heimat in ausreichender Form zu bestreiten oder gar ein wirtschaftliches Fortkommen zu erreichen und später auch eigenes Land zu erwerben. Durch die bestehende Agrarverfassung und Erbteilung (Realteilung als vorherrschendes Erbschaftssystem) in großen Teilen Südwestdeutschlands waren die bäuerlichen Betriebe oft so klein geworden, dass sie selbst in wirtschaftlich besseren Zeiten kaum zum Lebensunterhalt der Familien genügten. Die Bevölkerung lebte vielfach allein von Kartoffeln und war so in schlechten Erntejahren gezwungen, entweder zu verhungern oder auszuwandern. Nicht besser sah es in den Weinanbaugebieten am Neckar und in der Pfalz aus. In diesen klein parzellierten Wirtschaftsräumen nahm die Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung ersichtlich zu. Wenn in einer solchen ohnehin angespannten Situation auch noch bekannt wurde, dass es in fernen Ländern Boden in großem Umfang gab, dass man diesen sogar geschenkt erhalten oder unter leicht erfüllbaren Bedingungen oder mit geringen Finanzmitteln erwerben konnte, hatten die Werber der Auswanderungsunternehmen jener