William Shakespeare

Cymbeline


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       Cloten

      Und daß sie diesen Kerl lieben muß, und mich abweisen!

       Zweiter Lord [Edelmann] für sich.

      Wenn es Sünde ist, eine richtige Wahl zu treffen, so ist sie verdammt.

       Erster Lord [Edelmann]

      Prinz, ich sagte es Euch immer, ihre Schönheit und ihr Verstand halten nicht gleichen Schritt; sie ist ein treffliches Gemälde, aber ich habe wenig Reflexe ihres Geistes gesehen.

       Zweiter Lord [Edelmann] für sich.

      Sie scheint nicht auf Narren; der Reflex möchte ihr schaden.

       Cloten

      Kommt auf mein Zimmer; ich wollte, es wäre irgendein Unglück geschehen.

       Zweiter Lord [Edelmann] für sich.

      Das wollte ich nicht; es wäre denn der Fall eines Esels, was kein großes Unglück ist.

       Cloten

      Wollt Ihr mit uns gehn?

       Erster Lord [Edelmann]

      Ich folge Euch, gnädiger Herr.

       Cloten

      Nein, kommt, gehn wir zusammen.

       Zweiter Lord [Edelmann]

      Wohl, mein Prinz.

       Alle ab.

      [Vierte] Dritte Szene

       Zimmer im Palast

       Imogen und Pisanio treten auf.

       Imogen

      Ich wollt, am Hafen ständst du eingewurzelt

      Und fragtest jedes Schiff. Wenn er mir schriebe

      Und ich bekäms nicht, solch ein Brief verloren

      Wär wie Verlust des Heils. Was war das Letzte,

      Was er sprach?

       Pisanio

      Es war: O meine Königin!

       Imogen

      Dann winkt' er mit dem Tuch?

       Pisanio

      Und küßt' es, Fürstin.

       Imogen

      Fühllose Leinwand, glücklicher als ich!

      Und das war alles?

       Pisanio

      Nein, Prinzessin, denn

      Solang ers machen konnte, daß ihn Auge

      Und Ohr von andern unterschied, blieb er

      Auf dem Verdeck, mit Handschuh, Tuch und Hut

      Stets winkend, wie der Sturm und Drang der Seele

      Ausdrücken konnt am besten, wie so langsam

      Sein Herz von hinnen zieh, wie schnell sein Schiff.

       Imogen

      Er mußte klein wie eine Kräh dir werden

      Und kleiner, eh du aufgabst, nachzuschaun.

       Pisanio

      Das tat ich, gnädge Frau.

       Imogen

      Zerrissen hätt ich mir die Augennerven,

      Nur um nach ihm zu sehn, bis die Verkleinrung

      Des Raums ihn zugespitzt wie meine Nadel.

      Ihm schaut ich nach, bis er verschmolzen wäre

      Von Kleinheit einer Mück in Luft; und dann

      Hätt ich mich abgewendet und geweint. –

      Pisanio, sprich, wann hören wir von ihm?

       Pisanio

      Gewiß mit nächster Schiffsgelegenheit.

       Imogen

      Wir nahmen Abschied nicht, und noch viel Liebes

      Wollt ich ihm sagen, zu erzählen wünscht ich,

      Wie ich sein dächt in der und jener Stunde,

      Gedenken dies und das; und schwören sollt er,

      Italiens Liebchen möchten nicht verlocken

      Mein Recht und seine Ehr. Ich wollt ihn nötigen,

      Um sechs Uhr morgens, Mitternacht und Mittag

      Mir betend zu begegnen, weil ich dann

      Für ihn im Himmel bin. Ich wollt ihm geben

      Den Abschiedskuß, den in zwei Zauberworte

      Ich eingefaßt – da kommt mein Vater her,

      Und wie der grimme Hauch des Nordens schüttelt

      Er unsre Knospen ab, eh sie erblüht.

       Eine Hofdame tritt auf.

       Hofdame

      Die Königin wünscht Eur Hoheit Gegenwart.

       Imogen

      Was ich dir aufgetragen, das besorge! –

      Der Königin wart ich auf.

       Pisanio

      Wie Ihr befehlt.

       Alle ab.

      [Fünfte] Vierte Szene

       Rom, in Philarios Hause

       Es treten auf Philario, Jachimo, ein Franzose, ein Holländer und ein Spanier.

       Jachimo

      Glaubt mir, Herr, ich kannte ihn in Britannien: sein Ansehn war damals im Wachsen, und man erwartete die Vortrefflichkeit von ihm, die ihm später auch ausdrücklich zugestanden wurde; aber ich hätte ihn damals ohne die Nachhülfe der Bewunderung ansehn können, wenn auch das Verzeichnis aller seiner Gaben neben ihm aufgestellt gewesen wäre und ich ihn so artikelweise durchgelesen hätte.

       Philario

      Ihr sprecht von einer Zeit, da er noch weniger ausgestattet war, als er jetzt ist, mit allen den Gaben, die ihn geistig und leiblich so auszeichnen.

       Franzose

      Ich sah ihn in Frankreich, und dort hatten wir viele, die mit ebenso festem Auge als er in die Sonne blicken konnten.

       Jachimo

      Der Umstand, daß er seines Königs Tochter geheiratet hat, wobei er mehr nach ihrem als nach seinem eigenen Werte gewogen werden muß, ist gewiß ein Hauptgrund, daß man ihn weit über die Wahrheit hinaus preist.

       Franzose

      Und dann seine Verbannung. –

       Jachimo

      Ja, und die Billigung derer, die diese klägliche Scheidung beweinen und der Fürstin zugetan sind; alle diese erheben ihn wunderbar über sein