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Anna Malou
STRANDKORB
und weitere Kurzgeschichten
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2016
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016
INHALT
Eine Reise zwischen zwei Welten
Ferien vom Alltag oder Protokoll eines Tages
Weihnachtsmarkt: eine Weihnachtsgeschichte der besonderen Art
STRANDKORB
Sommersonne – Sommerpause – Sommerurlaub – jedes Jahr wieder, lang ersehnt und doch jedes Jahr wieder neu entdeckt.
Auf dem Weg zur Standpromenade kann man sie finden, Mutter, Vater, Kinder, eins, zwei, drei, und der Blick geht auf Mutters Bauch mit Kind Nummer vier auf dem Weg zu ihrem Strandkorb. Für die Kinder ist der Strandkorb Nummer 113 Treffpunkt, Heimat und Verpflegungsinsel, eben der sichere Hafen.
Die Kinder, ein Junge mit fast zwölf Jahren, mit blonden Locken, einem spitzbübischen Lachen, grüne Augen unter langen, dunklen Wimpern. Ein Mädchen, kullerrunde, blaue Augen unter einer dunklen, langen Haarmähne, rosa Outfit in zehnjähriger Größe, zierlich, sportlich, lächelnde Grübchen unter glucksendem Lachen. Der Dritte im Bunde, ein Junge, neunjährig, kurze, blonde Haare, blaue Augen, helle Haut, ruhig, friedlich, freundlich, in neunjähriger Zufriedenheit.
Die Nachbarn des Strandkorbs betrachten sie, eine fast schlanke Frau, Ende dreißig, wenn nicht der Sechs-Monate-Kinderbauch wäre, angestrengt mit ihren Kindern, dunkelhaarig, lockig und grünäugig, ernsthaft. Er, ein wenig jünger, der Vater der jungen Familie, ein großer, sportlicher Mann, blauäugig, zärtlich, fröhlich und liebevoll im Kreise seiner Lieben. Da sitzen sie nun, die Eltern im Strandkorb, den Bauch der Mutter nach vorn gewölbt, in ihrem roten Badeanzug, der genug Platz für das werdende Baby lässt. Der Vater, zufrieden, bärtig, schläfrig und auf Ruhe und Pause bedacht. Die Kinder wie kleine Tiere, immer hungrig nach Nähe, Anerkennung und Verpflegung, fröhlich schwatzend, spielend zu ihren Füßen. Eine Bilderbuchfamilie könnte man denken.
Doch dieser Schein trügt. Die Nachbarin sieht nicht, dass die Mutter nach vielen kummervollen Jahren viel allein war, viel Einsamkeit hatte, von ihrem ersten Ehemann im Stich gelassen, viele traurige Stunden mit ihren beiden Kindern verbracht hatte.
Auch sieht die Nachbarin dem Mann nicht an, dass er viele Jahre der Existenznot hinter sich hat, dass er dieses Kind Nummer drei, seinen Sohn, nur leihweise in den Ferien bei sich hat. Diese Zeit muss reichen für ein Leben, für geliebte Nähe, für alles, was ihm von seinem Kind geblieben ist. Diese Tage gilt es auszukosten mit allem, was möglich ist, was dem Vater und dem Kind Freude macht. Da ist nun Kind Nummer vier, neu, auch hier weiß die Nachbarin nicht, dass dieses Kind der Versuch ist, wieder eine Familie zu haben, die heile Welt wieder herzustellen, ein gemeinsames Kind, eine gemeinsame Brücke zueinander, zu leben.
Es wird viel gespielt, viel gelacht, das Wasser ist herrlich, auch wenn die Wellen so mächtig sind, dass sie um ihr Kind Angst hat und der tobenden Brandung nur den Rücken anbietet. Auch die drei Kleinen müssen beschützt werden vor der tobenden Brandung, vor den Wellen des Lebens. Spiel, Spaß, Freude, doch wo fängt es an, ernst zu werden? Die Eltern, beide verunsichert in ihrem Leben, wissen es nicht immer, hoffen, bangen, wünschen und wollen wieder und wieder alles richtig machen.
Doch die Wellen des Lebens sind teuflisch, tückisch, tosend und traumatisierend. Leben lässt es sich nicht allein, ohne Umfeld.
Und so sitzt die junge Familie im Sonntag ihres Lebens fröhlich, freundlich, fügsam und feinsinnig im und um den Standkorb herum, von der Nachbarin betrachtet, beneidet und liebevoll leidend beguckt. Die Eltern jedoch sind müde von der vielen Sonne im Urlaub, vom Regen des Lebens, von den so stürmischen Zeiten und warten ängstlich auf eine windstill – wunderbare Zeit, die ihre Wunden verheilen lassen soll.
Noch