alle, ihre Programme sind ein „Mix“ deutscher und amerikanischer (synchronisierter) Filme und Serien, die offensichtlich die einzigen „Produkte“, die würdig sind, dem Zuseher präsentiert zu werden. Gelegentlich sind auch britische, kanadische oder französische Filme oder Serien im Angebot. Im Kino sieht nicht anders aus, auch wenn kommunale Kinos und Spielstätten oder Programmkinos ein alternatives Angebot präsentieren. Mit Blick auf den Film der europäischen Länder, kommt man zur Erkenntnis, dass offensichtlich der einstige „Eisernen Vorhang“ noch immer existiert. Exemplarisch dafür steht zum einen die Entsorgung der Filmgeschichte von den Filmen der östlichen Hemisphäre, vom Werk Andrej Tarkowskis oder Larissa Schepitkos, „einstmals“ zwei sowjetische Regisseure von Weltbedeutung, gleichermaßen gilt das für drei der international wichtigsten polnische Künstler Andrzej Wajda, Andrzej Munk und Krzystof Kieslowski, und so kann es nicht mehr verwundern, dass selbst ein in Ost und West weithin bekannter ungarischer Regisseur wie István Szabó keiner Erwähnung wert ist. Gut, man kann sich gut dahinter „verschanzen“, dass Film halt vor allem eine Art Wirtschaftsgut darstellt, das sich rechnen oder Quoten bringen muss. Wechselt man in die Literatur dürfte die Bilanz kaum weniger einseitig ausfallen. Betrachtet man die aberhundert tagtäglichen Sendeplätze der Sender, die mit hunderten miserablen Filmen made in USA bestückt werden, darf man fragen, ob es wirklich unmöglich sein soll, einen bescheidenen Beitrag zur Präsentation des Films der Mitglieds-Staaten der EU zu leisten. Schließlich preisen diese Medien das offenkundig kulturfreie aber wunderbare Werk der europäischen Gemeinschaft. Nicht dass ich wirklich überrascht war, schließlich habe ich die Erfahrung, wie man – ungewollt – zum „Weltenwanderer“ werden kann, als ich – ohne mich selbst bewegen zu müssen – von der östlichen in die westliche Welt „gewandert“ wurde. Unbestreitbar deshalb, weil die östliche Welt in sich zusammengebrochen war, das einmalige aber auch zugleich wirklich letzte Verdienst ihrer politischen Führungen. Aber deshalb Kunst und Kultur einer ganzen Epoche zu entsorgen und weiterhin zu ignorieren?
Dass die erwähnte Überraschung derart gering war, ergab sich aus einer anderen nachhaltiger Erfahrung: Eine der hervorstechenden Eigenheiten dieser westlichen Welt ist, dass sie sich in Permanenz vor allem mit sich selbst beschäftigt und sich in der Regel gleichermaßen feiert. Deshalb fehlt es an Interesse an Kunst und Kultur anderer Regionen. Ebenso ist sie weder willens noch fähig, die ungeheuer groß Not der Welt und deren Ursachen zu sehen. Nicht etwa weil sie mit Blindheit geschlagen ist, sondern weil sie diese Not und ihre Ursachen – sehend – nicht wahrnimmt. Es ist übrigens völlig gleichgültig, ob Arroganz und/oder Ignoranz die Gründe dafür sind. Aber schon immer galt die „Formel“: Wer ein politisches bzw. gesellschaftliches System für vollkommen hält, befindet sich schon längst im Niedergang. Eine Erkenntnis, die 1989 mit dem Ende der sozialistischen Staaten ihre bislang letzte Bestätigung erfuhr.
Angesichts dieser „triumphalen“ Selbstgefälligkeit der westlichen Demokratien und dem fatalen Fehlen an Vorstellungen zu Zukunfts-Aufgaben und –Planungen von einer friedlicheren und gerechteren Welt, konnte der Titel dieses Buches nicht anders lauten, als „Auf die Dämmerung folgt die Finsternis“ (wobei ich um Verständnis bitte, dass dieser auf mein früheres, weithin unbekanntes Buch „Abenddämmerung im Westen“ Bezug nimmt). Es wäre auch wichtig, sich an die Erkenntnis „Wer kein woher hat, hat kein wohin“ zu erinnern. Die nicht zuletzt darauf aufmerksam macht, dass jede Analyse der Gegenwart ohne die Verknüpfung mit vergangenen Ereignissen und Erfahrungen unzulänglich bzw. unbrauchbar ist, gerade wenn es um die zukünftigen Wege geht. Deshalb müsste die Geschichte der Jahrzehnte nach dem Ende des II. Weltkrieges und nach dem Ende der Konfrontation der zwei dominierenden Machtblöcke endlich frei von allen Vorurteilen, die in der einstigen „bipolaren“ Welt meinungsbildend waren, aufgearbeitet werden. Mit dieser Arbeit soll dazu ein Beitrag geleistet werden. Es erscheint mir aber ein eigentlich aussichtsloses Unterfangen zu sein, nach der dramatischen, gewaltfrei herbeigeführten Wende von 1989 zu erklären versuchen, warum man – also auch ich – im Projekt Sozialismus lange Zeit einen Weg in eine bessere Zukunft sah. Trotzdem muss es versucht werden, darüber zu berichten, welche Gründe es dafür gab. Sicher erkannte man früher oder später, dass die gesellschaftlichen Entwicklungen zur Deformation der ursprünglichen Idee geführt haben. Die eigenen Hoffnungen auf eine „Wende“ hin zur Besinnung auf einen „Sozialismus mit menschlichen Antlitz“ ging irgendwann endgültig verloren. Ob die Idee selbst gescheitert ist, bleibt trotz aller Zweifel offen. Sicher war und ist dagegen, dass sie auf unabsehbare Zeit bedeutungslos als alternative Zukunfts-Gestaltung geworden ist.
Da es inzwischen „Pflicht“ geworden ist, jeden, der es „wagt“, die USA grundsätzlich zu kritisieren, Antiamerikanismus zu unterstellen, versichere ich freiwillig, dass die USA das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ war und ist, das beispielhaft für den technischen Fortschritt steht, herausragende Wissenschaftler, Politiker, Künstler hervorgebracht hat, also ein Land ist, dass Kritik nicht zu fürchten braucht.
II. Vorbemerkungen
In fernen Zeiten galt es Bericht zu geben, von großen Mächten, von wackeren Helden und erschütternden Ereignissen – in Erzählungen, Heldenliedern, Sagen oder Legenden. Aus diesen erfuhren die Nachkommenden vom Kampf des Guten gegen das Böse, von den einsamen Streitern für Gerechtigkeit, von Liebe und Tod, von Treue und Verrat, von Widerstand und Intrigen. Nicht immer siegte das Gute oder der selbstlose Streiter für Gerechtigkeit, ebenso oft triumphierte das Böse. Selten waren die Gesänge über den Alltag der einfachen, zumeist armen Menschen, die keinen Platz an der Tafel der Reichen hatten, aber ihr Leben lang hart arbeiten mussten. Die Vorfahren derer also, die auch heute ihr Brot mit all ihren Kräften verdienen müssen. Auch wenn der Fortschritt längst die Welt zum Besseren umgestaltet haben soll, betrifft das in Wahrheit nur einen kleinen Teil der Menschen. Der größere Teil lebt in Verhältnissen, die der Fortschritt bis heute nicht erreicht hat, auch wenn er als Hightech-Bohrturm oder als monströses Hochhaus neben den Hütten der einfachen, armen Leute steht. Anstelle der „analogen“ ist die „digitalisierte“ Welt getreten; gepriesen schlechthin als die „Informationsgesellschaft“ – in der tatsächlich Informationen in nicht mehr vorstellbaren Unmaß zur Verfügung stehen. Ob die Menschheit wirklich besser informiert ist, erscheint allerdings immer unwahrscheinlicher. Anstelle eines differenzierenden Wissens, das aus Meinungen und Gegenmeinungen gebildet wird, ist ein einseitiges, reduziertes Konglomerat von Kenntnissen getreten, wo nur noch nach dem gesucht wird, was diese Kenntnisse bestätigt. Oder nach einem Glauben, einer Religion, die die Vielfalt der Informationen „ordnet“. Wenn dazu noch „gepredigt“ wird, dass „die Zukunft schon heute“ sei, dann zählt die Zukunft in Wahrheit gar nichts mehr. Alles bleibt, wie es ist, wenn es nicht noch schlechter kommt…
Vergessen sind die einstigen großen Versprechungen auf eine bessere, vor allem gerechtere Welt aus den Frühzeiten des Christentums, des Bürgertums mit „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ und des ursprünglichen Kommunismus, der gleiche Rechte und Pflichten in Sinne einer neuen Gerechtigkeit erkämpfen wollte. Am Ende zählte immer aufs Neue allein die Macht der wenigen über die vielen.
Inzwischen scheint der globale Wandel von 1989 irgendwie ziemlich lange her zu sein. Immer weniger Erdbewohner können oder wollen sich noch erinnern, dass sie in einer bipolaren Weltordnung gelebt haben. Auf der einen Seite die westliche kapitalistische Welt, die ihre alleinige Führungsrolle durchsetzen wollte und sich auf Demokratie, Menschenrechte und vor allem auf die Freiheit berief, auf der anderen die östliche sozialistische Welt, die sich auf die Idee einer gerechten Welt – in der die Arbeitenden herrschten – berief. Diese beiden Lager setzen oft auf Konfrontation gelegentlich auf Koexistenz – die Gefahr eines dritten nuklearen Weltkriegs war latent. Auch wenn dieser ausblieb, war die Zeit mit beiden Systemen alles andere als friedlich. Vor allem das westliche System war stetig bereit, für seine Interessen auch auf das Militär zu setzen. Es kam auf fast allen Kontinenten zu mörderischen Bürgerkriegen, Militärputschen, Aufständen… Das östliche System galt für seine „Herrscher“ als das Modell, dem allein die Zukunft gehörte und deshalb gültig für die gesamte Welt wäre. Trotzdem oder deshalb waren sie unfähig zu erkenne, dass ihre Welt sich wirtschaftlich im Niedergang befand, immer weiter erstarrte und verkrustete, während sich das eigene Volk erst abwandte und sich schließlich