Katherine V. Forrest

Die Tote hinter der Nightwood Bar


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ich habe nicht darauf geachtet. Ich meine, es war mir egal – glauben Sie, das könnte wichtig sein?«

      »Im Augenblick«, sagte Kate, »müssen wir davon ausgehen, dass alles wichtig ist.«

      »Was können Sie uns über die Frauen hier sagen?«, fragte Taylor.

      Maggie drückte ihre Zigarette aus. »Ungefähr so viel, wie ich Ihnen über Dory erzählen kann.«

      Kate hörte die Vorsicht heraus und versuchte es auf indirekte Weise. »Würden Sie uns bitte die Namen von allen sagen? Wer von ihnen war mit auf dem Platz?«

      »Patton war mit.« Maggie lächelte Kate an. »Sie wissen ja, wer Patton ist.«

      Kate grinste zurück. »Die mit den extremen Ansichten.«

      »Sie sagen es. Sie glaubt, ich würde die geheiligten sterblichen Hüllen meiner Schwestern verderben, wenn ich ihnen Alkohol ausschenke. Sie hat auch sonst jede Menge kostenloser Ratschläge und Ansichten parat – wie zum Beispiel den Vorschlag, ich solle mit meinen Schwestern allen Verdienst teilen, der über die Bestreitung meiner unmittelbaren Selbsterhaltungskosten hinausgeht.« Maggies leises Lachen war nicht humorvoll. »Kein Problem. Mehr verdiene ich sowieso nicht.«

      Taylor ließ seinen Blick zu Patton hinüberschweifen, die über dem Tresen lehnte und mit beiden Händen gestikulierte, während sie sich mit Roz unterhielt. »Wenn das meine Bar wäre«, sagte er, »dann würde sie ihren Fuß nicht zur Tür reinkriegen.«

      »Eine große Versuchung«, gab Maggie zu. »Sie ist wahrhaftig eine Nervensäge. Aber ich werde nie vergessen, dass es rebellische Frauen wie sie waren, die in Sachen Frauenrechte alles in Gang gesetzt haben.«

      »Und wer war noch auf dem Platz?«, fragte Taylor desinteressiert und kehrte zu seinen Notizen zurück.

      »Die Latino-Frau in dem roten Baseballhemd – sie heißt Tora. Die andere sitzt neben Patton und heißt Ash – Ash war hier in der Bar. Kendall war auf dem Platz, das ist die mit der Chintz-Hose und dem weißen Polohemd. Und Raney war auch da, das ist die Schwarze mit dem Grace-Jones-Haarschnitt. Die andere schwarze Frau war hier, ihr Name ist Audie.«

      »Woher die die Namen haben«, murmelte Kate, während sie rasch alles notierte.

      »Wie ist Ihr Vorname?«

      »Kate.«

      »Wollten Sie ihn je ändern?«

      »So was ist mir nie in den Sinn gekommen.« Sie fügte den Namen kurze Beschreibungen der Frauen hinzu.

      »Sagen wir, Sie haben sich von einer Religion losgesagt, die Sie absolut verabscheuen«, sagte Maggie. »Und sagen wir, Ihre Eltern hätten Sie nach ihrer Lieblingsheiligen Bernadette Theresa genannt.«

      Kate lächelte. »Ich verstehe, was Sie meinen.«

      »Das ist nur ein Grund, warum manche Frauen sich ihre eigenen Namen aussuchen.«

      »Die Frau dort am Ende der Bar«, sagte Kate. »Die haben Sie ausgelassen.«

      »Die kenne ich nicht. Sie war hier, nicht auf dem Platz. Sie ist in letzter Zeit oft hier gewesen, aber noch nicht lange genug, um sie zu den Stammgästen zu zählen.«

      »Seit wann kommt sie hierher?«

      »Vielleicht zwei Wochen.«

      Kate sah die Frau interessiert an. »Und die anderen Frauen gehören alle zur Stammkundschaft?«

      Maggie nickte. »Die einen kommen häufiger als die anderen, aber ich sehe sie alle mehrmals die Woche.«

      »Sind Sie sicher«, sagte Taylor, »dass Sie diese Frau vor zwei Wochen zum ersten Mal gesehen haben?«

      »Bestimmt. Ich würde mich an sie erinnern. Wer nicht?«

      Die Frau trug eine erdfarbene Hose und ein riesiges, formloses, beigefarbenes Hemd; sie hörte Patton zu und wandte Kate ihr Profil zu. Ihre großen Augen waren mandelförmig, ihre Stirn hoch; ihr dunkles Haar war unter einer engsitzenden beigefarbenen Kappe aus glitzerndem Material zusammengesteckt. Die kleinen Lippen waren voll, die hohen Wangenknochen weich; ihr Teint hatte den kräftigen, tief bronzenen Ton, der mischblütige Herkunft verriet. Sie erinnerte Kate an Statuen von altägyptischen Königinnen.

      »Exotisch«, war Taylors Kommentar zu Maggie. »Wissen Sie irgendetwas über sie?«

      »Als sie die zweite Woche kam, hat Audie sie angesprochen. Audie ist eine Seele von Mensch … Na jedenfalls, alles was Audie sagte, war, lass gut sein, Liebes, so schlimm kann’s doch nicht sein – irgend so was. Ihre Freundlichkeit wurde mit einem Blick belohnt, der sie in den Boden stampfte. Ich nenne sie ›Lady Eiszapfen‹.«

      Kate sah sich amüsiert Lady Eiszapfen an, die einen Stuhl entfernt von Kendall saß und müde und gelangweilt aussah.

      »Liebeskummer«, sagte Maggie. »Der einzige Grund, aus dem eine Frau wie sie hierherkommt. Wenn du eine Freundin hast oder wenn du keine hast und das okay findest, dann hast du es nicht nötig, jeden Abend in der Woche stundenlang in einer Frauenbar zu sitzen.«

      Taylor sagte: »Ihre Nachbarn – das Motel, die Geschäfte am Hang, was sagen die zu der Bar? Haben Sie manchmal Krach mit ihnen?«

      Gute Frage, dachte Kate. Ein systematisches Durchkämmen der Nachbarschaft könnte auf einige gute Spuren führen …

      Maggie schüttelte den Kopf. »Zuerst ja. Sie sind auch jetzt noch nicht unbedingt begeistert von uns. Aber der Laden ist nicht zu laut, selbst am Samstag nicht. Klar, wir haben eine Musikbox, aber laute Musik oder laute Frauen lasse ich hier nicht zu.« Sie sah Kate scharf an. »Glauben Sie, jemand hätte das getan, weil er … Meinen Sie, dass eine Gang hier raufgekommen ist und das getan hat … einfach so?«

      »Das wissen wir nicht, Maggie«, sagte Kate ernst. »Wir haben noch nicht einmal eine Theorie. Die meisten Mordfälle lösen wir, weil die meisten Menschen von Leuten ermordet werden, die sie kennen. Aber blinde Gewaltlust ist nicht auszuschließen – ein Problem, das überall zunimmt.«

      Maggies dunkle Augen waren auf Kate gerichtet. »Ich bin jetzt seit gut vier Jahren hier. Ich wollte, dass diese Bar ein guter, ruhiger Ort ist. Ich habe nie inseriert, mich stets nur auf Mund-zu-Mund-Propaganda verlassen. Ich habe jedes Aufsehen vermieden, brauchte nie die Polizei zu holen, hatte kein einziges Mal Probleme. Na ja«, verbesserte sie sich, »jedenfalls keine Probleme, die wir nicht selbst lösen konnten. Alle, die hierherkommen, wollen, dass der Laden hier etwas Besonderes bleibt, ohne Ärger mit der Polizei. Wir hatten die Dinge stets unter Kontrolle …« Maggie trank ihren Kaffee aus. »Öffentliches Aufsehen«, zischte sie. »Jetzt werden die Verrückten mitkriegen, dass es uns gibt …«

      Die öffentliche Aufmerksamkeit, das wusste Kate, würde in diesem Fall aus ein paar Zeilen in der Times, vielleicht einem Absatz im Herald Examiner bestehen – das Leben, das hier ausgelöscht worden war, war nicht wichtig genug für mehr. »Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht – ich gebe Ihnen mein Wort darauf. Würden Sie mich bitte mit meinem Kollegen einen Augenblick allein lassen? Wir möchten dann mit Patton sprechen.«

      »Sicher.« Maggie stand auf und stopfte ihr T-Shirt zurück in die Hose. »Die schweren Fälle zuerst, stimmt’s?«

      »Stimmt«, antwortete Kate lächelnd.

      Kate ging davon aus, dass es angesichts von Pattons Aggressivität strategisch am besten war, sie zuerst zu vernehmen; sollte es nicht gelingen, sie in eine kooperative Zeugin zu verwandeln, dann würden sie sie entlassen, sie aus dem Lokal raushaben. Hansen und seine Leute hatten die Führerscheinnummern und die gesetzlichen Namen der Frauen zusammengetragen, egal wie sie sich selbst nannten, und ihre Adressen. Falls sie und Taylor auf Informationen stoßen würden, die eine weitere Befragung nötig machten, würden sie Patton schon finden …

      Als Maggie zur Bar zurückkehrte, folgten ihr Kates Augen abschätzend. »Was hältst du von ihr?«, fragte Taylor.

      »Sie ist vorsichtig, verschwiegen, zu bedacht auf das, was sie uns sagt. Wir werden bei ihr wohl nur Zentimeter um