Funksender verpasst, der ihm die Bitte der Göttin Sei du Hadit, mein geheimes Zentrum, mein Herz und meine Zunge!9 beständig ins Ohr trägt. Der mächtige Krebs auf dem Helm ist genauso wie die zehn Sterne von Assiah das Erbe und der Segen seiner Mutter. Denn trotz Amethyst und schwerem Panzer fühlt er sich unter Menschen etwas unsicher und allein. Deshalb ist er froh, wenn er seine Augen schließen und mit seiner Stimme in Kontakt bleiben kann. Sein »medialer« Kampf ist ja nicht der, den anderen zu besiegen oder gar zu erschlagen, sondern ihm auf die Frage Wem dient Gott? die richtige Antwort zu geben: Unserer Lady Babalon oder, im keltischen Sinn, der Mutter Natur! Deshalb führt ihn sein Weg über die bedingungslosen Erkenntnisse zum notwendigen Sieg (Binah – Geburah).
5 Die vier Sphingen stellen die vier Cherubim dar, die aber nicht als individuelle Einzelerscheinungen, sondern als Konglomerate zerstückelter und willkürlich wieder zusammengewürfelter Einzelteile in Erscheinung treten. Jedes Zugtier setzt sich also aus je einem Teil der vier Cherubim zusammen – und das geht so: Alle Wesen werden in je vier Teile zergliedert (Kopf, Oberkörper, Gliedmaßen, Flügel) und alle Teile untereinander in allen möglichen Kombinationen wieder zusammengefügt. Das ergibt in der Summe 16 mögliche Varianten, was den 4 x 4 Unterelementen entspricht. Dies zeigt die ständige Fluktuation des Lebens (der Gral ist auch ein Symbol der Rotation) und korrespondiert mit der Zuordnung von Elementen und Hofkarten.10
Andere Verbindungen
– Psychologische Zusammenhänge –
Wenn also, wie in der letzten Karte angekündigt, nichts schief gegangen ist, besteigen wir jetzt den magischen Wagen Agape und Thelema, Liebe und Willen, denn die spirituelle Reise führt uns allmählich zu den Schwellen der Anfänge der Ausprägung unserer eigenen Persönlichkeitsteile. Vielleicht ist es an dieser Stelle wichtig zu sagen, dass die dem Ich schmeichelnden Karten wie Magus oder Wagen in den meisten Decks ein bisschen zu positiv abgehandelt werden, als dass wir sie ganz ohne Missbehagen betrachten können. Interessanterweise ist das bei Crowley, der normalerweise gerne heldenhafte Ich will-Affirmationen in seine magischen Botschaften mit einstreut, anders. Bei ihm ist der Wagen kein Trumpf, der aus der Position der inneren Schwäche (Pubertät) alles angreift, was seinen Weg kreuzt, sondern eine Karte, die den Hauptdarsteller tief in sich versunken über die eigenen Beweggründe meditieren lässt – eine für einen Siegeswagen sehr reife, spirituelle Haltung. Das zeigt, dass der Realist und der Visionär in Crowley tiefer in ihm verwurzelt waren als der Prahlhans und Egomane. Das heißt aber nicht, dass er nicht auch ab und an über die Stränge schlägt – denn dafür handelt es sich beim Wagen ja trotz aller östlichen Kampftechniken um einen durchsetzungswilligen Krieger. Einen Krieger, der aber für seine eigenen Ziele auch eine gewisse Verantwortung übernimmt, und nach ein paar kräftigen Schnabelhieben nach allen Seiten hin schon bald nach einem harmonisierenden Zustand zukünftiger Ausgleichung verlangt, um nicht in einem Zustand kreativen Chaos, libidinöser Unreife und schöpferischer Unruhe stecken zu bleiben.
Der Weg des individuellen Willens
Beginnen wir von vorn: Der Wagen ist die dritte Karte, die sich auf den Willen bezieht, und im klassischen Tarot gibt es wohl keine bessere Darstellung als diesen Trumpf, um die Unbeugsamkeit der persönlichen Absicht zu demonstrieren. Der Magus benutzt den Willen zur Flucht aus dem Paradies, der Kaiser zur Errichtung seiner Herrschaft und der Wagen steht für den jungen Mann, der in die Welt hinauszieht, um dem Vater seine Tapferkeit zu beweisen. Er macht sich auf, um als Prinz der junge König zu werden, der an der Seite einer noch zu entdeckenden Königin das alte Königspaar stürzen und erlösen will.11 Das könnte eine Erklärung dafür liefern, warum der Lenker seine Taten nicht durchdenkt und mit jugendlichem Größenwahn Hindernisse oft unterschätzt. Denn wenn er in Wirklichkeit den Zwist, das Scheitern, die Zerstörung sucht, um einerseits an seiner Erfahrung wachsen und sich andererseits am Vater rächen zu können, indem er durch sein Scheitern auch dessen Macht schwächt – wie soll er da nicht scheitern wollen, wenn er dadurch das erreicht, was ihm in seiner Entwicklung nützt? So sieht es zumindest, was wir gerne verdrängen, die Evolution – die natürlichen Entwicklungsschritte in der menschlichen Natur. Das bedeutet aber auch: Der Wagenlenker verkörpert die Rebellion gegen patriarchalische Gewalt, den aktiven Animus, der den alten Herrscher stürzt und mit der Mutter schläft, die pubertäre Phase der Suche und der Selbstfindung. Der Sohn will, ja muss vom Vater bestraft werden, damit er sich in einem Akt der Rache für die Bestrafung durch den Vater über diesen erheben und sich dadurch von ihm ablösen kann. Er muss den Vater ins Unrecht setzen, damit er ihn dann gerechtfertigt umbringen kann. Man könnte es etwas überspitzt auch andersherum sagen: Ein guter Vater wünscht sich, von seinem Sohn besiegt zu werden, damit dieser seinen Platz einnehmen und er seine von den Vorvätern geerbte Macht an ihn weitergeben kann.
(Advocatus Diaboli)
Der Weg des höheren Selbst
Wenn der Magus die ans Licht sprudelnde Quelle symbolisiert, aus der der Mensch seine Ziele schöpft, dann sind die Liebenden die mit den Quadern der Sehnsucht gepflasterte Fata Morgana oder Rue d‘illusion, auf der sich die roten Wagenräder der Libido drehen. Selbst wenn uns der jugendliche Draufgänger als eine etwas über ihr wirkliches Format hinaus aufgeblähte Gestalt erscheint, so sind die Liebenden die Duft- oder Leuchtspur, die im Gralskelch vor der Droschke aufgespannt worden sind. Das bedeutet mitunter auch: Dass da einer ist, der – solange er noch keiner anderen Frau begegnet ist, die die Projektion seines Archetypus in sich trägt – den alten Vater stürzen muss, weil er mit seiner Mutter schlafen will. So zumindest würde es der Anwalt des Teufels formulieren.
Der Wagen heißt, sein Ich-Sein anzunehmen und es gegen das So-Sein der anderen abzugrenzen und zu verteidigen, damit es über die Auseinandersetzungen mit der Umwelt seine eigene Entwicklung vollzieht. Dass sich dieser Schritt meist über Zwist und Streit abspielt, mag nur dem bedauerlich erscheinen, der die Verhaltensmuster der menschlichen Art verdrängt (ironischerweise könnte man behaupten, dass der Wagen gezwungen ist, sich durchzusetzen, da die Idee des Sieges ja das einzige ist, was ihm vom Paradies geblieben ist). Deshalb wird der Wagen ständig in äußere Auseinandersetzungen verstrickt, die einem größeren Ziel entsprechen, und damit unwissentlich zu einem Teil jener schicksalhaften Schöpfungskraft, die den Ursache-Wirkungs-Kreislauf am Laufen hält. Jede Auseinandersetzung bietet eine neue Chance, Dinge durcheinander zu bringen und Gewohnheitsmuster zu zerstören (damit sich der Wagen durch den Zwist und die folgende Harmonisierung der durcheinander gewirbelten Kräfte immer wieder ein Stück weiterbewegt), was laufend neue Perspektiven von Entwicklung und Erkenntnis zum Vorschein bringt. Hinter dieser Wirkung können wir den Einfluss der Karte X – Glück oder Schicksalsrad erkennen, die die Veränderung der Welt über die individuelle Perspektive menschlicher Ziele antreibt. In diesem Sinne sollte man die großen Räder auf dem Bild auch als Schicksalsräder bezeichnen, da Crowley die Triebkarte des pubertierenden Ego als Radnabe (= VII – Das um sich selbst kreisende Ich) aus einer etwas hintergründigeren, tieferen Sichtweise interpretiert.
Deutungen
Auf der Alltagsbühne, also in der Kampfbahn von Impuls und Energie, verkörpert der Wagen eine ungeheure Antriebs- und Willenskraft. Doch es läuft nicht immer so glatt nach unseren Wünschen. Oft verstehen wir die Ziele selbst nicht, die wir anstreben, da wir nicht über die Zusammenhänge verfügen, über die unser höheres inneres Selbst verfügt. Die Verbindung zwischen Willen und Bestimmung funktioniert nicht immer so, wie wir uns das vorstellen, dann nämlich, wenn wir als Wagenlenker mit unseren Instinktkräften, den Zugtieren, nicht im geistigen Einklang sind. Leider neigen wir auch dazu, ab und an kopflos und voreilig zu handeln, ohne uns über die Auswirkungen unserer Taten im Klaren zu sein. Andererseits ahnen wir den Weg und verstehen es auch, die rechten