Jork Steffen Negelen

Der Bergboss und die Königskinder: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 3)


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Becher erheben und auf die Geburt eines Drachenprinzen und zweier Drachenprinzessinnen trinken. Mögen auch sie in Zukunft über unser Schicksal wachen.«

      Mit einem ebenso feierlichen »sie leben dreimal hoch, hoch, hoch« stemmte jeder seinen Becher in die Höhe, nur um dann den Wein in sich hinein zu schütten. Danach war es mit der Ruhe in der Höhle endgültig vorbei. Begeistert von den drei Drachenkindern schwatzte alles durcheinander und Albanarius drängte jeden höflich, aber auch energisch, zur Höhle hinaus. Er meinte, es sei jetzt besser, das die Königin Tangossa mit ihren drei Kindern allein wäre und etwas Ruhe hätte.

      Nur Artur ließ Albanarius von all den Gästen noch in der Höhle verweilen. Tangossa hatte ihm die Eierschalen versprochen und der Kobold sammelte sie auch gleich ganz behutsam von der Drachenwiege herunter. Die kleinen Drachen knabberten ihn dabei verspielt an den Fingern herum. Er steckte die Schalen in ein Leinensäckchen und bedankte sich bei der Drachenkönigin.

      Dann ging Artur mit Albanarius vor die Höhle und sie atmeten die frische Luft tief ein. Albanarius sah zu Artur und dem Säckchen mit den Schalen. Er lud ihn zu einem kleinen Spaziergang ein. »Lass uns ein Stück durch den Wald gehen, Artur, ich möchte ein wenig mit dir plaudern.«

      Artur nickte nur und ging mit dem Zauberer. Er wusste, dass Albanarius schon seid geraumer Zeit ihm und seinen Brüdern etwas Wichtiges sagen wollte. Doch er wusste wohl nicht, wie er das am besten anstellen sollte. Jetzt hatte sich der Zauberer ein Herz gefasst und den Mut zu einem Gespräch gefunden. Artur war klar, das Albanarius die Absicht hatte, die Kobolde über ihre Herkunft aufzuklären.

      Und so begann der Zauberer nach einigen Schritten im Wald, zögerlich zu berichten. »Ich weiß gar nicht so recht, wie ich anfangen soll, Artur. Immerhin möchte ich dir berichten, wie ihr Kobolde entstanden seid.«

      Artur ermunterte den Zauberer. »Fang einfach an, so schlimm wird es wohl nicht gewesen sein. Tangossa sagte mir erst vor einigen Wochen, ich sei ein Kind des Albanarius. Demnach bist du für uns Kobolde so etwas wie ein Vater. Oder bist du das nicht?«

      Der Zauberer wiegte den Kopf hin und her. »Das stimmt nicht so ganz. Kein Nekromant kann mit weißer Magie Eier erschaffen, die wirkliches Leben spenden. Das kann nur ein Zauberer, der mit dunkler Magie arbeitet. Ein Nekromant kann nur den Tod überlisten, meistens jedenfalls. Du wirst es jetzt wohl schon ahnen, aber ich muss dir sagen, dass die Eier, aus denen ihr Kobolde geschlüpft seid, nicht von einem Nekromanten stammen. Dämonicon hat sie selbst erschaffen. Wir Nekromanten haben ihm die Eier durch meinen Diener Sehto stehlen lassen und an einen sicheren Ort verwahrt. Sehto brachte die sieben Eier in ein Tal ohne Zugang. Es ist von hohen Bergen umgeben und sollte für euch ein sicheres Versteck sein. Ab und zu habe ich ihn in seinem Baumhaus besucht und nach den Eiern gesehen. Ich habe sie genau untersucht und dabei festgestellt, dass Dämonicon ein schwerwiegender Fehler unterlaufen ist.«

      Albaron sah Artur in die Augen, ehe er weiter sprach. »Er hat wohl versehentlich blauen Kieselstaub mit rotem Kristallpulver zusammen gemengt und somit bei der Herstellung der Eierschalen alle bösen Eigenschaften, die er euch zugedacht hatte, in ihr Gegenteil verdreht. Dämonicon muss wohl etwas nachlässig gewesen sein. Als ihr euch dann auch noch mit dem Schlüpfen aus euren Eiern immer mehr Zeit genommen habt, da dachte ich schon, ihr werdet nie das Licht der Welt erblicken. Doch der alte Sehto wollte eure Eier nicht im Stich lassen und er hat, mit sehr viel Geduld, im Baumhaus auf den Tag euerer Geburt gewartet.«

      Artur blieb jetzt stehen und sah Albanarius nachdenklich an. Dann stellte er ihm eine wichtige Frage. »Wenn dein Diener Sehto auf unsere Geburt so lange gewartet hat, warum ist er dann an dem Tag unserer Geburt verschwunden?«

      Albanarius zog die Schultern in die Höhe. »Ganz ehrlich, ich kann dir das nicht sagen. Aber er muss einen wichtigen Grund gehabt haben. Wie habt ihr überhaupt ohne ihn überlebt? Euch konnte doch außer meinem Diener Sehto niemand versorgen.«

      Artur tippte sich mit seinem rechten Zeigefinger an seine Stirn. Dann erklärte er Albanarius. »Das hat Sehto auch geschafft. Hier, in unseren Köpfen hat er uns seine Gedanken hinterlassen. Wir wussten vom ersten Tag an, was wir zum Überleben brauchen würden und wie man sich mit Zauberei richtig beschäftigt. Ich war der Erste, der aus seinem Ei schlüpfte und ich hab ihn noch gesehen. Er war ein alter, gebeugter Mann, mit einem langen weißen Bart und einem spitzen grünen Hut. Alle Sachen an ihm waren grün. Sogar sein Wanderstab.«

      Nachdenklich ging Albanarius mit Artur den Weg im Wald zurück. Vor der Drachenhöhle angekommen, blieben sie stehen und Albanarius deutete mit einer Kopfbewegung zu den anderen Kobolden. »Ich glaube, wir sollten auch mit ihnen reden. Sie haben ein Recht auf die Wahrheit.«

      Am späten Nachmittag hielt Artur mit seinen Brüdern und Albanarius eine Versammlung auf einer abseits gelegenen Wiese ab. Aufmerksam hörten die Brüder erst dem Zauberer und dann Artur zu. Danach war es für einen Augenblick so ruhig, das man den Gesang eines weit entfernten Vogels deutlich hören konnte.

      Es war Knurr, der als Erster die Stille brach und etwas sagte. »Ich weiß nicht, was die anderen denken, Artur. Aber ich meine, dass wir Kobolde für unsere Herkunft nicht verantwortlich sind.«

      Soldatis sprang auf und rief in die Runde. »Genau, wir haben allen gezeigt, dass wir trotzdem jeder ein gutes Herz haben!«

      Vinus hielt es jetzt auch nicht mehr auf seinen Platz. »Knurr hat vollkommen recht! Egal wer hier unser Vater oder Mutter oder so was in der Art ist! Wir haben mit Tabor und den Drachen gemeinsam gekämpft und dieser Dämonicon kann uns allen gestohlen bleiben! Der ist niemals unser Vater!«

      Jetzt sprangen auch die anderen von ihren Plätzen auf und redeten durcheinander. Es dauerte wie üblich eine Weile, doch nach einigen Minuten hatten sich die erhitzten Gemüter der Kobolde wieder beruhigt und Albanarius gelang es, sich noch einmal Gehör zu verschaffen.

      Er hob beide Arme in die Höhe und bat um Ruhe. »Bitte, meine lieben Kobolde, hört mir noch einen Augenblick zu. Mir ist noch etwas eingefallen, das wollte ich euch noch erklären.«

      Die Kobolde setzen sich wieder auf die Wiese, und der Zauberer holte tief Luft. »Als Sehto die sieben Eier in seinem Baumhaus betreute, da hat er sie jeden Tag mit Milch bestrichen und mit einem guten Seidentuch geputzt. In der Milch war ein magisches Pulver eingerührt. Ich denke mal, dass wird euch damals ein gutes Stück geholfen haben. Und überhaupt schaut euch mal an, aus jedem von euch ist ein prächtiger Kobold geworden.«

      Die Kobolde stimmten dem Zauberer lachend zu und erneut schwatzten alle durcheinander. Niemand bemerkte jetzt Albanarius nachdenkliche Mine, und es konnte sich auch kein Kobold die heimliche Angst vorstellen, die der Zauberer hatte. Er befürchtete, dass die Kobolde mehr waren, als nur eine Laune des Dämonicon. Albanarius versuchte die Gedanken abzuschütteln und holte sich noch einen Becher Wein. Er setzte sich vor die Drachenhöhle auf eine bequeme Bank.

      Bebo war der Erste, der Albanarius Grübeleien bemerkte. Um ihn etwas aufzumuntern, setze sich der Kobold zu ihm auf die Bank und er stellte auch gleich eine Frage. »Sag mir Albanarius, hast du Lust mich in diesem Jahr bei meiner Herbstwanderung zu begleiten? Das würde dir bestimmt gut tun. Seid mindestens hundert Jahren wandere ich jeden Herbst allein zu dem Steinbruch von Garend und suche nach seltenen Steinen, die dort der Herbstregen frei gespült hat. Vielleicht findest du etwas Brauchbares in diesem Steinbruch. Es gibt dort viele seltene Kristalle.«

      Der Zauberer leerte seinen Becher und schüttelte den Kopf. »Nein mein Freund, dafür habe ich leider keine Zeit. Ich muss zu den Zwergen in das Tiefland reisen, um die Dinge zu finden, die diese kleinen Diebe mir gestohlen haben. Ich war vor einigen Tagen schon einmal bei ihrem König Gallbart und habe mit ihm verhandelt. Er wollte sich mein Angebot überlegen. Morgen in aller Frühe reise ich erneut zu ihm und ich hoffe doch, dass er klug genug ist, mir meine alte Truhe mit allen Aufzeichnungen zu geben. Öffnen kann er sie wohl nicht. Aber er kann sie vor mit verstecken und so den Preis in die Höhe treiben. Doch ich danke dir trotzdem für dein Angebot.«

      An diesem denkwürdigen Tag wurde viel geredet und selbst die Minitrolle ließen die Drachenkönigin und ihren Nachwuchs noch oft genug hochleben. Bis in die späte Nacht hinein hatten die Gäste bei einem großen Lagerfeuer noch so manchen Becher geleert und selbst