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Ruedi Strese lebt seit 1980 mit einiger Kontinuität und hat auch schon ein Buch geschrieben, nämlich dieses.
Ruedi Strese
Treibsand und andere seltsame Geschichten
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2017
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag
Titelbild: „Treibsand“ (Zeichnung von Yuan Jing „Mirror“, März 2017)
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
INHALT
DER KLEINE LADEN
Ich war auf meiner Fahrt in einer Kleinstadt gelandet, einer sehr kleinen Kleinstadt. Sie hatte keinen Namen, doch immerhin ein paar Einwohner. Die Häuser waren recht einheitlich in rotbraunem Backstein gehalten, dazu gab es Fenster und Türen aus weiß gestrichenem Holz.
Die einzige Übernachtungsmöglichkeit für Fremde war eine kleine Pension, ein zweigeschossiges Haus, in welchem eine ältere Dame wohnte, eine Witwe, welche die Zimmer der oberen Etage vermietete. Meistens standen sie jedoch leer, so erzählte sie. In einem dieser Zimmer hatte ich für einige Wochen Quartier genommen.
Die Dame war eine überaus freundliche und aufmerksame Gastgeberin, zum Frühstück gab es in ihrem Wohnzimmer reiche Auswahl für einen schmalen Taler, zum Abendessen kochte sie hervorragende Hausmannskost mit Gemüse aus dem eigenem Garten und beim Bauern in der Nähe erstandenem Fleisch. Ich hätte sogar Gerichte wünschen können, zog es jedoch vor, mich allabendlich von ihren Kochkünsten überraschen zu lassen.
Sie setzte sich zum Essen mit an den Tisch, aß selbst jedoch wenig, stattdessen pflegte sie in unnachahmlicher, von warmherzigem Humor geprägter Weise Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen, was ich durchaus genoß, da es mich von meinem etwas eintönigen und harten Tagewerk, auf dessen Wesen ich hier jedoch nicht näher eingehen möchte, bestens ablenkte.
Irgendwann kam es, daß ich den ersten Tag nicht wirklich etwas zu tun hatte, und ich beschloß, mir den Ort etwas genauer anzusehen. Ich fand einen Supermarkt, in dem ich mir einige Tüten mit Gummitieren holte, und einer der Nachbarn hatte seinen Vorgarten zu einem Straßencafé und Imbiß umfunktioniert, dort setzte ich mich in einen der weißen Plastestühle.
Der Wirt kam mit Notizblock und Stift: „Na sowas! Da ist einer neu im Ort? Ich habe Sie hier jedenfalls noch nicht gesehen. Sie sind der Gast bei der Alten, nicht wahr?“
Ich bejahte.
„Ja, da lassen Sie es sich ruhig gutgehen. Die Alte ist in Ordnung. Hatte ein heftiges Leben - davon hat sie Ihnen bestimmt erzählt - aber nimmt doch immer alles mit Humor. Ihr Mann damals, das war ein Pfundskerl. Naja, Unfälle passieren. Also… ich quatsche Sie hier voll, aber Sie wollen bestimmt was trinken! Sonst könnten Sie sich ja auch auf die Bank beim Denkmal setzen, oder? Da scheint ja immer die Sonne rauf. Also, was soll’s denn sein?“
„Einen großen Kaffee bitte, ohne Zucker, mit viel Milch. Dazu zwei Stück Kuchen - von dem selbstgemachten, was auf der Tafel steht.“
„Wir haben heute Bienenstich und Apfelstreusel.“