singt und singt und tanzt glücklich im Regen. Dabei ist es ihr völlig egal, was andere denken könnten; sollen sie doch alle mit ihren verkniffenen Gesichtern und ihren unterdrückten Gefühlen auf der Strecke bleiben. Mara genießt diese Minuten und merkt wie gut es ihr tut. Sie will so sein, wie sie ist und so bleiben; nein eine angepasste Langweilerin, das ist nichts für sie.
Schwerin entpuppt sich als hübscher Ort. Mara versüßt sich den Aufenthalt durch diverse Frustkäufe, damit sie das Gefühl hat, sich Gutes zu tun und von Hanno ablenkt. Am Abend stellt sie sich vor, dass es Hanno sicher viel schlechter gehen würde als ihr und bestimmt eines Tages alles gut werden würde.
Das Wochenende nimmt mit vielen Schönen und auch unschönen Dingen seinen Lauf.
Etwas entspannt, aber völlig kaputt, kommt Mara wieder in Niendorf an der Ostsee an und ist froh, in ihrer Wohnung und alleine zu sein.
Hanno hat sich leider nicht gemeldet und ist auf seinem Handy auch nicht zu erreichen.
Mara hängt zwar durch, aber tröstet sich immer wieder mit seinem Liebesbrief und dass es das ja nicht gewesen sein kann.
Endlich, am Montagnachmittag, eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter: „Ich hasse Anrufbeantworter, spreche nur drauf, weil ich beweisen will, dass ich angerufen habe.“
Zunächst einmal macht es Mara glücklich, denn nun weiß sie, dass er noch lebt, aber mehr auch nicht. Sie zermartert sich den Kopf, ob er wohl seiner Frau alles erzählt hat und sie jetzt einen Abschiedsbrief bekommen würde? Ja, den würde sie doch wohl erhalten und er nicht einfach so aus ihrem Leben verschwinden. Dann hört sie im Radio: „Erst sprichst du von Liebe, dann machst du ‘ne Fliege.“
„Irgendwie alles schei…“, sagt Mara zu sich und „morgen rufe ich ihn an.“
Immer wieder zermartert sich Mara ihren Kopf, was der Grund sein könnte, warum sie schon eine Woche nichts von Hanno gehört hat. Sie versucht ihn anzurufen, aber erfolglos. Am Abend gegen 20 Uhr klingelt endlich das Telefon und eine Stimme sagt: „Na, du Unerreichbare!“
Mara: „Hanno, endlich.“
„Habe es nicht mehr ausgehalten; rufe von zuhause aus an, kann nicht lange sprechen, werde noch verrückt.“
„Ja, ich werde auch schon wahnsinnig“, hört Mara sich reden. „Mach bloß kein Scheiß oder so ähnlich und rufe nicht bei mir zuhause an. Liebst du mich noch?“
„Ja, es ist alles so schrecklich ohne dich. Würde dich so gerne verwöhnen und glücklich machen. Schon fast zwei Jahrzehnte bin ich Single, aber so ein Mann wie du ist mir noch nicht begegnet. Wenn ich dich nicht bekomme, bleibe ich alleine, weil es so einen Mann wie dich nur einmal gibt und ich alle mit dir vergleichen würde. Ich glaube einfach nicht, dass dir jemand ebenbürtig sein könnte.“ Hanno ist total begeistert. „Gleich kommt meine Frau, ich lehne hier am Fenster und schaue auf die Tür. Leg du auf, ich kann es nicht.“ Sie beteuern ihre Sehnsucht und Liebe und Hanno fragt: „Wann kann ich dich morgen erreichen?“
„Kannst mich am Vormittag in der Praxis anrufen“, sagt Mara und gibt ihm diese Telefonnummer. „Oh, ich muss schnell den Speicher am Telefon löschen, damit meine Frau nichts merkt. Du weißt schon, was du tun sollst und dabei an mich denken?“
„Liebe dich, liebe dich über alles.“
„Freu dich auf morgen und auf meinen Anruf. Ich liebe dich so sehr.“
Mara schäumt über vor Glück und nicht zu bremsender Sehnsucht nach Hanno. Mit einem großen Badetuch liegt sie auf dem Sofa und ruft ständig: „Hanno, Hanno, ich bekomme nicht genug von dir.“ Es will einfach kein Ende nehmen. Alles ist klitschnass. Mara trinkt ein Glas Rotwein um runterzukommen und geht ins Bett. Immer wieder spürt sie dieses unersättliche Verlangen nach Hanno und es gibt kein Halten mehr. Irgendwann schläft Mara ein und erwacht mit nassem Schlafanzug und nassem Handtuch. „Oh, Hanno, wie soll das nur weitergehen.“
Um 10 Uhr ruft Hanno in der Praxis an und erklärt Mara alles. Um 14 Uhr ruft er noch einmal an, als Mara zuhause ist und sagt ihr, dass seine Tochter krank sei; und sie würden am Wochenende zu den Eltern nach Itzehoe fahren. Sein Vater wohnt um die Ecke und bei dem würde er auch schlafen. „Zur Zeit kann ich nicht mit meiner Frau schlafen, dazu liebe ich dich zu sehr. Ich werde mir Ausreden einfallen lassen. Noch habe ich die Kopfschmerzkarte nicht ziehen müssen, weil meine Frau noch nicht nachgefragt hat.“ Hanno sagt, dass er seine Frau und Mara liebt und zwischen zwei Stühlen mit seinen Gefühlen sitzt. Er weiß noch nicht, für wen er sich entscheiden wird. Mara will keine Ehe zerstören und tröstet sich damit, dass Hanno sich gar nicht in sie verliebt haben könnte, wenn er in seiner Ehe glücklich wäre, denn die Gefühle, die er plötzlich und völlig unerwartet wie aus heiterem Himmel für Mara empfunden hat bei ihrem Anblick, waren ihm bis dahin fremd, denn das steht ja in seinem Liebesbrief.
Mara sagt sich, dass sie Hanno auf keinen Fall bedrängen wird, aber er soll und will ja auch ihre Gefühle wissen. Ja, auch sie hat ein Recht darauf glücklich zu sein.
Am nächsten Tag ruft Hanno aus der Telefonzelle an und sagt: „Ich hatte solche Angst, dass du es dir am Wochenende anders überlegt haben könntest. Hast du Sehnsucht? Ich gebe dir so viel ich kann, mehr geht zur Zeit nicht. Da sind nur noch vierzig Pfennig auf der Karte, die ich mit dir vertelefonieren will. Sag mir noch einmal, dass du mich liebst. Das war jetzt unsere erste Karte. Wie arbeitest du morgen?“ Dann ist die Leitung still und Hanno weg, weil die Karte leer ist.
Seit dem Kennenlernen sind nun zwei Wochen vergangen, in denen es Tage ohne Anruf von Hanno gab und dann wieder Telefonate voller Liebe und Glückseligkeit. Es ist eben nicht so einfach mit einem verheirateten Mann, aber dann dieser Anruf am Montag, den 18. Juni um 9.30 Uhr, in der Praxis und Hanno sagt:“ Ich kann es nicht mehr aushalten und muss dich unbedingt heute Abend sehen. Ich bin auch nur ein Mensch. Lass uns irgendwo treffen, auch wenn es nur für eine halbe Stunde ist. Ich liebe dich und liebst du mich auch wirklich? Mit dir verstehe ich mich auf einer anderen Ebene. Mit dir ist alles anders als zuhause, auch anders als mit allen anderen Frauen. Könnte 18.30 Uhr bei dir sein, ist das okay?“
Mara schwelgt nur so im Glück.
Um 13.40 Uhr noch ein Anruf von Hanno: „Es ist nicht der Sex, der mich zu dir zieht, den kann ich woanders schneller bekommen und bräuchte nicht all dieses auf mich zu nehmen. Es ist das Verstehen.
Nein, zuhause habe ich keinen Mangel, meine Frau will ja, aber ich kann zur Zeit nicht mit ihr schlafen, weil ich nicht will, denn ich liebe dich und fühle mich zu dir hingezogen. Ist es dir denn auch wirklich ernst mit mir oder habe ich nur die Funktion eines Callboys?“
„Nein, natürlich nicht, denn ich kann keinen Sex ohne Liebe, was wohl bei vielen Männers anders sein soll, da sie besser Liebe vom Sex trennen könnten.“
„Ich möchte dich streicheln, deinen Nacken massieren und mit dir schlafen, denn ich bin auch nur ein Mann und habe seit unserem ersten Date am 6. Juni enthaltsam gelebt.“
„Ich will aber nicht das Sahnehäubchen für deine Ehe sein.“
„Nein, das bist du auf keinen Fall, denn ich liebe dich total. Muss jetzt zum Chef und freue mich auf heute Abend.“
Schnell vergeht der Nachmittag und Mara eilt in ihre Wohnung, duscht, macht sich bereit, und schon klingelt es an der Haustür.
Da steht Hanno vor ihr und strahlt sie wieder an wie am allerersten Tag ihrer Begegnung in der Sauna und Mara sagt: „Lass dich ansehen. Schön, dass es dich gibt.“
„Schön, dass es dich gibt.“
„Freue mich, dass du da bist.“
„Und ich erst mal.“
Sie umarmen und küssen sich liebevoll.
Mara: „Will jetzt ein Foto von dir machen.“
„Ich sehe heute nicht gut aus.“
„Du siehst immer gut aus; und ich würde dich auch lieben, wenn du voll Matsch wärest.“ Hanno: „Du hast mich noch nicht mit Matsch gesehen.“