Эдвард Бульвер-Литтон

Das Lebenselixier


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aber wich nicht, selbst als mich der Arm meiner Mutter umschlang und ich ihre Stimme hörte. Und als ich dann im Haus allein war, wurde die Erinnerung an das, was ich gesehen hatte, – an jene Augen – jene Vision – jenen Schädel – immer mächtiger, bis ich zuletzt ohnmächtig zusammensank. Von da an weiß ich nichts mehr bis zu meinem Erwachen. Als ich meine Augen aufschlug, sah ich Sie an meiner Seite, verwundert wohl, aber nicht erschreckt, sondern vielmehr mit einem Gefühl der Freude, des Schutzes und der Hoffnung. Allerdings mischte sich ein Schatten aus Furcht und Scheu darein, als ich das Gesicht erkannte, das aus dem Himmel auf mich herabblickte, während mir die Stimme meines Vaters zuflüsterte: „Ihr werdet einander nötig haben.“ Und nun – und nun – werden Sie mich weniger lieben, seit Sie ein Geheimnis in meinem Dasein kennen, das ich noch niemand geoffenbart habe und das ich mir selbst nicht zu deuten weiß? Ach, so spotten Sie wenigstens nicht – und sagen Sie nicht, dass Sie mir nicht glauben. Nein, halten Sie sich nicht länger abgewandt; ich bitte Sie jetzt, mir in die Augen zu sehen. So; nun mögen Sie mir, bevor sich unsere Hände wieder vereinigen können, sagen, dass Sie mich nicht als eine Lügnerin verachten oder als eine Irrsinnige bemitleiden.“

      „Still – still!“ versetzte ich, sie an meine Brust ziehend. „Über alles, was Sie mir erzählt haben, wollen wir später sprechen. Die Waagschalen der Wissenschaft haben keine Gewichte, die fein genug wären für die Seidenfäden der reinen Phantasie einer jungen Frau. Es ist genug für mich – für uns beide –, wenn aus allen solchen Trugbildern nur eine Wahrheit aus dem Himmel hervorbricht, die zu Ihnen, liebliches Kind, und auch auf Erden zu mir, dem raueren Manne spricht. Jeder Schlag dieses Herzens, das Ihnen in vollem Vertrauen entgegenschlägt, wiederholt die Worte – jetzt und fortan durchs ganze Leben bis in den Tod: Jeder bedarf des Anderen – ich Deiner – ich Deiner! meine Lilian – meine Lilian!“

      Kapitel XVIII

      Ungeachtet der Versicherung, die mir Mrs. Poyntz gegeben hatte, näherte ich mich doch nicht ohne eine gewisse Besorgnis der Zeder, unter welcher Mrs. Ashleigh noch immer, die Freundin zu ihrer Seite, saß. Ich blickte auf das holde Wesen nieder, dessen Arm in dem meinen ruhte. Sie war so jung, so ungemein liebenswert und mit all den Gaben der Geburt und des Vermögens ausgestattet, durch welche Habsucht und Ehrgeiz nur um so mehr unter das Joch der Jugend und Schönheit gebeugt wird, dass es mir vorkam, als habe ich mich versündigt an dem, was eine Mutter mit Recht als ihr natürliches Los betrachten würde.

      „Oh, wenn Ihre Mutter unseren Bund nicht billigen würde...!“ sagte ich zögernd.

      Lillian lehnte sich etwas weniger leicht auf meinen Arm.

      „Wenn ich das denken würde“, antwortete diese mit leichtem Erröten, „würde ich mich so an Ihrer Seite befinden?“

      Wir bogen die dunklen Zweige der Zeder zurück. Lilian ließ mich los, küsste Mrs. Ashleigh auf die Wange, nahm neben ihr auf dem Rasen Platz und legte ihr Haupt in den mütterlichen Schoss. Ich betrachtete die Königin des Hill, deren scharfes Auge über mich hinwegschoss. Auf ihrem Antlitz schien sich für einen Moment ein Ausdruck des Schmerzes oder der Missbilligung abzuzeichnen; doch das war schnell vorüber. Zurück blieb eine gewisse Ironie, eine Art Triumph oder eine Beglückwünschung in dem halben Lächeln, mit welchem sie ihren Platz verließ und in dem Ton, mit welchem sie an mir vorbei gleitend zuflüsterte: „So, damit wäre die Angelegenheit also geregelt.“

      Mrs. Ashleigh sah mich wohlwollend an; dann hob sie das Gesicht ihrer Tochter aus ihrem Schoss und flüsterte: „Lilian.“ Lilians Lippen bewegten sich, aber ich vernahm ihre Antwort nicht. Die Mutter hatte sie verstanden. Sie nahm Lilians Hand, legte sie einfach in die meine und sagte:

      „Wie sie wählt, wähle auch ich; wen sie liebt, der ist auch mir teuer.“

      Kapitel XIX

      Von jenem Abend an bis zu dem Tag, an welchem Mrs. Ashleigh und Lilian den gefürchteten Besuch antraten, verbrachte ich jede Minute der Zeit, die mir meine Patientenbesuche frei ließen, in ihrem Hause; und während dieser wenigen Tage, der glücklichsten, die ich je erlebt hatte, war es mir, als hätten mich Jahre nicht mit Lilians außerordentlichem Wesen vertrauter machen können; ihr reiner Sinn erfüllte mich mit der tiefsten Ehrfurcht und ihre Anmut verstrickte mich immer tiefer in die Bande der Liebe. Ich konnte nur einen einzigen Fehler an ihr entdecken, machte mir aber selbst Vorwürfe darüber, dass er mir wie ein Mangel vorkam. Wir sehen viele, welche die untergeordneten Pflichten des Lebens vernachlässigen und denen eine wachsame, überlegende Fürsorge für Andere fehlt; gewöhnlich ist die Ursache hiervon Leichtsinn oder Egoismus. Allerdings konnte man keine dieser Eigenschaften Lilian zuschreiben; doch lag in den täglichen Bagatellen etwas von dieser Nachlässigkeit, etwas von diesem Mangel an Sorgfalt und Vorbedacht. Sie liebte ihre Mutter aufs Zärtlichste; aber doch fiel es ihr nie ein, ihr bei den kleinen Haushaltsgeschäften zur Hand zu gehen, auf die Ashleigh so viel Wert legte. Sie besaß ein Herz voll Zartgefühl und Mitleid für die Armen und Leidenden; dennoch gab es auf dem Berg manche junge Dame, die ihre Wohltätigkeit aktiver gestaltete, im Besuch kranker Armer zum Beispiel oder durch Unterweisung ihrer Kinder in den Kinderschulen.

      Ich war der Überzeugung, dass ihre Liebe zu mir wahr und aufrichtig sei; sie war ganz offensichtlich frei von allem Ehrgeiz, und ohne Zweifel wäre sie fähig gewesen, sich zufrieden und ohne Widerspruch in Alles zu fügen, was die Welt Opfer und Entbehrung nennt – dennoch traute ich ihr nicht zu, dass sie Anteil an der Mühsal des täglichen Lebens nehmen werde. Ich hätte auf sie nie den häuslichen und so bezeichnenden Ausdruck „Gehilfin“ anwenden mögen. Selbst während ich dies schreibe, mache ich mir Vorwürfe, wenn ich diesen Mangel (sofern es ein Mangel ist) in der – wie soll ich sagen? – praktischen Routine unseres gemeinsamen, positiven, menschlichen Dasein notiere. Und ohne Zweifel war dies der Grund, der Mrs. Poyntz zu dem harten Urteil über meine Auserwählte führte. Aber der abkühlende Schatten, den ihr bezauberndes Wesens warf, war nicht der Reflex einer trägen, unliebenswürdigen Selbstsucht, sondern lediglich die Folge jener Selbstschau, welche durch ihre Träumerei genährt wurde. Ich enthielt mich vorsichtig jeder Anspielung auf die visionären Trugbilder, die sie mir als wirkliche Eindrücke ihres Geistes, wenn nicht ihrer Sinne, anvertraut hatte. Alles, was meiner Ansicht nach nur den Hauch des Aberglaubens trug, war mir unangenehm; jede Nachsicht in Phantasien, die nicht in dem klar definierten und ausgetretenen Pfad einer gesunden Einbildungskraft lagen, wirkte noch stärker auf mich – es alarmierte mich. Ich ermutigte sie mit keiner Silbe in ihren Überzeugungen, von denen ich mir sagen musste, es sei noch zu früh, ihnen mit vernünftigen Gründen entgegenzutreten, in jedem Fall aber grausam, sie lächerlich zu machen. Ich war überzeugt davon, dass die Nebel, die ihre natürliche Intelligenz umgaben und einer einsamen, dem Brüten anheim gegebenen Kindheit entsprungen waren, sich von selbst im hellen Tageslicht des ehelichen Lebens legen würden. Es schien sie schmerzlich zu berühren, wenn sie sah, mit welcher Entschiedenheit ich einem Thema aus dem Weg ging, der ihren Gedanken so wichtig war. Sie machte ein oder zweimal einen schüchternen Versuch, darauf zurückzukommen, aber meine ernsten Blicke genügten, ihr Einhalt zu gebieten. Ein- oder zweimal kam es bei solchen Gelegenheiten vor, dass sie sich von mir abwandte und mich verließ; doch kehrte sie bald wieder zurück. Das sanfte Herz konnte keinen Schatten zwischen sich und dem Gegenstand seiner Liebe ertragen.

      Laut Übereinkunft sollte unsere Verlobung zunächst ein Geheimnis zwischen uns und Mrs. Poyntz bleiben und erst nach der Rückkehr von Mrs. Ashleigh und Lilian, die in einigen Wochen stattfinden sollte, bekanntgemacht werden. Unsere Heirat war für den Herbst geplant, eine Zeit, in welcher der normalerweise niedrige Krankenstand mir kurze Ferien gestattete.

      So kam der Abschied – ein Abschied, wie er zwischen Liebenden stattfindet. Ich fühlte nichts von jenen eifersüchtigen Befürchtungen, die mich vor unserer Verlobung schon bei dem Gedanken an eine Trennung zittern gemacht und vor meiner Einbildungskraft unwiderstehliche Nebenbuhler heraufbeschworen hatten. Dennoch sah ich sie nicht ohne schwere, düstere Gedanken von dannen ziehen. Die Erde hatte ihre Herrlichkeit, das Leben seinen Segen verloren.

      Kapitel XX

      Während