Bernd Düsel

Mein Haustier – ein Alpaka


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ein mögliches Weglaufen der Tiere zu verhindern. In der Garage selbst habe ich unter der Decke eine Halterung für den Scherkopf angebracht, die Garage ausgeräumt und noch einmal richtig gesäubert. Nun konnte es eigentlich losgehen, brauchte nur noch der Schermeister zu kommen. Am Sonnabendnachmittag, dem 12. Mai 2007, war es dann soweit.

      Zuerst wollten wir Pedro und Steffi scheren, die ließen sich am einfachsten halftern. So war es auch, aber insgesamt haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Pedro lief mit einigem Zögern zur Garage, aber Steffi ließ sich dazu überhaupt nicht bewegen. Sie hat sich eben einfach hingelegt und gedacht, nun macht mal. Um weiter voran zu kommen, haben wir Steffi zur Garage getragen. Wie das eben bei einer Prinzessin so üblich ist. Nun konnte der Scherprozess beginnen. Steffi sollte als erste dran sein. Sie hat sich aber einfach wieder nur hingelegt und scheintot gestellt. Und so mussten wir sie halt im Liegen scheren. Sie hat wunderschöne weiche Wolle. Es hat auch unter den gegebenen Umständen ganz gut geklappt.

      Wir haben sicher einen Fehler gemacht, dass wir Pedro mit in der Garage hatten. So konnte er sich das Dilemma mit Steffi schon ansehen und hat entsprechend reagiert. Er hat sich nicht nur wie im letzten Jahr einfach hingelegt und den Prozess über sich ergehen lassen. Nein, er hat geschrieen, als würde er abgemurkst. Unsere Nachbarin hat gedacht, wir bohren mit einem Bohrer in Stein, so hat er gequiekt. Zu guter Letzt war er so im Stress, dass er noch in die Garage gepinkelt hat. Zum Glück hat aber auch er alles gut überstanden, haben wir ihm doch auch noch die Klauen verschnitten. Es war dringend erforderlich.

      Dann sollten Coya und Pablo dran sein. Zuerst ging meine Theorie auch auf. Coya ging in das Gatter im Garten. Sie hoffte ja, etwas Besonderes zu fressen zu finden. Aber Pablo hat den Braten gerochen. Er ist eben doch ein vorsichtiger junger Mann und nicht so leicht zu überlisten. Als Coya merkte, dass Pablo nicht kam, ist sie natürlich prompt wieder aus dem Gatter herausgelaufen. Nun fing das Dilemma an. Beide Alpakas in das Gatter treiben, war ja nicht so einfach. Wir mussten alle Tricks und alle Mühen aufwenden, um das zu bewerkstelligen. Die beiden Schermeister mussten da tüchtig mit helfen. Aber zu guter Letzt konnten wir den Alpakas das Halfter anlegen. Mit mehr oder weniger Mühen und der erforderlichen Kraftanstrengung ist uns der gesamte Prozess doch noch gelungen.

      Auch bei Coya und Pablo mussten die Klauen verschnitten werden. Auch das haben wir zum ersten Mal eigenständig gemacht. Und auch hier war zu sehen, ein Lernprozess ist unbedingt erforderlich. Dazu haben wir das „Alpaka – Kompendium“ gekauft, um zu lernen. Aber auch hier wieder der Fehler, beide Tiere zugleich am Scherplatz. Das muss ich im nächsten Jahr unbedingt anders organisieren. Ende gut, alles gut. Diese Aktion wurde trotz aller Mühen mit Bravour gemeistert. Das wird schon noch, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Das Wichtigste ist doch, dass die Tiere keinen Schaden nehmen.

       So sieht man aus, wenn man frisch vom Friseur kommt

      Das war nur einer der möglichen Höhepunkte. Die Niederkunft von Coya steht noch aus. Noch ca. drei Wochen, die Spannung steigt. Jetzt, wo sie geschoren ist, sieht man doch, dass der Bauch eine kleine Rundung hat. Jeder hat eine andere Meinung und weiß etwas Besonderes zu berichten, was zu beachten ist. Auch die Fachliteratur schreibt unterschiedliche Dinge. Wir wollen uns aber nun an das Kompendium halten. Dort hat eine erfahrene Trainerin geschrieben, wie man sich richtig verhält und meint, weniger ist mehr. Man sollte auch bei der Geburt der Natur den nötigen Raum lassen. Ich will bei aller Aufregung versuchen, mich danach zu halten. Einen Namen habe ich inzwischen schon herausgesucht. Wenn es ein Mädchen wird, soll es Cinja heißen und einen Jungen wollen wir Carlos nennen. Na, wie findet ihr das?

      Auch unser Umfeld ist sehr gespannt auf das freudige Ereignis. Nun könnte es ja eigentlich losgehen, oder?

      Pedro und Steffi verhalten sich wie immer, sehr reserviert. Also Freude zeigen und sich gleich auf das Futter stürzen, das ist überhaupt nicht drin. Erst müssen wir mal schauen und mal riechen und überhaupt, gefressen wird in aller Ruhe und vor allem allein. Und so muss ich letzten Endes das Futter im Unterstand in die Futterrinne geben. Dort wird es dann nach eigenem Ermessen gefressen. Aber wichtig ist, dass sie es überhaupt fressen und das tun sie. Und so bin auch ich zufrieden. Man muss eben das sensible Verhalten der beiden berücksichtigen. Sie sind noch nicht so kontaktfreudig wie Coya und Pablo. Das wird schon noch, habe ich mir doch vorgenommen, beide in aller Ruhe mit Hilfe des Kompendiums zu trainieren.

       Pedro bei seinem ersten Versuch. Aller Anfang ist schwer

      Bisher habe ich immer gedacht, Pedro kann kein Wässerchen trüben, aber weit gefehlt. Komme ich doch letztens zur Koppel und was sehe ich da. Pedro müht sich mit aller Intensität und mit ungeheurer Ausdauer, „Liebe“ zu machen und seine Steffi zu bespringen. Ihr scheint das aber auch gefallen zu haben, denn sie hat sich nicht sonderlich gewehrt. Seine Mühen kamen auch in besonderen Tönen zum Ausdruck, er war also ganz bei der Sache. Und seine Ausdauer hat immerhin ca. 45 Minuten angehalten, beachtlich, oder?

      Das Verhalten von Pedro und Steffi hat sich mit der Zeit auch verbessert. Sie werden mir gegenüber allmählich etwas zutraulicher. Wenn sie gute Laune haben, dann fressen sie schon mal einen Teil ihres Frühstücks aus der Schüssel, die ich ihnen vorhalte. Beim Vesper, also wenn es Äpfel gibt, ist das genau so. In diesem Fall kommen sie schon auf mich zugelaufen, zwar nicht so rasant wie Coya und Pablo, aber immerhin, sie kommen und fressen ihre Äpfel aus der Schüssel. Wobei hier nicht so eine Dominanz wie bei den beiden Großen zu bemerken ist. Mal frisst Steffi noch von Pedro und ein anderes mal umgekehrt.

      Wenn ich die Schüsseln mit den Äpfeln halte, passiert es schon mal, dass Pedro mich in den Daumen beißt, so ganz leicht, als wollte er sagen: „Du, ich hab dich auch lieb.“ Und Steffi geht langsam auch mehr aus sich heraus. Ich habe auf der Koppel drei Apelbäume gepflanzt, von denen sie sich später einmal laben sollen. Zum Schutz habe ich sie mit einem Gitter umzäunt. Das ist aber für Steffi kein Hindernis. Sie klettert eben mal an dem Zaun hoch, indem sie mit den Vorderfüßen in die Maschen steigt und so über den Zaun an die Blätter des jungen Baumes kommt. Und neuerdings geht Steffi auch baden. Wenn ich mit dem Wasserschlauch bei hohen Temperaturen die beiden Alpakas mal nass spritzen will, dann laufen sie davon. Ich habe eine größere Wanne aufgestellt und mit Wasser gefüllt, damit die Laufenten drin schwimmen können. Diese Wanne wird aber eher von Steffi genutzt. Sie steigt mit den Vorderbeinen hinein und taucht dann ihr Gesicht in das Wasser. Na, so wird die Wanne eben von ihr genutzt.

      Coya trägt ihre werdende Mutterschaft mit Stolz aus. Sie ist die Ruhe in Person. Man merkt ihr so richtig keine Aufregung an. Sie setzt wie üblich ihre Dominanz gegenüber Pablo durch, wenn es ums Fressen geht. Ansonsten vertragen sich beide ausgezeichnet. Pablo will zwar schon öfter mal an Coya ran, aber sie spuckt ihn ab und wenn ich dann auf die Koppel komme, dann stellt sie sich hinter mich und meint sicher, ich solle sie beschützen. Wenn ich dann in aller Ruhe eindringlich mit Pablo rede, dann schnauft er zwar, lässt aber brav von Coya ab.

      In Vorbereitung der Geburt unseres kleinen Nachwuchses haben wir viel Literatur gelesen, um auch auf die Niederkunft vorbereitet zu sein. Haben wir alles gut beobachtet, dann ist Coya am 8. Juli 2006 von Vincenc gedeckt worden. Da die Literatur zur Zeit der Trächtigkeit unterschiedliche Angaben macht, habe ich mich auf eine breite Zeitspanne eingerichtet. Die einen schreiben, es kann von 330 bis 370 Tage dauern, andere wiederum meinen, die Zeit liegt zwischen dem 342-ten und dem 350-ten Tag. Also habe ich mir einen Kalender aufgezeichnet und alle Tage vom 333-ten bis zum 365-ten Tag gekennzeichnet und kann so jeden Tag abstreichen, an dem noch nichts passiert ist. Wir haben uns auch auf die Möglichkeit eingerichtet, dass Coya das Baby nicht annimmt und wir es mit der Flasche aufziehen müssen. So habe ich bereits im Vorfeld zwei Nuckelflaschen und zwei Spritzen gekauft und sie entsprechend präpariert.

      Die Spritzen, so schreibt eine erfahrene Autorin, soll man nehmen, um die erste Kolestralmilch vom Muttertier abzupumpen. Die benötigt man nämlich, um beim Jungtier die biologischen Abwehrstoffe aufzubauen. Und so rückte der 342-te Tag immer näher und die Freude stieg auf das zu erwartende Ereignis unermesslich. Es konnte ja eigentlich alles