des ersten Durchganges in umgekehrter Reihenfolge. Die 30. zuerst, dann die 29., dann die 28. und so weiter. Die Beste des ersten Durchganges startet als Letzte.
Sollte eine Springerin mindestens 95 % der höchsten erzielten Weite erzielt haben und durch einen Sturz nicht unter die besten 30 gekommen sein, hat sie für den zweiten Durchgang trotzdem ein Startrecht und kann – so sie denn am Ende mehr Punkte als (eine) andere Springerin(nen) hat – ebenfalls Weltcuppunkte holen.
Dies waren die bedeutendsten Regelungen, die den Skisprung-Weltcup der Damen allein betreffen. Einige gelten so auch für die Herren, sind aber für das Verständnis von Weltcupspringen der Damen von großer Bedeutung.
Das nun folgende Unterkapitel beinhaltet eine detaillierte Chronologie des Damen-Skispringens und beschäftigt sich insbesondere mit den Meilensteinen in der sportlich-historischen Entwicklung der Sportart – einem zentralen Teilaspekt dieser Abhandlung.
2.2 Die Geschichte des Damen-Skispringens und ihre Meilensteine
Das Skispringen entstand in etwa zur gleichen Zeit wie das alpine Skifahren. Der erste aufgezeichnete, vermessene Sprung in der Geschichte wurde 1868 vom Norweger Leutnant Olaf Rye durchgeführt. Ryes Sprungweite betrug 9,5 Meter.
Stetige Aufzeichnungen und Messungen gab es erst nach der Einführung von Wettkämpfen Anfang des 20. Jahrhunderts. Zur gleichen Zeit fingen auch Frauen an, das Skispringen für sich zu entdecken. Insbesondere die „schwebende“ österreichische Gräfin Comtesse Paula Lamberg aus Kitzbühel machte sich einen Namen.
1911 nahm sie an einem Herren-Wettkampf teil und sprang eine inoffizielle Bestweite von 22 Metern65. Inoffiziell deshalb, da sie als Frau außer Konkurrenz sprang. Jedoch: damit sprang sie in etwa halb so weit wie die damals weltbesten Männer aus Norwegen und den USA.
Dieser Rekord hielt 15 Jahre, bis schließlich die Norwegerin Olga Balsted-Eggen 26 Meter sprang. 1931 sprang wieder eine Norwegerin, Johanna Klostad, 31 Meter und ließ dem Ganzen eine wahre Serie folgen: Sie verbesserte diese Marke schon ein Jahr später auf das Doppelte und setzte dem Ganzen im Jahre 1937 mit 71,5 Metern die Krone auf66. Ein Jahr zuvor war dem Österreicher Sepp Bradl im slowenischen Planica der erste Sprung auf über 100 Meter gelungen (101,5 Meter)67.
Bevor der heute unverzichtbare Weltcup entstand, gab es 1971 eine prägende Entscheidung: die FIS beschloss, Disziplinen voneinander abzugrenzen. Dies geschah im Wesentlichen durch die Einführung der Skiflug-Weltmeisterschaften.
Die erste Austragung dieses Wettbewerbs fand 1972 in Planica statt und auch diese Weltmeisterschaften finden im Zweijahresrhythmus statt (in den geraden Jahren).
Zwischen den heute noch geltenden Schanzengrößen Normalschanze, Großschanze und Skiflugschanze wurde also erst ab 1972 unterschieden, die Begriffe Normal- und Großschanze wurden bereits seit 1964 verwendet.
Die Einführung der Weltcup-Serie für die Herren folgte dann schließlich 1979. Jene für die Damen wurde erst zur Saison 2011/2012 eingeführt68, also 42 Jahre später.
Bis Ende der 1990er Jahre beschränkte sich sämtliches Damen-Skispringen zunächst lediglich auf ein Thema: den Weltrekord. Dies war auch anfänglich bei den Herren ein Schauspiel und rückte später etwas mehr in den Hintergrund, weil es dann Wettbewerbe wie die weltberühmte Vierschanzentournee gab.
Für die Skispringerinnen hingegen war es lange Zeit ein Kampf gegen die bloße Teilnahme außer Konkurrenz an Herren-Wettbewerben und der Versuch zu beweisen, dass man auch so weit springen könne wie die männlichen Kollegen.
Das beste Beispiel für dieses Streben lieferte die Norwegerin Anita Wold, die bei eben jener Vierschanzentournee als Vorspringerin agierte und bei einem Wettkampf im japanischen Sapporo die neue, inoffizielle Bestweite für Damen von 97,5 Meter aufstellte69.
Geschichte schrieb dann die Finnin Tiina Lehtola, die 1981 den ersten Satz über 100 Meter landete. 110 Meter sprang sie und damit stieß sie in eine für das Damen-Skispringen völlig neue Dimension vor70.
Jedoch gab es bis dato immer noch keine offiziellen Wettbewerbe für die Damen. Die (vermeintlichen) Gründe hierfür waren vielfältig: entweder gab es nicht ausreichend viele Teilnehmerinnen, man wurde schlicht und ergreifend nicht ernst genommen oder man hatte gar Angst, der weibliche Körper sei nicht für das Skispringen geeignet.
So war von Schäden der Gebärmutter, ausgelöst durch die harte Landung, die Rede. Wie sich im Nachhinein herausstellte: völlig unbegründet.
So ging die Rekordjagd also weiter. Abermals rückte eine Österreicherin in den Fokus. Eva Ganster, ebenfalls aus Kitzbühel, hatte nicht nur einen sehr engagierten Vater, sondern auch einen vollen Reisekalender.
1994 ging sie bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer (Norwegen) als Vorspringerin vom Lysgårdsbakken und verbesserte Lehtolas Rekord auf 113,5 Meter. Im Jahr darauf trat sie bei Springen in den USA an und entschied dort die Springen, unter anderem gegen Lindsey Van (bis 2014 selbst noch aktiv) und Karla Keck, für sich. Auch sie schaffte es in die Geschichtsbücher, denn nur drei Jahre später ging sie als allererste Frau der Welt von einer Skiflugschanze. Im österreichischen Bad Mitterndorf, am Kulm, flog sie am 9. Februar 1997 167 Meter weit und damit ins Guinness Buch der Weltrekorde71.
Lindsey Van indes ging 2004 ebenfalls von einer Flugschanze. Im norwegischen Vikersund flog sie im Rahmen des Continental Cups der Herren als Vorfliegerin auf 171 Meter. Dazu an späterer Stelle mehr.
Der erste hoch offizielle Wettkampf fand dann schließlich im Jahr 1998 statt. Im Schweizer Nobel-Skiort St. Moritz fand auf der Olympiaschanze die Junioren-Weltmeisterschaft statt. Dort hielt schließlich Dr. Edgar Ganster, Eva Gansters Vater, die Fäden entscheidend in der Hand.
Auf sein Drängen lud der Skiclub St. Moritz fast heimlich zum 22. Januar 17 Frauen und Mädchen aus sieben Nationen ein. Die Aufregung und Diskussionen waren groß, doch schließlich genehmigte der austragende Internationale Skiverband (FIS) ein Damen-Springen. Dieses Springen72 wurde von der Finnin Heli Pomell gewonnen. Eva Ganster belegte mit nur vier Zehntel Rückstand den zweiten Platz. Die einzige deutsche Starterin, Michaela Schmidt, belegte den Bronzerang.
Mit diesem Ereignis beginnt – langsam aber sicher – die Zeit der Meilensteine in der Geschichte des Damen-Skispringens. Diese Meilensteine sind im folgenden Zeitstrahl dargestellt und werden ferner schriftlich erläutert. Besonderer Fokus liegt hierbei auf den ersten internationalen Wettkämpfen, da diese in den Geschichtsbüchern kaum Erwähnung fanden und nur wenige offizielle Ergebnislisten existieren. Mit Hans-Georg Schmidt kommt in Kapitel 4, den Befragungsergebnissen, ein Zeitzeuge zu Wort, dessen Statements die Zeittafel fundiert belegen.
1998 | Erster internationaler Wettkampf bei der Junioren-WM in St. Moritz (Schweiz). |
Zwei einzelne COCs in Schönwald im Schwarzwald (Deutschland) | |
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1999 | Erste Wettkampfserie für Damen: 1. FIS-Ladies-Grand-Prix Ski-Jumping |
1. Internationale Damen-Skispringen in Meinerzhagen (Deutschland). | |
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2000 | 2. FIS-Ladies-Grand-Prix Ski-Jumping |
Erster offizieller Großschanzen-Wettkampf im Rahmenprogramm des Herren-Weltcups in Oslo am Holmenkollen. | |
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