an und packen unsere Sachen, Schmuck, Geld und Papiere,“ Suzanne umschlang jetzt ihre in Tränen aufgelöste Freundin Dita mit beiden Armen und drückte sie an sich, obwohl ihr selbst zum Heulen war. Erwartete doch auch sie von dem Zusammentreffen mit den Deutschen nichts Gutes. Dafür hatte schon die französische Propaganda in Presse und Rundfunk gesorgt, die allen, die in die Hände der blutrünstigen Nazis und selbsternannten Herrenmenschen fielen, wenig Gutes verhieß, sondern Tod, Versklavung und noch schlimmeres. Aus eben diesem Grunde hatte auch der jüdische Juwelier Silbermann, der im ersten Weltkrieg dem deutschen Kaiser noch als Hauptmann der Infanterie diente, vorgesorgt und noch vor der Machtergreifung der Nazis – wenn auch mit viel Verlust – seine Immobilien in Frankfurt verkauft und mit Ehefrau Esther und den beiden Töchtern Ruth und Judith bereits Mitte Januar 1933 – also gerade noch rechtzeitig – seine angestammte Heimat Deutschland verlassen und sich in einem Pariser Vorort eine neue Existenz geschaffen. Wie richtig dies war, sollten die nächsten Jahre erweisen, als nach und nach der Kontakt zu vielen in Deutschland gebliebenen Angehörigen plötzlich einfach abriss, da Briefe nicht mehr beantwortet wurden und Nachfragen erfolglos blieben. Aufgrund seiner guten Verbindungen, auch zu alten Offizierskameraden, erfuhr er einiges mehr, als der durchschnittliche deutsche Volksgenosse und insbesondere die meisten emigrierten Juden. Aufgrund verwandtschaftlicher Bindungen, sowohl nach Frankreich als auch nach Südamerika, Intelligenz, Tüchtigkeit und exzellente Handwerkskunst, sowie eines ansehnlichen geretteten Vermögens, lebte die Familie in sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen. Die älteste Tochter Ruth studierte in Amerika Medizin und auch Dita hatte, nach glänzendem Abitur in Frankreich, ein Medizinstudium an der Pariser Sorbonne begonnen und befand sich mittlerweile im 6. Semester, als sie dann nach Kriegsausbruch auf sehr eindringliches Drängen ihrer Eltern, dem sie sich schließlich nach hartnäckigem Widerstand beugte, veranlasst wurde, dieses in Argentinien, bei ihrer dort lebenden Tante Louisa Stockhausen, fortzusetzen.
Widerstrebend ließ sich Dita schließlich von Suzanne in die von beiden bewohnte Kabine bugsieren, wo diese der immer noch fassungslosen Dita half, sich trotz der warmen Witterung in etwas wärmere Hosen und leichten Pullover, sowie festes Schuhwerk zu werfen, Papiere und Wertsachen in der sicher verschlossenen Handtasche zu verwahren und auch mit warmer Kleidung und Schwimmweste versehen schließlich mit ihr das Kommende abzuwarten.
Zur gleichen Zeit auf dem deutschen Hilfskreuzer.
Dieser hatte sich dem Gegner, nachdem die Fahrt aus dem französischen Schiff gekommen war und dieses in der Dünung sanft rollte, bis auf wenige hundert Meter genähert, wobei die Kanonen und auch die Flawaffen schussbereit auf den Gegner gerichtet waren und gab durch Blinkspruch zu erkennen, dass ein Prisenkommando übersetzen werde und die Schiffsführung aufgefordert wird, keinerlei Widerstand zu leisten, die Schiffspapiere bereitzuhalten und das Prisenkommando ungehindert an Bord kommen zu lassen.
„IO, es dürfte das Beste sein, wenn bei diesem großen Schiff Sie selbst das Prisenkommando führen. Nehmen Sie zwei Offiziere und auch den Sonderführer Manger, der ja fließend französisch spricht, mit sowie den 2. FTO Kurt Pries. Der soll sich mal die Funkanlage anschauen, ob wir da etwas gebrauchen können, insbesondere auch etwaige Funkschlüssel usw. Alsdann Meldung Passagierzahl, Ladung, na ja und Sie wissen schon.“
Die große Motorpinasse wurde ausgesetzt und das Prisenkommando, alle mit Pistole und MP bewaffnet, legte ab. Schon dreißig Minuten später ließ der IO dem Kommandanten durch Blinkzeichen mitteilen, dass das Schiff vollständig in der Hand des Prisenkommandos sei, die Passagiere in ihren Kabinen und die Besatzung auf dem Vordeck versammelt sei und er zur Berichterstattung zurückkommen wolle.
Kurz darauf saß Bodo Graf von Terra seinem Freund Didi Waldau in dessen Kabine gegenüber und öffnete den mitgebrachten vollgestopften Seesack. Nachdem die Schiffspapiere mit Ladelisten sowie die Seemannsbücher der Besatzung und Personalpapiere der Passagiere ausgepackt waren, kramte er breit grinsend noch eine Flasche Schampus sowie eine Stange Camel hervor und machte sich daran die Flasche zu öffnen. Didi guckte erstaunt.
„Willst Du jetzt etwa saufen? Das kann ja wohl nicht wahr sein.“
Terra grinste von einem Ohr zum anderen: „Nicht saufen, aber wohl auf diesen super Fang ein Gläschen edlen französischen Prickelwassers genießen und dazu eine gute amerikanische Camel rauchen. Auch so etwas gibt es auf französischen Schiffen.“ Mit diesen Worten erhob sich Bodo, entnahm dem Schrank seines Kommandanten zwei Gläser und bedeutete diesem, selbst die Flasche zu öffnen und einzuschenken.
„Nun mach schon. Wir haben drüben 55 Passagiere und etwa die gleiche Anzahl Besatzungsmitglieder, also ne’ ganze Menge Leute. Auch die Ladung ist vom Feinsten. Massenweise französischer Champagner, Cognac, Weine, Textilien, Maschinen und und und.“
Während dieses aus Terra nur so hervorsprudelte, brachte er es auch noch fertig, die Flasche schließlich selbst zu öffnen, einzuschenken, die Zigarettenstange aufzureißen, ein Päckchen zu öffnen, seinem Kommandanten eine Zigarette zuzuschnippen und Feuer zu reichen. Nun ging es Waldau völlig gegen den Strich, während der laufenden Operation Champagner zu trinken, wusste er aber auch, dass der Freund um nichts in der Welt hiervon abzubringen sein würde, es sei denn, er würde dienstlich. Dies allerdings schied aus naheliegenden Gründen wohl aus, wenn beste Freunde unter sich sind, was Terra genau wusste.
„Einen nehmen wir noch“, schenkte dieser sogleich nach.
„Und, was sagt unser Handelsschiffer, Sonderführer Manger“, wollte Didi wissen, „können wir das Schiff als Prise ausrüsten und hat es eine Chance in die Heimat durchzubrechen? Dann könnten wir ja auch gleich alle bisherigen Gefangenen abgeben. Schließlich ist der Dampfer ja mit seiner umfangreichen Passagiereinrichtung bestens geeignet.“
„Ja“, versicherte Terra seinem Kommandanten, „aber ein Problem haben wir schon, wir können nicht alle Passagiere an Bord lassen.“
Erstaunt sah Didi Waldau seinen Freund an: „Wieso, sag nur, wir haben einen französischen General oder Wissenschaftler oder so was erwischt?“
„Ne, ne, dass nicht, viel schlimmer!“
„Was denn, nun mal raus damit“, wurde Didi Waldau ungeduldig.
Der Graf öffnete den Mund, besann sich dann aber anders, zeichnete dafür aber mit dem Zeigefinger der rechten Hand einen Stern in die Luft.
„Scheiße“, entfuhr es Waldau, „das muss ja nun nicht sein. Und, was sollen wir deiner Meinung nach tun, die vielleicht hier an Bord holen? Das geht nicht, das gibt Ärger.“
Terra sprang auf: „Was denen in Deutschland blüht, bei Deinem geliebten Führer und seiner kackbraunen Mischpoke, ist Dir wohl klar. Das, mein Freund und Kommandant, vergiss mal lieber gleich!“
Bevor der Kreuzerkommandant antworten konnte, klopfte es an der Kabinentür.
„Gläser weg und die Flasche natürlich auch“, raunzte der nunmehr missgestimmte Kommandant seinen IO an. Dieser sprang auf und tat wie ihm befohlen. Danach ertönte das „Herein“, des Kommandanten und der 2. Offizier, Oberleutnant z. S Uwe Semmler, trat ein und meldete: „Rauchfahne Backbord aufkommend in Sicht, Herr Kaptän!“
„Danke, Herr Semmler, sofort Meldung, wenn Näheres auszumachen ist. Wahrschauen Sie Herrn Schmidt. Dieser soll ein verstärktes, weiteres Prisenkommando mit 20 Mann zusammenstellen, dafür sorgen, dass die Leute alle persönlichen Dinge mitnehmen und sich zum Franzmann drüben auf den Weg machen. Ich will sicher sein, dass uns von dort keine unangenehme Überraschung droht. Ausführung in spätestens 20 Minuten!“
Nachdem der IIO die Tür von außen wieder geschlossen hatte, blickte Waldau seinen Freund, immer noch etwas grantig, jetzt aber voller Erwartung, was sich hinter der Rauchfahne verbarg, an.
„So und jetzt mal Tacheles! Um wen oder was geht es drüben?“
„Zwei jüdische Medizinstudentinnen und den Schiffsarzt. Letzterer und die jüngere der beiden Studentinnen sind emigrierte Deutsche, sowie eine Französin.“
„Okay, Du fährst jetzt sofort mit dem Motorboot rüber, nimmst die Papiere von den Dreien wieder mit und gibst ihnen diese und lässt sie wissen, dass wir tun,