die Berge rauf und runter
Nicht ahnend
Dass zurückblieb
Meiner Seele Hüll
Hab die Bomben unversehrt zurückgelassen
Meine Lieder neu gestimmt
Hab gespielt, getanzt
War ausgelassen
Und geglaubt,
dass keiner sie mir nimmt
Viele Lieder habe ich gesungen
Manche Tänze mitgetanzt
Immer wieder um mich selbst gerungen
Manchmal glaubt ich ohne Chance
All die Wunden die das Leben mir geschlagen
Tief und brennend meiner Seele Mantel wurd
Haben mich dann doch getragen
Hin
Zu meinem Lied
Im Wind
Was mich trägt
Nach dem Krieg zog meine Mutter mit uns Kindern – wir waren vier Geschwister – in eine kleine Zweizimmerwohnung am Dorfrand. Mit dabei war auch meine Tante, deren Mann – er war der jüngste Bruder meines Vaters – vermisst gemeldet war. In dem Haus wohnten noch weitere Familien mit ihren Kindern, es verfügte über einen Innenhof und ein kleines Häuschen im Garten mit Herzchen in der Türe.
Wir waren ausgebombt und arm. Wir schliefen zum Beispiel unter dem nackten Plumeau, weil wir für Bezüge kein Geld hatten. Als Kind störte mich diese Armut nicht. Es gab so vieles, an dem ich Freude hatte. Ich liebte die Sommermonate, die mich mit ihren vielfältigen Angeboten aufforderten, kreativ zu werden.
So baute ich am Wegrand vor unserem Haus kleine Gärten oder Osternester und schmückte sie aus, mit allem, was ich auf der Straße vorfand, mit bunten Glasscherben, Stöcken, Blumen und vielem mehr. Ich konnte alles gebrauchen. Ich band Blumenkränze und legte sogar Gärten in Suppentellern an, um meine Mutter zu erfreuen. Wir bauten Buden, in denen wir verbotenerweise unsere Körper erkundeten. Wir ließen die Seilchen durch die Luft fliegen und versuchten, darüber zu springen. Die Häuserwände waren das Ziel unserer Bälle.
Ganz wichtig waren für mich meine akrobatischen Kunststückchen. Aus dem Stand nach hinten eine Brücke bilden, und die Beine immer ein bisschen mehr spreizen, bis sie rechts und links zum Spagat ausgebreitet neben meinem Körper lagen. Kopf- und Handstand so lange an der Wand üben, bis ich auch frei kopfüber stehen konnte. Im Nachhinein glaube ich, dass ich mich bemühte, jemand Besonderes zu sein, weil ich mich als Jüngste von vier Kindern immer unerwünscht gefühlt habe.
Der Innenhof des Hauses, in dem wir gewohnt haben, war im Sommer immer mit Leben erfüllt. Dort wurden Bohnen geschnibbelt, Weißkohl gehobelt und vieles mehr vorbereitet, was für den Winter eingekocht oder eingestampft wurde. Ich liebte es auch, mit meiner Mutter im nahe gelegenen Wald Beeren zu suchen, die später zu Marmelade verarbeitet wurden. Der Innenhof war auch der Treffpunkt der Frauen und Kinder des Hauses. Der pure Luxus war mein Swimmingpool in Form einer alten Zinkbadewanne, die ich Eimer für Eimer mit Wasser füllt, bis ich schließlich genüsslich in das von der Sonne aufgeheizte Wasser stieg und mich darin aalte. Einmal spaltete so ein voller Eimer meinen dicken Zeh. Was machte das schon? Pflaster drauf und weiter ging’s. Passierte ein „Unglückchen“, half die Mutter, die gerade anwesend war.
Im Winter hatte ich eine weitere Möglichkeit gefunden, der Enge und den Streitereien in meiner Familie zu entfliehen. Ich entdeckte Stoff- und Wollreste, mit denen ich nach und nach meine Lust am Gestalten auslebte. Vielleicht war meine Tante, die bei uns wohnte, inzwischen mein Vorbild geworden. Sie nähte für die Leute die schönsten Roben. Ich saß oft bei ihr, schaute zu oder sortierte ihre Knopfkiste, bis ich selbst im Nähen und Handarbeiten aktiv wurde. Zunächst organisierte ich mir Wolle und fing an, mit den Fingern zu häkeln. Viele solcher Luftmaschen zu einem Kreis zusammengenäht, ergaben einen Teppich für meine selbst gebastelte Puppenstube. Aus Stoff bastelte ich kleine Kopfkissen, meine Ideen waren grenzenlos. Ich vermisste nichts.
Später wurde ich auf der Straße „Fritzchen“ gerufen, was ich überhaupt nicht verstand, war ich doch eine Puppenmutter durch und durch. In einem Schreibseminar standen einmal als Impuls unsere Spitznamen im Vordergrund. Bei den gefragten Eigenschaften wurde „Fritzchen“ unter anderem Eigensinnigkeit zugeordnet. Da verstand ich! In der Armut der Nachkriegszeit hatte ich gelernt, meine Kreativität und eigenen Ausdrucksmöglichkeiten zu entwickeln. Eine Fähigkeit, auf die ich später im Leben immer wieder zurückgreifen konnte.
Meine Eltern waren beide durch die Kriegserlebnisse schwer traumatisiert. Mein Vater widmete sein Leben danach seinen Freunden, seinen Tauben und dem Alkohol. Trotzdem gab es Situationen, in denen er mir zur Seite stand. Und vielleicht sogar das Leben rettete. Er trug mich zum Beispiel zum Arzt, als ich schwer verletzt am Straßenrand lag. Ein Pferdefuhrwerk hatte mein Bein überrollt. Meinem Vater verdanke ich auch, dass ich weiterhin auf zwei Beinen durch mein Leben laufen kann, weil er bei den Ärzten durchsetzte, dass sie das verletzte Bein operieren und nicht abnehmen. In den zwei Jahren darauf trug er mich mehrmals durch die Nacht, wenn Krämpfe mich quälten. Er besorgte mir eine Lehrstelle und glättete die Wogen, als ich einmal meine Arbeitsstelle verließ, weil ich mich ungerecht behandelt gefühlt hatte. Eine stabile Beziehung zu seinen Kindern konnte er aber nicht aufbauen. Ich habe ein Bild von meinem Vater, wie er oft betrunken und schlafend auf einem Stuhl saß. Er starb einsam mit 57 Jahren an Speiseröhrenkrebs.
Meine Mutter hat nach der Rückkehr meines Vaters aus der Gefangenschaft mehr oder weniger den „Löffel“ abgegeben. So sagt man eigentlich, wenn jemand gestorben ist. Meine Mutter starb über mehr als 20 Jahre Stück für Stück. Als meine Schwester plötzlich mit 33 Jahren starb, gab sie sich ganz auf. Sie starb, einsam wie mein Vater, mit 67 Jahren an Herzversagen.
In den vielen Jahren nach Kriegsende und dem Ende meiner Kindheit merkte ich, dass auch ich durch die Traumatisierung meiner Eltern in meiner Lebensgestaltung stark begrenzt war. Ich hatte nie eine Mutter, die ich um Rat fragen oder auf die ich stolz sein konnte. Ich hasste sie, weil sie nicht für sich gekämpft hatte. Am Ende ihres Lebens zeigten ihre Hände die Folgen ihrer Lebenshaltung. Sie waren zu Fäusten gekrümmt. Jetzt konnte sie wirklich nicht mehr. Ihr Satz „Das kann ich nicht“, sollte für mein Leben nicht stimmen.
Es war schließlich meine Kreativität, die ich in der Armut der Nachkriegsjahre entwickelt hatte, die mir half, den Satz meiner Mutter umzukehren. Meine Tochter drückte es einmal so aus: „Ich brauche, um was Schönes zu gestalten, Geld. Du machst aus Scheiße was!“
Bunt die Wege in meinem Leben
Verschlungen
Verknotet
Voll Musik.
Bewegungsreich
Mit Sonnenlandschaften
An steinernen Wegflächen
Über Hängen schön.
Zwischen buntem Wiesengrün
Manchmal langsam
Wie eine Nacktschneckenparade.
Mein Leben
Ist wie eine Thymianwolke
Die durch
Kühle Morgenstille weht.
Mein Leben ist Vielfalt
Und bleibt in
Gott.
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