an ihn schmiegen, wie ein großes Mädchen, seinen Schutz genießen und einschlafen. Und morgen, morgen würde sie sicher früh aufwachen und mindestens zwölf Stunden arbeiten. Arbeiten und erst mal vergessen. Bis es wieder brannte. Zwischen ihren Schenkeln und in ihrem Kopf. Und ihre Mitte frische Leiber forderte …
Fabienne Dubois
Miller
und die Lady an der Bar
Eine erotische Geschichte
Miller
Fahler Zigarettenqualm zog in Schlieren durch die abgestandene Luft. Hin und wieder blies jemand einen Lungenzug in das Gemisch aus viel Rauch und wenig Sauerstoff. Miller saß in einer dunklen Bar. Tom Waits drang leise aus einer Musikbox und erfüllte den Raum mit seinem Song von Alice. Miller drehte sein Whiskeyglas im schummrigen Licht der Bar. War es halb voll? Oder schon halb leer? Es war ihm egal, Hauptsache der Geschmack stimmte.
Am Ende des Tresen saß eine Klassefrau, ganz in rot gekleidet. Ihre Beine hatte sie übereinander geschlagen. Ein langer Schlitz in ihrem Kleid machte dies möglich. Sie zog an ihrer Zigarettenspitze, blies den Rauch zwischen ihren vollen roten Lippen hindurch in den Raum und versuchte verrucht auszusehen.
Miller hob sein Glas und prostete ihr zu. Der rauchige Geschmack des Whiskeys breitete sich in seinem Mund aus. Er mochte diesen Geschmack, dieses Rauchige mit dem weichem Abgang. Er nickte dem Wirt zu, sein Glas war leer. Hinter all den Flaschen befand sich ein großer Spiegel. Er sah sich selbst, sein Ich. Spiegel lügen nicht, nicht einmal Zerrspiegel. Sie zeigen einem die Wahrheit, auch wenn sie weh tut. Er sah übermüdet aus, mit tiefen Falten in seinen Augenwinkeln. Früher, als er noch lachte, entstanden einige seiner schönsten Falten. Die aktuellen zeugten nur noch von viel zu viel Arbeit.
Er prostete sich selbst zu - mit dem leeren Glas in der Rechten. “Prost, alter Knabe”, sagte er still zu sich.
Klaviermusik setzte ein, eine rauchige raue Stimme kam dazu, ein Song der warm unter die Haut ging. Er fühlte sich wie das Glas in seiner Hand, kalt und leer. Wieder war ein Tag vergangen ohne richtig gelebt zu haben. Der Tod saugt an den Lebenden, jeden Tag, bis nichts mehr da ist.
Ein neuer Gast
Die Tür ging auf, kalter Wind wehte von draußen herein und brachte einen süßlichen Duft mit. Der Wirt stellte ein dickes schweres Whiskeyglas vor Miller ab und blickte neugierig auf den neuen Gast, der sich zwei Barhocker weiter hinsetzte. Miller hörte, wie sich jemand auszog. Etwas wurde achtlos über einen Barhocker geworfen. Er nippte an seinem Glas, schielte kurz zur Seite, ganz leicht zog er seine Augenbrauen hoch.
Endlos lange nackte Beine wurden übereinander geschlagen. Ein kurzer Einblick wurde ihm gewährt, denn ihr Rock war eher ein zu knapper Gürtel. Miller wunderte sich nicht, in dieser Stadt schienen nur Verrückte zu wohnen. Bei diesem miesen Wetter so vor die Tür zu gehen war nicht gerade chic. Obwohl er natürlich zugeben musste, dass sie einen wirklich schönen, fast hätte er gesagt leckeren Anblick bot.
Er schaute wieder in den Spiegel. Eigentlich wollte er sich heute Abend besaufen. Die letzten Tage waren ziemlich stressig gewesen. Zu viele Leichen die er noch verarbeiten musste lagen in den Fächern in seinem Keller. Sein Job gefiel ihm, er hatte ihn immer gerne gemacht. Wenn die Polizei ihm den Tod brachte wurde er lebendig. Er untersuchte die Leichen sehr gewissenhaft. Doch nach seiner Arbeit fiel er immer öfters in ein dunkles Loch. Die Seelen der Toten schlugen über ihm zusammen, erdrückten ihn mit ihren Geschichten.
Wie ein Rockstar, der nach seinem Auftritt allein in seiner Umkleidekabine sitzt und das eben Erlebte verarbeiten muss, so empfand Miller seinen Feierabend. Kein Mord würde jemals unbemerkt über seinen Tisch gehen. Jede Pore, jede Falte untersuchte er. Er sah die Abgründe von Menschen, sah in ihre Mägen, in ihre Köpfe und unter ihre Haut. Jedes noch so kleine Geheimnis entriss er ihren Körpern. Mit jedem Schnitt seines Skalpells kam er ihnen näher. Mit jedem Tropfen, jeder Faser, die er fand, wurde sein Blick klarer für das, was dem Menschen vor ihm auf seinem kalten stählernen Tisch passiert war.
Seine Augen waren rot, das Weiße hatte sich zurückgezogen um sich der verrauchten Umgebung in der Bar anzupassen. Die Lady in rot und der Wirt rauchten eine nach der anderen, unterhielten sich leise. Miller sah in ihnen Tumore wachsen, die er dann irgendwann herausschneiden durfte, um ihre Todesursache zu dokumentieren. Die Frau neben ihm würde sicherlich draußen erfrieren. Er schloss kurz die Augen und sah sie vor sich steif, nackt und blau auf seinem Tisch liegen.
Er nippte lächelnd an seinem Glas. Seine Kollegen mochten ihn nicht besonders. Sie fanden ihn ziemlich schräg wenn nicht sogar bizarr. Er konnte schon immer besser mit den Toten kommunizieren. Lebende redeten ihm zu viel ohne etwas zu sagen.
Ein Drink und Blickkontakte
“Spendieren Sie mir einen Drink?”
Miller drehte seinen Kopf in die Richtung von der aus mit ihm gesprochen wurde. Sie blickte nach vorne, drehte sich langsam auf ihrem Barhocker zu ihm und wechselte ihre Beinhaltung. Ihre Stimme war verrucht, dunkel und zugleich butterweich - wie Whiskey, aus einem alten, einem sehr alten Fass.
Einen Slip trug sie nicht. So viel konnte er erkennen - und auch noch einiges mehr. Sie ließ ihm die Zeit, die er brauchte, um ihre weibliche Anatomie zu studieren. Sie besaß sehr große innere Schamlippen. Die quollen etwas aus ihrer Spalte. Wie Lippen, die sich zum feuchten Kuss verformten.
Tom Waits stimmte einen neuen Song an, seine rauchige Stimme passte zum Whiskey, den Miller sich langsam über die Zunge laufen ließ. Er mochte es, wenn sie wie betäubt in seinem Mund lag, mochte es, wenn er jeden Geschmacksnerv stimulierte. Er kam sich vor wie in einem Kriminalfilm, in dem die schöne Verdächtige den Inspektor verführte, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken.
Miller nickte kurz dem Wirt zu.
Die Schenkel der Dame öffneten sich für ihn. Er erkannte ihre Erregung, dunkel rot, rosa, leicht bräunlich mit feuchtem Glanz sah er ihre geschwollenen Schamlippen. Ihre Klitoris war gut durchblutet und drückte die kleinen Falten auseinander, die sie schützten sollte. Der Wirt stellte der Schönen ein Glas Whiskey auf den Tresen. Sie nahm es in ihre schlanken Finger und führte es an ihre sinnlichen Lippen.
Miller überlegte wann er das letzte Mal Sex gehabt hatte? Es musste schon Jahre her sein. Er war doch sehr erstaunt, wie lebendig Menschen aussehen konnten. Insbesondere diese Frau. Sie schaffte es, ihn ins Leben zu holen. Stück für Stück zerrte ihr Leben an seinen toten Gedanken. Nackte Körper hatte er haufenweise vor sich auf seinem Tisch, jeden Tag wechselten sie sich ab. Doch an diesen toten Körpern fand er nichts Erotisches. Auch überkam ihn nie ein sexuelles Bedürfnis bei diesen Anblicken.
Die Toten waren wie Bücher für ihn. Aus denen er las. Er war einer der besten auf seinem Gebiet und bekam deshalb auch meistens die schwierigen Fälle zugewiesen. Nicht nur einmal deckte er einen Mord auf. Er war wie ein Spürhund, ein später Rächer für die Toten.
Ein weiches Lächeln legte sich auf den Mund der Frau, ihre Lippen glänzten feucht vom eben genommenen Schluck. Miller verfolgte ihre schlanke Hand. Sie bewegte sich nach unten und legte sich sanft auf ihr nacktes Bein. Ihre Haut war glatt und sah sehr gepflegt aus. Er mochte es, wie sie sich unter dem leichten Druck ihrer Finger ein wenig einbeulte. Sehr lebendig, sehr reizend.
Warum, so fragte sich Miller. Warum zeigte sie sich so offen? Sie war wunderschön, keine Frage. Wollte sie nur Sex? Schnellen Sex? Wollte sie ihre Lust, ein menschliches, lebendiges Bedürfnis, stillen?
In ihm wuchs der Wunsch, gedankenlos zu ihr zu gehen, sie in seine Arme zu nehmen. Ihren lebendigen pulsierenden Körper an sich drücken, ihren weiblichen Schoß mit seiner Männlichkeit auszufüllen. Wollte sie nur das?
Und er? Wollte er Sex? Nackte, warme Haut?
Er wusste nicht warum, aber genau das wollte