Daniel Siegel

MIND


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dass aufgeschlossen zu bleiben im Hinblick auf die Richtung der Kausalität und die Tatsache, dass sich diese Einflussrichtung verändern kann, äußerst wichtig ist. Miteinander verbundene Dinge beeinflussen sich wechselweise.

      Am Beispiel des Fliegens können wir sehen, dass die Schwerkraft – die selbst nicht ganz verstanden wird – die Ursache von Kräften ist, die kleinere Objekte dazu veranlasst, sich auf größere Objekte wie die Erde zuzubewegen. Ich befinde mich hier oben in diesem Flugzeug aufgrund von Kräften und strukturellen Eigenschaften der Form der Flügel, die es den Düsen ermöglichen, das Flugzeug voranzutreiben, während sie es gleichzeitig emporheben, indem sie mehr Druck unter den Flügeln als über ihnen schaffen, zu unserem Glück. Dies ist die Modalität, wie unterschiedliche Luftdrucke über und unter den Flügeln das Fliegen dieses Flugzeugs ursächlich beeinflussen. Erstaunlicherweise war es der menschliche Geist, der dies alles herausgefunden hat.

      Der menschliche Geist hat desgleichen entdeckt, dass die Schwerkraft, wie die Geschwindigkeit, relationale Prozesse – genannt Zeit – verändert. Kein Witz! Sowohl die Gravitationskräfte als auch die Geschwindigkeit verändern die relative Natur der Zeit. Das allein ist erstaunlich. Die Tatsache, dass die Neugier und das kreative Denken des menschlichen Geistes zu derart schwer zu verstehenden Entdeckungen fähig sind, ist atemberaubend. Was der menschliche Geist alles bewirken kann!

      Das Gleiche gilt für die Art und Weise, wie unser stets neugieriger Intellekt unser Verständnis komplexer Systeme ermöglicht hat. Aber im Fall komplexer Systeme könnte die Anwendung von Kausalität in einem linearen Sinne wie bei der Schwerkraft und der Geschwindigkeit nicht wirklich funktionieren. Um ein Beispiel zu nennen, eine Wolke am Himmel ist ein komplexes System, bestehend aus seinen Grundelementen, Luft- und Wassermolekülen. Eine Wolke ist komplex, weil sie den drei Kriterien – offen für Einflüsse außerhalb ihrer selbst zu sein, potenziell chaotisch und nicht linear zu sein – entspricht. Wolken werden von Wind und Sonne und verdampfendem Wasser in einer offenen Art und Weise geformt; die Wassermoleküle könnten zufällig verteilt werden; kleine Inputs führen zu großen und kaum vorhersagbaren Ergebnissen.

      Die prachtvollen und sich ständig verändernden Formen einer Wolke sind das Ergebnis der selbstorganisierenden, emergenten Eigenschaft dieses komplexen Systems aus Luft- und Wassermolekülen. Es gibt keinen Programmierer wie etwa einen Wolken-Bildner, es gibt keine Kraft wie beispielsweise die Schwerkraft, die zu besonderen Formen zu einer bestimmten Zeit führt. Das sich Entfalten von Wolken ist eine emergente, fortwährend auftretende Eigenschaft. Die Wassermoleküle sind weder ganz zufällig noch in einer geraden Linie aufgereiht.

      Die sich entfaltende Komplexität von Wolken ist das Ergebnis einer Eigenschaft komplexer Systeme: Selbstorganisation. Diese Selbstorganisation hängt nicht von einem Programmierer oder einem Programm ab. Mit anderen Worten, sie wird nicht von etwas Besonderem verursacht; sie emergiert einfach. Selbstorganisation ist eine emergente Eigenschaft komplexer Systeme, die einfach als eine Funktion der Komplexität entsteht. Als ein selbstorganisierender Prozess formt sie rekursiv das, dem sie entspringt.

      Wenn Sie nun eine Vorliebe für die lineare Vorstellung von Kausalität hegen, könnten Sie ein wenig dagegenhalten und sagen: „Nun, Dan, ist es nicht die Emergenz, welche die Selbstorganisation verursacht?“ Wenn Sie sich Emergenz als etwas vorstellen, das einfach aufgrund der Tatsache entsteht, dass ein System komplex ist, dann ist es nicht nötig, auf die Vorstellung von Kausalität zurückzugreifen. Emergenz ist einfach das, was aus dieser Art von System natürlich entsteht. Das System verursacht nicht wirklich Emergenz, sie entspringt einfach dem System.

      Selbstorganisation ist der natürliche Prozess komplexer Systeme, die dazu neigen, Komplexität zu maximieren, indem sie immer kompliziertere Entfaltungen des Systems schaffen, wenn es über die Zeit emergiert, sich selbst rekursiv formt, wenn offene Momente zuerst emergent und dann fix werden.

      Wenn Sie es natürlich vorziehen, auf linearen Wegen zu denken, die ein A-verursacht-B-Denken umschließen, könnten Sie auch sagen: „Nun, die Komplexität des Systems verursacht seine emergente Eigenschaft der Selbstorganisation, um jene Wolken auf diese Art und Weise zu formen.“ Aber wenn Sie offen für nicht-lineares Denken sind, dann würden Sie nicht wirklich so reden oder denken, sondern würden vielmehr die Erkenntnis akzeptieren, dass Selbstorganisation aus dem System emergiert. Sie wird nicht wirklich vom System auf einem linearen Wege im Sinne von „A verursacht B“ verursacht. Sie ist einfach eine Eigenschaft der Realität der Komplexität.

      Mit der emergenten Eigenschaft der Selbstorganisation liefert uns der schwer verständliche rekursive Zug Argumente dafür, nicht von der Vorstellung Gebrauch zu machen, nach der Sie sich sehnen könnten, die Vorstellung der Kausalität. Warum? Weil der Energie- und Informationsfluss, der Geist, diesen Fluss als eine Primrealität emergieren und sich dann, als ein selbstorganisierender Prozess, zurückwenden und das regulieren könnte, aus dem er entstand. Danach taucht er wieder auf, organisiert sich weiter selbst und so weiter und so fort. Was verursacht was? Selbstorganisation wird durch den eigentlichen Prozess geformt, den sie formt. Dies ist ein rekursiver Zug des Seins, wenn wir emergieren und jene eigentliche Erfahrung der Emergenz formen.

      Dies ist die Art und Weise, in welcher der Geist eine Vorstellung von sich selbst haben könnte. Sie können den Geist erfahren und ausrichten, aber Sie können ihn nicht immer kontrollieren. Der Geist ist, so lautet unser Vorschlag, eine selbstorganisierende, emergente Eigenschaft des Energie- und Informationsprozesses, der in und zwischen Ihnen, in Ihrem Körper und in Ihren Beziehungen zu anderen und zur Welt, in der Sie leben, stattfindet.

      Wie wir noch erkunden werden, gibt es eine Reihe faszinierender Implikationen im Hinblick auf die Selbstorganisation. Aber die erste Stufe, um diese Ideen zu begreifen – dies bitte ich Sie zu berücksichtigen – besteht darin, die Suche nach Kausalität abzuschwächen. Selbstorganisation emergiert einfach. Wir können sie schwächen oder sie erleichtern, aber Selbstorganisation ist ein natürlicher Prozess, der komplexen Systemen entspringt, wenn sie fließen.

      Wenn wir diesem einen Aspekt des Geistes, der Facette der Selbstorganisation, nachgehen, vergessen Sie nicht, dass wir uns manchmal selbst aus dem Weg gehen müssen, um die Selbstorganisation nicht zu behindern. In diesem Sinne, wenn wir die Dinge geschehen lassen, wie sie sagen, dann kommt es zu einem natürlichen Entstehen dieser Selbstorganisation, die keinen Anführer, keinen Programmierer, keinen Moderator braucht, um die Show zu leiten. Es besteht kein Bedarf, einen Verursacher, einen vom Dienst, einen Direktor heraufzubeschwören. Es besteht kein Bedarf, Selbstorganisation in Gang zu bringen – wenn wir den Weg freimachen, wird das System selbst auf natürliche, emergente Art und Weise sich organisieren. Aus diesem Grund könnte es hilfreich sein, über unsere Sehnsucht, kausale Beziehungen zu identifizieren, nachzudenken und sie loszulassen, zumindest zu bestimmten Zeiten, und der natürlichen Essenz der Selbstorganisation zu erlauben, sich zu entfalten.

      Mit dieser Arbeitsdefinition eines Aspektes des facettenreichen Geistes könnten wir nicht nur eng als Gruppe zusammenarbeiten, sondern als Kliniker könnte ich das Leben meiner Patienten durch neue Linsen betrachten und erfahren. Diese Sichtweise soll die zentrale Bedeutung subjektiver Erfahrung und die Art und Weise, wie wir diese in unseren engen Beziehungen teilen, nicht ersetzen, sie bietet einfach einen zusätzlichen Aspekt des Geistes an, der mit der Subjektivität verknüpft sein könnte, oder auch nicht. Obgleich wir die subjektive Beschaffenheit unseres gelebten Lebens innerhalb unseres Bewusstseins wahrnehmen, ist die Fülle der Erfahrung des Gewahrseins, wie wir sehen werden, größer als die empfundene Wahrnehmung. Geist schließt subjektive Erfahrung mit ein, das Ganze des Bewusstseins, das uns dazu befähigt, jene subjektive Wahrnehmung zu wissen und eine Informationsverarbeitung, einen Informationsfluss, der innerhalb oder unterhalb des Bewusstseins liegen kann.

      Selbstorganisation könnte mit dem Bewusstsein und seiner subjektiven Erfahrung verbunden oder auch nicht verbunden sein. Wie wir gesehen haben, ist die Art und Weise, wie wir denken und uns erinnern, uns die Welt vorstellen und Probleme lösen, und vieles andere mehr Teil der Informationsverarbeitung. Würde die Informationsverarbeitung Teil der Selbstorganisation