Lutz Gaudig

Leben wir in einer Illusion?


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Bekenstein von der Hebräischen Universität in Jerusalem, dass der Informationsgehalt eines Schwarzen Lochs nicht proportional seines Volumens ist.

      Überraschenderweise ist der gesamte Informationsgehalt nur proportional der Oberfläche des zweidimensionalen Ereignishorizontes.

      Der Ereignishorizont ist die gedachte Kugelfläche um das Schwarze Loch, hinter der jede Masse, also alle Materie, in das Schwarze Loch hineingezogen wird.

      Dies gilt auch für das Licht, sodass das Schwarze Loch nicht zu sehen ist, eben schwarz.

      So weit, so gut, aber die Erkenntnis von Bekenstein brachte nicht die Erklärung des Widerspruchs, sondern warf nur noch weitere Fragen auf.

      Die Hawking-Strahlung selbst konnte später mit den Effekten der Quantenfluktuation im Vakuum erklärt werden.

      Das Problem der Rechenergebnisse Bekensteins lag darin, dass der dreidimensionale Informationsgehalt einer Kugel viel größer ist als die Informationsmenge, die auf ihre zweidimensionale Oberfläche passen würde.

      Mathematisch stand jedoch widerspruchsfrei fest, dass die kompletten dreidimensionalen Informationen eines Sternes, hier eines Schwarzen Loches, auf dessen Ereignishorizont, einer zweidimensionalen Fläche, gespeichert sind.

      Die theoretischen Physiker Gerard’t Hooft und Leonard Susskind schlossen Ende der Neunzigerjahre vom Einzelfall eines Sternes auf das gesamte All.

      Sie postulierten, dass die vollständigen Informationen über unser Universum auf dessen gigantischer zweidimensionaler Oberfläche gespeichert sind.

      Sämtliche dreidimensionale Informationen befinden sich demzufolge auf einer Fläche, so wie bei einem Hologramm auf einem Geldschein oder einer Ihrer Kreditkarten.

      Zugegebenermaßen ist dieses Hologramm etwas größer und Milliarden Lichtjahre entfernt.

      Wie Susskind und ‘t Hooft zeigen konnten, sind die einzelnen Informationseinheiten auf der kleinsten denkbaren Fläche, der sogenannten „Planck-Fläche“, gespeichert.

      Diese wiederum entspricht etwa dem Quadrat der Planck-Länge 1,616 × 10-35 m, also etwa 2,6 × 10-70 m2, der kleinsten physikalisch möglichen Fläche in unserem Universum.

      Bleibt also die Frage: Wo steckt die fehlende Information über die dritte Dimension?

      Theoretiker vermuten schon seit geraumer Zeit, dass die Raumzeit nicht kontinuierlich verläuft, sondern körnig ist.

      Daraus folgt, sie ist quantisiert.

      Die Mindestgröße eines solchen Pixels der Raumzeit ist in etwa die Planck-Länge zur dritten Potenz, also Planck-Länge mal Planck-Länge mal Planck-Länge.

      Die fehlende Information könnte dann ganz einfach in vergrößerten Pixeln der Raumzeit gespeichert sein.

      Diese gekörnte Raumzeit wiederum würde zu Quantenfluktuationen führen, eben den Quantenfluktuationen, die in Hannover im Jahr 2008 möglicherweise gemessen wurden.

      Nun ist dies noch lange nicht der endgültige Beweis dafür, dass wir in einem holografischen Universum leben.

      Aber ein erster und ernst zu nehmender Hinweis ist es allemal.

      Sollte sich dieses Modell in nicht allzu ferner Zukunft bestätigen, können wir alles vergessen, was wir über unsere Existenz zu wissen glauben.

      Wir müssten uns neu erfinden.

      An dieser Stelle könnte ich Ihnen nicht einmal erklären, wie ich – was immer auch dieses Ich ist – als zweidimensionale Menge von Informationen eine dreidimensionale Computertastatur bedienen kann, um diese Zeilen zu schreiben.

      Vielleicht sollte ich der Einfachheit halber auf Spracherkennung umschalten.

      Wer wir sind, woher wir kommen und vor allem warum wir sind, erschließt sich uns möglicherweise ein Stück weit nach der Diskussion der nachfolgenden Seiten neu.

      Aber egal, wie wir die Fragen – jeder für sich selbst – beantworten werden, es scheint einen Grund für unsere Existenz zu geben und dafür, dass wir miteinander kommunizieren.

      Vom Faustkeil

      zur Allgemeinen

      Relativitätstheorie

      Lange vor unserer Zeit

      Nui lag auf dem Rücken.

      Die Hände unter dem Kopf, stierte er auf das flackernde Licht an der Höhlendecke.

      Er hatte Feuer wache.

      Die Sicherheit der Sippe hing von ihm ab, von dem Feuer zwischen ihm und dem Höhleneingang.

      Es durfte nicht verlöschen.

      Draußen war der Tiger.

      Anu, ihr Anführer, war tot.

      Am Morgen hatten sie ihn gefunden, unten am Fluss, das, was von ihm übrig war.

      Daneben waren die Spuren, größer als alle, die sie je gesehen hatten.

      Sie hatten sie verfolgt, die ganze Sippe sichernd nach allen Seiten.

      In der Nähe ihrer Heimathöhle verloren sie sich.

      Der Tiger war da draußen.

      Nui drehte seinen Kopf zur Seite, sah in die Glut.

      Noch eine kleine Weile, dann würde er ein paar dicke Äste nachlegen müssen.

      Ein Windstoß von draußen war f zuckend rote Schatten auf die Felswände.

      Da waren sie, die Wesen aus der Unterwelt.

      Er glaubte, Anki zu erkennen, seinen Vater.

      Aber mit dem nächsten Windhauch war er verschwunden.

      Nui drehte seinen Kopf zurück und stierte wieder zur Decke in das flackernde Dunkel.

      Je länger er versuchte, es zu durchdringen, desto deutlicher und klarer sah er Aaron, den Großen Bären, den Schöpfer der Welt.

      Wir wissen heute natürlich etwas, was Nui nicht wissen konnte.

      Nicht der Große Bär erschuf die Welt, sondern Gott.

      Und zwar in sieben Tagen (in sechs Tagen, am siebten Tag ruhte ER).

      Sein Meisterstück war Adam.

      Glaubte er zumindest.

      Und er glaubte auch zu wissen, was für Adam gut und richtig war.

      Deshalb setzte er ihn ins Paradies.

      Das Problem allerdings besteht darin, dass diejenigen, die hineingesteckt werden, das Paradies anders empfinden.

      Genau so erging es Adam.

      Es war langweilig, und er kam sich überflüssig vor.

      Gott ließ sich erweichen und schuf Eva aus Adams Rippe.

      Jedem halbwegs vernünftigen Gentechniker wird sich hier allerdings die Frage stellen, warum Eva nicht das Spiegelbild von Adam ist.

      Gott sei Dank weiß Gott mehr über Gentechnik als unsere heutigen Wissenschaftler.

      Nachdem wir nun wissen, wie die Welt entstanden ist, erkennen wir, dass der Mensch versucht, sich selbst und seine Welt um sich herum zu erklären.

      Er tut dies in Modellen.

      Für Nui und sein Volk war völlig klar, dass der Große Bär die Welt erschaffen hatte.

      Das konnten sie jeden Tag sehen.

      Denn es gab Pflanzen und Tiere, und die Sonne ging unter und wieder auf, so, wie es der Große Bär gemacht hatte.

      Und wenn sie nicht beständig Aaron dankten und ihm Opfer brachten, sandte er den Tiger oder schleuderte den Blitz.

      Für uns, die wir lesen können, ist klar, dass dies natürlich völliger Blödsinn ist.