ruhiger geworden, das irritiert mich manchmal.
Ich freue mich inzwischen, wenn du mich nervst, der Fernseher mal wieder beim 5. Programm hängen bleibt und ich nicht mehr umschalten kann. Oder wenn ich beim Telefonat mit Mama nichts mehr verstehe, weil du die Verbindung unterbrichst. Früher hat mich deine Präsenz angestrengt. Du wusstest immer alles besser, hast deine Meinung zu allem gesagt, auch wenn man dich nicht gefragt hat. Ich weiß es noch, als sei es gestern gewesen, als du bei uns zu Besuch warst, durchs Haus gegangen bist und an allem etwas auszusetzen hattest. »Die Fliesen im Hausflur SIND ABER HÄSSLICH, DIE MÜSST IHR NEU MACHEN LASSEN.«
>> KURZ EINE PAUSE, DIE SCHRIFT HAT GERADE VON TIMES AUF HELVETICA GEWECHSELT UND IM RADIO FING IM SELBEN MOMENT »SOUND OF SILENCE«, DAS DU MIR UND MAMA GANZ LAUT IM HERBSTURLAUB IM AUTO GESCHICKT HAST, AN ZU SPIELEN. DANKE PAPA, DASS DU DICH SOGAR IN MEINE TEXTE EINMISCHST UND MIT MIR SCHREIBST.
Jetzt hast du mich ganz schön rausgebracht, aber weißt du, das liebe ich so an dir. Dir ist kein Aufwand zu groß, um mir zu zeigen, dass du da bist und mich liebst.
Ein anderer Blickwinkel auf die Trauer
Papa: Es ist gut.
Ich: Nichts ist gut. Es tut so schrecklich weh. Es ist für mich nicht zu begreifen, dass du nicht zu mir zurückkommst, nicht da bist.
Papa: Ich bin bei dir.
Ich: Was machst du?
Papa: Ich lache. Ich habe Freude.
Ich: Wie kannst du lachen, wenn ich so sehr leide?
Papa: Du leidest nur, weil du nicht mit mir lachst.
Ich: Wie soll ich mit dir lachen? Ich bin nicht bei dir.
Keine Antwort.
Plötzlich wird mir leichter ums Herz. Es kommen wunderschöne Bilder in meinen Kopf und ich sehe Papas Lachen vor mir und fühle Wärme – eine Wärme von ihm bei mir.
Papa: Merkst du, dass es geht?
Ich: Ein wenig. Ich verstehe es nicht.
Papa: Das musst du nicht. Hör endlich auf, etwas verstehen zu wollen, auch bei den Einzelsitzungen. Du stehst dir damit nur selbst im Weg. Vertrauen sollst du, nicht verstehen!
Ich fühle mich ein wenig besser, aber dumpf fühlt sich mein Herz immer noch an.
Ich: So viel geweint, so viel getrauert. Ein seltsames Ding, diese Trauer. Ich begreife es nicht. Ich trauere gerade darum, dass ich dich nicht anrufen kann, deine Stimme hören, dich umarmen, mit dir lachen, etwas mit dir unternehmen kann. Papa, bitte komm ganz nah zu mir, sodass ich dich spüren kann. Mach bitte etwas, das mich überrascht, damit ich weiß, dass es nicht mein eigenes Wunschdenken ist.
Ich schließe die Augen. Es ist hell und warm, die Sonne scheint. Ich sehe eine Bank. Sie steht auf einem Wolkenmeer. Papa sitzt auf der Bank in einem hellblauen Hemd und Jeans und lächelt. Ich setze mich ganz selbstverständlich daneben.
Papa: Hier oben tut es nicht weh, oder?
Ich: Nein, hier ist es gut. Ich kann neben dir sitzen und es fühlt sich völlig harmonisch an. Ich spüre keine Sehnsucht, keine Trauer, alles ist gut, so wie es ist.
Papa: Und das ist es, was ich jeden Tag fühle. Daher tut es mir sehr leid, euch leiden zu sehen. Aber ich spüre es nicht so wie ihr. Für mich ist alles genauso, wie es ist, vollkommen, ruhig, klar und gut. Vielleicht kannst du dir das Gefühl einprägen. Dann verstehst du besser, warum, wenn es dir schlecht geht, ich mich weiter entfernt anfühle und wenn es dir gut geht, du mich näher bei dir fühlst.
Ich verändere meine Entfernung nicht. Du bewegst dich von mir weg, wenn du leidest. Du gehst dann in deine eigene Welt und bist auf einer anderen Ebene als ich. Nicht für dich ist es schwerer, mir nah zu sein, sondern für mich ist es viel schwerer, dich zu erreichen oder dir Botschaften zu schicken.
Du musst dich jetzt nicht schuldig fühlen, weil es dir schlecht geht. So war das nicht gemeint. Ich kenne dich ja. Es ist nur eine Zeitfrage, dann geht es dir wieder besser. Und du weißt: Bei uns existiert keine Zeit. Daher fühl dich bitte mir gegenüber nie schuldig. Wenn du gerade den Prozess des Trauerns brauchst, dann ist das völlig in Ordnung.
Ich: Denkst du noch manchmal an die Vergangenheit und alle Erlebnisse, die wir zusammen hatten?
Papa: Es ist kein Denken in dem Sinne, wie du es machst. Es ist eher ein gespeichertes Erleben. Ich habe alle Erinnerungen quasi als simultan abgespeichert in meinem ›Inneren‹. Es fühlt sich so an, als ob ich auf alles, was ich in meinem Leben erlebt habe, gleichzeitig und in gleicher Intensität wie damals zugreifen kann und alles immer vorhanden ist. Auch alles, was ich verdrängt hatte.
Ich: Danke Papa, ich verstehe es nun viel besser und ich kann es fühlen.
Alles ist vollkommen
Ich: Papa, bist du noch jemals traurig?
Papa: Nein, das bin ich nicht.
Ich: Wie geht das?
Papa: Indem ich alles überblicken und verstehen kann.
Ich: Das möchte ich auch gern können.
Papa: Das kannst du.
Ich: Wie meinst du das?
Papa: Du kannst es, wenn du willst. Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, kannst du nicht traurig sein. Sag mir ein paar Dinge, die dich traurig machen.
Ich: Dass Marcel (mein Mann) und ich so wenig Zeit füreinander haben, dass ich dich nicht mehr anrufen kann, dass meine Schwester ins Ausland zieht, dass ich mich oft schwach fühle ...
Papa: Okay, fürs Erste reicht das. Mit Marcel ist es ganz einfach: Die Traurigkeit zeigt dir nur, dass du nicht auf dein Gefühl hörst, dass du es gerne anders hättest, es aber nicht veränderst. Nehmt euch Zeit füreinander, eure Kids sind schon so groß. Stelle die Arbeit hinten an. Ändere es und sofort löst sich die Traurigkeit auf.
Mich anrufen? Was tust du denn gerade? Jetzt mal ehrlich, hör auf, dir selbst etwas vorzumachen.
Nächster Punkt: deine Schwester. Du weißt ganz genau, dass sie das machen muss. Warum also bist du traurig? Freue dich mit ihr und für sie. Es gibt keine Trennung, auch nicht zwischen den Kontinenten, das muss ich dir ja wohl nicht erklären.
Der letzte Punkt ist ähnlich wie der erste: Die Traurigkeit deinem eigenen Zustand gegenüber zeigt dir nur, dass du etwas verändern musst. Wenn du das ignorierst, dann kommen ›unangenehme‹ Gefühle oder auch Schmerzen. Mache etwas Schönes, genieße den Alltag, freue dich über Dinge, lache und vor allem stresse dich nicht mehr mit deinen eigenen Ansprüchen.
Ich: Das hört sich alles verdammt leicht an, wenn du das sagst.
Papa: Beschließe jetzt und sofort, dass es einfach ist. Das heißt nicht, dass es immer und sofort klappt. Du stolperst auch mal, du bist auch mal wieder traurig, aber beschließe, dass es einfach ist, es so zu sehen, wie ich es tue. Ich helfe dir.
Verstorbene
»Wenn jemand stirbt,
verändert sich alles.
Und doch bleibt das Wichtigste gleich –
das Band der Liebe.«
Wenn ein Mensch stirbt, ist seine Seele frei. Das Materielle, der Körper, ist vergänglich, die Seele ist Ewigkeit. Die geistige Welt zeigt mir die Seelen alle ähnlich, beim Tod unterscheiden sich jedoch die Empfindungen abhängig von der Todesart oder Todesursache.
Wenn ein Mensch an einer langen, schweren Krankheit litt und immer schwächer wurde, berichten