David Treleaven

Traumasensitive Achtsamkeit


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die Menschen dabei helfen soll, sich mit ihren Ängsten auseinanderzusetzen.68 Entwickelt von Edna Foa, einer Professorin, die sich auf die Behandlung von Angstzuständen spezialisiert hat, werden Klienten in der Konfrontationstherapie bestimmten Stimuli ausgesetzt, mit dem Ziel, ihre übermäßige Angst besser bewältigen zu können.69 Wie bei der Achtsamkeit werden Menschen dazu ermutigt, sich den schwierigen Dingen zu stellen. Jemand, der Angst vor Hunden hat, kann sich in Übungen einen Hund vorstellen – oder sich sogar physisch mit einem Hund konfrontieren. Dies findet üblicherweise in einem neutralen Raum statt, in dem der Klient normalerweise damit anfängt, sich einen Hund vorzustellen, sich Bilder anzusehen und sich langsam an die tatsächliche Konfrontation mit einem Hund heranzutasten.

      Konfrontationstherapie ist eine der am besten untersuchten Methoden bei der Behandlung von PTBS. Obwohl die Forschung gezeigt hat, dass sie bei der Behandlung von PTBS effektiv ist, ist sie umstritten: die Abbruchrate ist tendenziell hoch, und nur ein Drittel der Personen, die an den Studien teilnahmen, wiesen einige Verbesserungen ihrer Traumasymptome auf.70 Ob Konfrontationstherapie die Traumasymptome auslöscht oder schlicht die emotionale Sensitivität abstumpft, ist ebenfalls eine wichtige Frage.71 Was ich hier sagen möchte, ist, dass Konfrontation eine Rolle beim Üben von Achtsamkeit spielt und idealerweise die eigene Toleranz gegenüber traumarelevanten Stimuli erhöht, was wiederum bei der Integration des Traumas helfen kann.

      Eines Nachmittags, als Nick mit Connor auf dem Spielplatz war, wurde er durch den Anblick eines Vaters, der seinen Sohn heruntermachte, getriggert. Nick spürte, wie in seinem Bauch Wut und Angst aufwallten. Er verspürte das starke Bedürfnis, zu dem Vater hinüberzugehen und ihm einen Kinnhaken zu verpassen. Aber dann hielt Nick inne. Er atmete tief ein und schloss die Augen, während er auf der Parkbank saß. Auch wenn es ihm viel abverlangte, seine Emotionen und Empfindungen zu tolerieren, waren sie doch auszuhalten. „Dranbleiben“, sage er sich selbst. „Renn vor diesen Gefühlen nicht davon.“72 Er erlaubte sich selbst, die Hitze in seinem Magen zu spüren und die Panik, die ihm durch die Schultern schoss. Nach einer Minute öffnete Nick seine Augen. Er sah sich im Park um und sah Connor glücklich im Sand spielen. Er fühlte sich mitgenommen, aber präsent. Achtsamkeit hatte anscheinend seine Fähigkeit erhöht, Gefühle, die einst zutiefst quälend gewesen waren, zu tolerieren.

      Wie ich in Kapitel 5 zeigen werde, ist diese Form der Konfrontation nur dann von Nutzen, wenn die Person das, womit sie konfrontiert ist, auch aushalten kann. Wenn Nick achtsam mit seiner extremen Wut umgegangen und dann von ihr übermannt worden wäre, hätten schlichte Achtsamkeitsanleitungen wahrscheinlich nicht mehr ausgereicht. Er hätte etwas anderes gebraucht. Aber Konfrontation kann Traumaüberlebenden einen konstruktiven Dienst erweisen, wenn sie in einer sicheren Umgebung mit Achtsamkeit gepaart wird.

      EIN ZWEISCHNEIDIGES SCHWERT

      Bis jetzt habe ich mich ausschließlich auf den potenziellen Nutzen von Achtsamkeit für Traumaüberlebende konzentriert. Die drei Komponenten der Selbstregulation – Aufmerksamkeitsregulation, Körpergewahrsein und emotionale Regulation – sowie duales Gewahrsein und Konfrontation helfen alle, unsere Kapazität für Traumaintegration zu erhöhen. Aber wie steht es um die allgemeineren Risiken von Achtsamkeit? Wie ich bereits angedeutet habe, gibt es im Zusammenhang mit Trauma bestimmte Risiken, derer wir uns als Teil unserer Meditationspraxis bewusst sein müssen.

      Um dies weiter zu verdeutlichen, lassen Sie uns zu Nick zurückkehren. An einem frühen Abend, als Tara und Connor fort waren, um Taras Familie zu besuchen, setzte sich Nick auf den Wohnzimmerboden, deckte sich mit einer Decke zu und beschloss, Einzelmeditation auszuprobieren. Er begann mit einigen einfachen Anleitungen, die er online gefunden hatte: Er konzentrierte sich auf seinen Atem und nahm sich vor, zu seinem Atem zurückzukehren, wann immer sein Geist zu wandern begann. Zehn Minuten später wurde Nick jedoch von extremer Unruhe erfasst. Er erlebte eine Reihe von gewohnten Flashbacks mit seinem Vater und dem Gefühl, in Gefahr zu sein. Immer wieder öffnete er seine Augen, um sich zu vergewissern, dass niemand im Raum war, aber sobald er die Augen wieder schloss, kamen die verstörenden Bilder sofort zurück.

      Nick hatte Fortschritte mit Achtsamkeit gemacht. Er konnte immer mehr Mitgefühl mit sich selbst und seiner Familie empfinden und hatte das Gefühl, mehr Kontrolle über sein Leben zu gewinnen. Er hatte auch ein Interesse an Meditation bekundet, aber angesichts der Intensität seiner Symptome – seine Flashbacks und seine intensive Wut – hatte ich ihm geraten, vorerst die Finger von jedweder Form von Einzelmeditation zu lassen. Ich wollte, dass er sich stabiler fühlte, bevor er diesen Schritt unternahm. Aber aus Nicks Sicht war er bereit dazu. Er war überzeugt, dass mehr Achtsamkeitspraxis nur positive Resultate hervorbringen konnte. Er wollte seine Fähigkeiten zum Wohle seiner Familie vertiefen.

      Nick machte weiter, und trotz seines Leids war er entschlossen, durchzuhalten. Er probierte einige der Techniken aus, die wir zusammen in meiner Praxis durchgeführt hatten, indem er seine Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Weise verlagerte. Aber letztendlich musste er erkennen, dass er feststeckte. Jede Minute, die er in Meditation verbrachte, intensivierte nur seine emotionale Alarmbereitschaft. Sein Atem war flach, er schwitzte, und das Gefühl, das ihn jemand schlagen wollte, ließ nicht nach. Er schmiss seine Decke quer durch das Zimmer und stampfte gereizt in die Küche. Er öffnete eine Flasche Bier, schaltete schamerfüllt den Fernseher ein.

      Nicks Erfahrung zeigt eine der Fallen, die Achtsamkeitsübungen für Traumaüberlebende bereithalten können: die Überbeachtung traumatischer Stimuli. Indem Traumaüberlebende achtsame Aufmerksamkeit auf das richten, was sich schwerpunktmäßig in ihrem Bewusstseinsfeld befindet, neigen sie natürlich dazu, sich an Überbleibsel ihres Traumas anzudocken. Dies kann aufwühlende Flashbacks oder bestimmte Empfindungen auslösen, die mit überlebenssichernden Reaktionen wie der Kampf-oder-Flucht-Reaktion verbunden sind. Es ist schwer, dem Impuls zu widerstehen, diesen Stimuli Aufmerksamkeit zu schenken.

      Für Traumaüberlebende kann das schnell zu viel werden. Um traumatische Symptome steuern zu können, brauchen Menschen, die traumatischen Stress erleben, mehr als bloße Achtsamkeitsanleitungen, um innerlich wachsen zu können. Sie brauchen spezifische Anpassungen ihrer Achtsamkeitspraxis; idealerweise werden sie von einem erfahrenen Traumaexperten begleitet. Ohne diese Begleitung kann sich Achtsamkeitsmeditation als Falle erweisen. Egal wie ernsthaft Traumaüberlebende Achtsamkeit üben – es kann passieren, dass sie in einen Traumastrudel gerissen werden. Sie benötigen Werkzeuge, die ihnen dabei helfen, sich sicher und stabil zu fühlen und ihnen die Fähigkeit zur Selbstregulation geben.

      Eine meiner Freundinnen erzählte mir eine Geschichte, die sich hier als Metapher anbietet. Sie hatte einen Tauchkurs belegt, in dem man lernen sollte, mit typischen Herausforderungen unter Wasser zurechtzukommen – wie zum Beispiel, wenn einem der Sauerstoff ausging oder die Taucherbrille vom Gesicht rutschte. Unter den verschiedenen Szenarien, die einem widerfahren konnten, war das gefährlichste, sich in einem Feld aus Meeresalgen zu verstricken. Wenn dies geschieht, geraten die meisten Taucher in Panik und beginnen sich hektisch zu bewegen. Aber das macht die Sache nur noch schlimmer. Durch Herumzappeln verheddert man sich nur noch mehr in den langen Algenranken, was zu angsterregenden – sogar tödlichen – Konsequenzen führen kann.

      Traumaüberlebende, die Achtsamkeit praktizieren, können sich im übertragenen Sinne in einem Feld aus Meeresalgen wiederfinden. Dadurch, dass sie ihrer Augenblickserfahrung bewusste Aufmerksamkeit schenken, bringen sie sich natürlich mit Traumastimuli in Berührung – also Bildern, Erinnerungen oder Gefühlen wie etwa Immobilität und Rage. Diese Stimuli können unausgesprochene Familiengeheimnisse, das Erbe traumatischer Gewalt oder eine andere der vielen Formen, die Trauma annehmen kann, zum Vorschein bringen. Wenn Traumaüberlebende ihrem Körper und Geist ausdauernd genügend Aufmerksamkeit schenken, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie dem Trauma, das in ihnen lebt, begegnen werden.

      Das kann eine gute Entwicklung sein – wenn ein Traumaüberlebender darauf vorbereitet ist. Durch das Erkennen traumatischer Stimuli kann ein erster Schritt unternommen werden, sich mit ihnen zu befassen. Allerdings liegt darin auch ein weiteres Problem. Wenn sich Traumaüberlebende in einem Algenfeld traumatischer Erinnerungen wiederfinden, bevor sie ausreichend darauf vorbereitet sind, kann es zur Panik kommen. Sie können sich in Gedanken, die auf sie eindringen, körperlichen Symptomen und unberechenbaren