Eckart zur Nieden

Der verschwundene Brief


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       Eckart zur Nieden

       Der verschwundene Brief

      Roman

      Inhalt

       Cover

       Titel

       Impressum

       Prolog

       Kassel, März 1941

       Kassel und Umgebung, 75 Jahre später

       Montag, 6. Juni

       Dienstag, 7. Juni

       Mittwoch, 8. Juni

       Donnerstag, 9. Juni

       Freitag, 10 Juni

       Samstag, 11. Juni

       Sonntag, 12. Juni

       Montag, 13. Juni

       Dienstag, 14. Juni

       Mittwoch, 15. Juni

       Donnerstag, 16. Juni

       Freitag, 17. Juni

       Samstag, 18. Juni

       Sonntag, 19. Juni

       Weitere Bücher

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

       detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      ISBN 978-3-86506-958-0

      © 2017 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

      Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

      Titelfoto: fotolia spql

      Satz: Brendow Web & Print, Moers

      E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

       www.brendow-verlag.de

Prolog

      Daniel schreckt aus dem Schlaf.

      Was ist los? Was hat ihn geweckt?

      Da ist es wieder – lautes Poltern unten an der Haustür. Rufe, die Daniel aber nicht verstehen kann, weil sein Fenster nicht zur Straße, sondern hinten hinausgeht.

      Aber es ist auch nicht nötig, dass er die Rufe versteht. Wenn jemand mitten in der Nacht so laut Einlass verlangt, dann kann es nur die Gestapo sein.

      Daniel springt aus dem Bett und beginnt, sich in fliegender Eile anzuziehen.

      Jetzt ist er also da, der Augenblick, den er längst erwartet hat. Seine Mutter wollte es ja nicht wahrhaben. Obwohl hinter vorgehaltener Hand oft genug davon gesprochen wurde. Und Joschi aus seiner Klasse, auch ein Jude, ist schon seit Wochen nicht mehr in die Schule gekommen. Niemand weiß, wo er ist.

      Als Daniels Vater noch lebte, hat er gemeint, wenn sie der Kirche beiträten, könnte ihnen nichts passieren. Er hatte ihn auch oft zu dessen Freund Hans Droste geschickt, damit er da im evangelischen Pfarrhaus möglichst viel über das Christentum lernen konnte. Er meinte, das würde es glaubwürdiger machen, dass sie nun keine Juden mehr seien. Er wollte nicht begreifen, dass die Nazis nicht an der Religion interessiert waren. Denen ging es um die Abstammung.

      „Frau Grüntal?“

      Jetzt sind sie offenbar im Haus. Seine Mutter hat sie hereingelassen. Was sie jetzt antwortet, kann Daniel nicht verstehen. Ihre Stimme ist leise und ängstlich.

      Hätte seine Mutter nur auf ihn gehört! Aber seit Vaters Tod ist sie so merkwürdig unentschlossen. Immerhin hatte sie zugestimmt, dass Daniel die Wertsachen versteckte, wenigstens die beweglichen, die kostbaren Bilder und den alten wertvollen Schmuck und Vaters Münzsammlung. Aber weiter wollte sie nicht gehen, fliehen wollte sie nicht.

      „Ihr Sohn?“, hört Daniel die Männer fragen.

      „Ich hole ihn“, sagt seine Mutter, nun etwas lauter. Vielleicht will sie so verhindern, dass die Polizisten selbst hinaufgehen.

      Daniel ist mit allem fertig. Angezogen ist er, der Rucksack liegt bereit, und das Seil hat er um den mittleren Holm des Fensters geschlagen.

      Er hat es seiner Mutter gesagt: Wenn wir nicht zusammen fliehen, dann fliehe ich alleine. Sie wollte ihm das ausreden. Als ob er noch ein Kind wäre! Aber er ist sechzehn, fast siebzehn!

      Damals, als er bei Drostes im Pfarrhaus war und mit seinem Freund Hans romantische Pläne schmiedete, da war er dreizehn, dann vierzehn gewesen. Da wäre so eine Flucht wohl ziemlich aussichtslos gewesen. Spielerei. Aber jetzt …

      Seine Mutter kommt herein.

      Bleich, mit Tränen in den Augen, steht sie nur da und sagt nichts. Daniel umarmt sie wortlos.

      „Sie sind da. Sie … du hattest recht …“, stottert sie.

      „Ich weiß, Mutter. Ich bin vorbereitet.“ Er deutet auf das Fenster. „Willst du nicht doch noch schnell …“ Sie schüttelt den Kopf. „Ich soll dich holen.“

      „Sag ihnen, ich sei nicht da. Vielleicht noch nicht vom Besuch bei Freunden zurück oder so. Natürlich nehmen sie das nicht einfach hin, sie werden selbst heraufkommen. Aber es verschafft mir etwas Zeit. Ich brauche nur zwei oder drei Minuten.“

      Seine Mutter legt die Hand an seine Wange. „Gott mit dir, mein Sohn!“

      Während er sich den Rucksack auf den Rücken wirft, sagt er: „Unser alter Gott oder unser neuer?“ Da merkt er, dass das ironisch klingt, aber so hat er es nicht gemeint, und er fügt hinzu: „Ich weiß, es ist wohl derselbe.“

      „Gott behüte dich!“

      „Und