Группа авторов

Jahrbuch der Baumpflege 2021


Скачать книгу

der Bäume“ problematisiert?

      Allerdings: Wenn es im Untergrund mal wirklich ganz eng wird, ist es durchaus möglich, dass eine Leitung direkt unter einem alten Baum „durchgeschossen“ werden soll. Das Schutzrohr wird’s schon richten und grundsätzliche Bedenken werden „weggewogen“. Wollen die „Baumleute“ hin und wieder einen Baum direkt auf eine Leitung pflanzen, gilt dies immer noch als Sakrileg. Obwohl es durchaus Argumente für eine solche Platzierung gibt und auch hier ein Schutzrohr dem Baum nicht schaden würde …

      Technische Fragestellungen im Zusammenhang von Bäumen und Leitungen können nur mit bautechnischen oder vegetationstechnischen Mitteln gelöst werden, der Verzicht auf Bäume ist grundsätzlich keine Alternative.

      In diesem Kontext sollen auch Ausführungen des Bundes verwaltungsgerichtes bezüglich der Bedeutung von DIN-Normen nicht verschwiegen werden. In seinem Urteil führt das Gericht u. a. aus:

      „Zwar kann den DIN-Normen einerseits Sachverstand und Verantwortlichkeit für das allgemeine Wohl nicht abgesprochen werden. Andererseits darf aber nicht verkannt werden, dass es sich dabei zumindest auch um Vereinbarungen interessierter Kreise handelt, die einen bestimmten Einfluss auf das Marktgeschehen bezwecken. Den Anforderungen, die etwa an die Neutralität und Unvoreingenommenheit gerichtlicher Sachverständiger zu stellen sind, genügen sie deswegen nicht.“ (BRELOER 2004).

      Die ungewöhnlich ausführlich erscheinende, aber in Wirklichkeit doch nur stichpunktartige Abhandlung der vorstehenden Kapitel verdeutlicht, dass

      die Versorgung der Bevölkerung mit Energie und Wasser sowie die Entsorgung von Abwässern durch den Betrieb entsprechender Einrichtungen

      sowie

      die Versorgung der Bevölkerung mit Frischluft und die Entsorgung von Luftschadstoffen durch die Pflanzung und Erhaltung von Bäumen und Grünanlagen

      gleichwertige Rechtsgüter sind.

      Da Baumwurzeln wahrscheinlich den Bereich von Ver- und Entsorgungseinrichtungen meiden würden, wenn für deren Ummantelung ein sehr dichtes, grobporenarmes Material verwendet würde, sollten die Voraussetzungen für entsprechende Erprobungen geschaffen werden. Wahrscheinlich ist es gar nicht so schwierig, Wurzeln so zu dirigieren, wie es die Gegebenheiten in unseren Straßen nahe legen (HEIDGER 2002). Vielleicht liegt ein weiterer Lösungsansatz auch in der optimierten Verdichtung des die Leitungen ummantelnden Bodengemisches.

      Beispiele aus Aufgrabungen belegen, dass weniger als einen Meter von den Stämmen alter Platanen entfernt, unter einer Fahrbahn aus Großsteinpflaster, nicht eine nennenswerte Wurzel gefunden wurde. In anderen Fällen waren sie, 15 m oder weiter vom Stamm entfernt, noch armdick.

      Zur Minimierung der Probleme können die „Baumleute“ dadurch beitragen, dass sie in der Nähe von Ver- und Entsorgungseinrichtung auf die Verwendung von Baumarten, die bekanntermaßen über eine hohe Wurzelenergie verfügen, verzichten. Für Pappeln, Weiden und Platanen können trotz des im vorstehenden Absatz erstgenannten Beispiels bestimmt andere Standorte gefunden werden, als ausgerechnet neben einer sensiblen Versorgungseinrichtung.

      3 Der Nutzen von Vereinbarungen

      3.1 Zusammenarbeit ersetzt Konfrontation

      Wir wären unseren dienstlichen Verpflichtungen und unserer beruflichen Verantwortung nicht gerecht geworden, wenn wir wegen der „Störfaktoren“ resigniert und uns von einem wichtigen Thema wegen „Unlösbarkeit“ abgewandt hätten. So war es selbstverständlich, dass die Zusammenarbeit zwischen den „Technikern“ und den „Baumleuten“ weitergeführt und im Laufe der Zeit noch intensiviert wurde.

      Die auf Initiative des Tiefbauamtes erfolgte Einrichtung der Arbeitsgruppe „Bäume und Leitungen“ brachte die verschiedenen Interessen wieder an einen Tisch. Vertreter der involvierten Geschäftsbereiche der Stadtwerke Osnabrück AG, des Tiefbauamtes und des Grünflächenamtes arbeiteten die aktuellen Fragestellungen systematisch auf.

      Das Ziel war, eine Vereinbarung zu treffen, in der die in der Praxis auftretenden Fragestellungen grundsätzlich geregelt werden sollten.

      Ein erster, aber wichtiger Schritt war, dass man wieder begann, die Sorgen der jeweils anderen Seite ernst zu nehmen und der entsprechenden Sichtweise mit Respekt zu begegnen. Das bedeutete nicht, dass Sachargumente und Tatsachen tabuisiert worden wären, weil sich sonst jemand hätte provoziert fühlen können.

      Wir „Baumleute“ haben uns bemüht, den technischen Kollegen zu vermitteln, dass die Bäume nur das umsetzen, was sie im Laufe der Evolution „gelernt“ haben, dass sie ihre Grenzen haben und, dass es trotz aller Regelwerke nicht die Schuld der Bäume ist, wenn sich Probleme zwischen Bäumen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen und sonstiger technischer Infrastruktur ergeben.

      Aber auch wir haben einiges gelernt, über Materialeigenschaften unterschiedlicher Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Unterhaltungsprobleme, Beschädigungen und Sorgen bezüglich persönlicher Haftung bei Unfällen, insbesondere nach dem tragischen „Gasunfall von Viersen“. Unglücklicherweise explodierte etwa zur gleichen Zeit auch in Osnabrück eine Gasleitung, bei der ein Mensch schwer verletzt wurde und hoher Sachschaden entstand. In diesem Falle stand aber kein Baum in der Nähe!

      Aus verschiedenen Gründen, die durchaus nachvollziehbar vorgetragen wurden, konnten die Kollegen der Stadtwerke an der angestrebten schriftlichen Fixierung unserer Vereinbarungen nur auf der Basis des oben erwähnten Merkblattes mitwirken. Wir haben uns zwischenzeitlich damit arrangiert und festgestellt, dass die Zusammenarbeit auf beiden Seiten aufgrund der Absprachen problemloser vonstatten geht als je zuvor. Auch die Frage der Kostenübernahme für die Installation von Schutzeinrichtungen für Leitungen ist akzeptabel nach dem „Verursacherprinzip“ geregelt.

      3.2 Internationale Zusammenarbeit

      So wie die Bäume in fast allen Städten der Welt mehr oder weniger eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten besitzen, sind auch die Probleme, die sich aus der Nachbarschaft von Bäumen und Ver- und Entsorgungseinrichtungen ergeben können, zumindest innerhalb Europas ähnlich.

      Auf EU-Ebene wurde diese Situation erkannt und war Anlass für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe bei der damaligen COST Action C3 (COST = Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung). Aufgrund der von dieser Arbeitsgruppe dargestellten Perspektiven wurde im Jahre 2001 eine neue COST Action vereinbart, sie trägt die Bezeichnung C15.

      Ihr Titel ist Programm: „Technical infrastructure and vegetation – improving relations and preventing conflicts by an interdisciplinary approach”, zu deutsch: „Technische Infrastruktur und Vegetation – Verbesserung der Beziehungen und Verhinderung von Konflikten durch eine interdisziplinäre Betrachtungsweise“.

      COST Action C15 gliedert sich in die Arbeitsgruppen: A – „Utilities and urban vegetation“ (Versorgungseinrichtungen und Stadtvegetation) B – „Transport infrastructure and vegetation“ (Verkehrsinfrastruktur und Vegetation) C – „Buildings and urban vegetation“ (Gebäude und Stadtvegetation)

      Allen Arbeitsgruppen gehören neben Experten aus Wissenschaft und Praxis der betroffenen technisch-stadtplanerischen Fachgebiete Fachleute aus der „Grünen Branche“ aus etlichen europäischen Ländern an.

      In der Arbeit der COST Action C15 spiegelt sich eine Erfahrungen wieder, die in der Osnabrücker Arbeitsgruppe „Bäume und Leitungen“ bereits gemacht wurden: Je intensiver man über die Problemstellung anderer Disziplinen informiert ist und sie versteht, um so eher können Lösungsansätze gefunden werden und sei es auch nur der, zu erkennen, dass weiterer Forschungsbedarf gegeben ist.

      Wie schnell sicher geglaubte Thesen durch neue Erkenntnisse in Frage gestellt werden müssen, zeigte sich erst jüngst: Bisher ging man davon aus, dass Baumwurzeln in Leitungen aus PVC,