gegen den Strich, weil er mich gezwungen hat, mich wieder hinzulegen, trotz meiner Proteste (und der meiner Hebamme). Die Hebamme hatte das Entbindungsbett extra für mich hochgestellt, damit ich so entbinden kann, wie ich will, nämlich so ziemlich im Sitzen. Der Arzt hat dann dauernd kritisiert, wie ich presse (!) und dass ich keine PDA hatte. Er drohte mir damit, den Anästhesisten zu holen, sollte mein Baby nicht kommen! Ich spürte, wie die Wut in mir hochstieg, und gleichzeitig kämpfte ich mit den ständigen Wehen. Mir ist sogar kurz durch den Kopf gegangen, vom Bett zu steigen, den Kreißsaal zu verlassen und dann so zu gebären, wie ich es wollte! Bis dahin war alles so gut gelaufen. Ich dachte, dass dieser Arzt alles kaputt macht, dass er mir die Geburt meines Kindes ›raubt‹. Also habe ich beschlossen, mich unterzuordnen, um meinem Baby zu ermöglichen, auf die Welt zu kommen. Hatte ich denn eine Wahl?
Ich hatte diesem Arzt gegenüber lange ein Gefühl der Verbitterung. Später habe ich ihm übrigens auch gesagt, dass ich seine Haltung unmöglich fand.«
Wann erkennen wir endlich, wie gut die Geschlechter sich ergänzen?
Es steht zu hoffen, dass eine neue Generation von Geburtshelfern und Hebammen sinnvoll mit dem Platz und der Rolle des Einzelnen umgeht, um das Geburtsklima zu verbessern. Die werdenden Mütter, die Eltern sollten doch nicht die Kosten tragen müssen für den Kampf oder die Unterwerfung der einen oder anderen! Mancher Eingriff hilft und rettet Leben. Dafür sollten wir dem medizinischen Fortschritt dankbar sein. Aber sind denn all die Dammschnitte, Kaiserschnitte und Geburtseinleitungen wirklich gerechtfertigt?
Wir sind weit weg von der Dimension des Heiligen bei einer Geburt: Die Ankunft eines Kindes, das ist doch keine Blinddarmoperation!
Es gibt Ärzte und Hebammen, die sich trauen zu sagen, wie schwer es manchmal ist, eine Geburt einfach nur zu begleiten, nachdrücklich da zu sein, zu warten, vor sich selbst Rechenschaft abzulegen, die Stille hinzunehmen, dem Anderen zuzuhören, seine Wünsche zu respektieren und nicht die eigenen Ängste hineinzuprojizieren. Manche Entbindungsstationen entscheiden sich zum Glück dafür, die natürliche Seite der Geburt zu berücksichtigen. Warum nicht alle? Die wesentlichen Eigenschaften derer, die das Leben ins Leben begleiten, sind: demütig sein, einfühlsam sein, offen sein, und vor allem dem Leben vertrauen.
Jemanden bei einer Entbindung zu begleiten, bedeutet mehr Sein als Machen. Die Geburt eines Menschen ist etwas, das uns tief berührt, auch wenn es zu unserem Alltag gehört. Sie löst Reaktionen aus und stellt die Frage nach unserem Platz mitten im Universum. Das Erlebnis Geburt hat eine viel stärkere Wirkung, als wir annehmen. Von dieser Erfahrung hängt die Zukunft des Kindes, der Mutter, des Vaters und vieler folgender Generationen auf diesem Planeten ab.
Marie-Pierre
»Ich nehme mein Kind, wir lernen uns kennen, aber mir fehlt das Erleben der Geburt, das allmähliche Vorankommen. Da ist eine Leerstelle. Ich habe versucht, mir die Entbindung ins Gedächtnis zu rufen. Aber jedes Mal, wenn ich daran dachte, kamen mir die Tränen. Mir wurde das Herz schwer, und ich war unglaublich traurig. Ich hatte mich in die Hände der Ärzteschaft begeben, ohne sagen zu können, was ich wollte. Erst bei der zweiten Geburt habe ich mich wirklich als Mutter gefühlt, denn ich hatte die Kraft, Nein zur Betreuung durch einen Arzt zu sagen. Alles ist gut gegangen. Dieses Mal hat man mir die Geburt meines Kindes nicht gestohlen.«
Ist uns immer bewusst, dass jedes Kind, das bei seiner Geburt richtig begleitet und empfangen wird, später bessere Aussichten auf ein ausgeglichenes Leben hat?
Nadège
»Schlussendlich keine PDA (die ich vermeiden wollte) und kein Dammschnitt, nur ein kleiner Riss. Man hatte mir ein Baby mit 3500 g Gramm angekündigt. Letztendlich wog Jade dann 3190 Gramm und maß 51 Zentimeter.
Meine Schlussfolgerung: Ich bin sehr froh, den Yoga–Kurs gemacht zu haben. Ich hatte in den zwei Wochen vor der Geburt täglich die Übungen gemacht, und ich bin sicher, dass sie mir geholfen haben. Ich denke, die Vorbereitung ist entscheidend, weil im Ernstfall dann Automatismen die Oberhand gewinnen.«
Wir wissen alle, dass schlechte Erlebnisse bei der Geburt verhängnisvoll für eine Familie, ja für Generationen sein können. Man hatte Marie-Pierre eine PDA aufgezwungen, ohne wirkliche Notwendigkeit: Es sollte einfach schneller gehen.
Denken und handeln wir so, dass andere Frauen diese Erfahrung nicht auch machen, die für Mutter und Kind manchmal wirklich dramatisch sein kann.
Nur noch wenige Frauen nehmen heutzutage während der Schwangerschaft nicht irgendwelche Medikamente, Vitamine, Eisen, Magnesium, Krampflöser … Und nur noch wenige Frauen lassen sich nicht beeinflussen: Viele akzeptieren die PDA lange vor der Entbindung, lassen sich einen Termin für diese Entbindung aufdrängen, was ja bequemer ist als die unvorhersehbare Natur. Viele geben nach, wenn man ihnen vorschlägt, einen Wehentropf anzuhängen, auch wenn es gar keine Eile hat. Ist das wirklich immer notwendig?
Beeinflusst man die werdende Mutter nicht bereits, wenn man ihr gleich beim ersten Termin die Frage stellt: »Wollen Sie eine PDA?« und im Falle der Verneinung hinzufügt: »Sie möchten also lieber leiden!«?!
Warum ist es nur so schwer, Frauen, die es wollen, eine natürliche Geburt in Sicherheit zu ermöglichen?
Zur Welt kommen
Bei uns beginnt alles mit der Geburt und endet mit dem Tod. Das Leben ist ein Übergang: Big Bang, das Universum wird vor Milliarden von Jahren geboren, Galaxien, Sterne, die Erde, Kontinente, das Leben auf der Erde, die ersten Menschen, dann wir – und eines Tages folgt ihr Tod.
Dominique
»Drei Jahre zuvor hatte ich mein erstes Kind zur Welt gebracht, mit PDA. Der Drang zu pressen war nicht sehr ausgeprägt, daher sicher auch die Zangengeburt und ein ziemlich langer Dammschnitt. Mindestens drei Wochen lang konnte ich mich deshalb nicht normal hinsetzen! Während meiner zweiten Schwangerschaft ist darum der Wunsch gereift, eine andere Erfahrung zu machen, doch endlich etwas mehr herauszufinden über die ›Kunst des Gebärens‹. Mit diesem Wunsch kam der Wille, mich zur Handelnden bei der Geburt meines Kindes zu machen.«
Ob Mann oder Frau, wir erleben es am eigenen Körper, der ein Echo des großen Ganzen ist, Echo des Universums und der Mutter Erde, die jedes Jahr der Natur mit dem Ablauf der Jahreszeiten das Leben schenkt.
Wir erleben die Geburt beziehungsweise Ankunft als Aufruf, den wir alle auf unterschiedlichen Ebenen erlebt haben. Zuerst einmal haben wir sie über den Körper unserer Mutter erlebt, zu Beginn unseres Lebens auf dieser Erde. Uns allen ist dieses Erlebnis gemein, das irgendwo in uns vergraben ist. Beim Durchlaufen verschiedener Etappen des Lebens kommen wir dann auf verschiedenen Daseinsebenen an: vom Körperlichen geht es zum Emotionalen, vom Psychischen zum Spirituellen. Traditionell spricht man von einer Neugeburt alle sieben Jahre.
Was eine Geburt ausmacht, können wir auch nachempfinden, wenn wir verbunden und in Harmonie sind mit einem Paar oder einer Mutter, die ein Kind erwartet, ob wir sie nun kennen oder nur auf der Straße ihren Weg kreuzen. Und alle Mütter erleben das sehr konkret am eigenen Leib.
Für die werdenden Väter gibt es eine ganze Palette an Möglichkeiten, um das Warten auf ihr Kind und seine Geburt zu erleben. Vom Vater, der die Mutter begleitet, indem auch er zunimmt, bis zum Vater, der sich erst im Augenblick der Geburt angesprochen fühlt, über die verschiedenen Grade an Osmose und Zuwendung während der Schwangerschaft. Viele Väter nehmen Anteil. Nicht zu vergessen all die Väter, die den Kopf verlieren, die sich verweigern, die Panik kriegen, die am liebsten weglaufen würden, ihren Platz nicht finden … Immer mehr Vätern ist bewusst, dass es nicht allein Frauensache ist, ein Kind zu erwarten: Sie erkennen, wie wichtig eine frühe Beziehung zu ihrem Kind sein kann, auch wenn es noch im Bauch der Mutter ist.
Welche Erfahrungen wir auch immer mit dem Thema Geburt haben, ob direkte oder indirekte, beglückende und harmonische