seiner Passion, entzündet an Zeichen der frühen Ablehnung durch die Pharisäer, genährt durch Verhaftung und Tod des Täufers. Als Jesus davon zu sprechen beginnt, hat er sich mit dem Widerstand, dem Unverständnis, der Scheu der Jünger und ihrer Angst auseinanderzusetzen. Dann kommt die Stunde, zu der er den Weg nach Jerusalem einschlägt, die Möglichkeit der Passion näherrückt und die Beweggründe unterscheidbarer werden. Bis zu seiner Verhaftung währt der sich verschlimmernde Kampf mit der ihm wie jedem Tier eigenen Abwehr von Schmerz und Tod (Mk 14,32 ff). Er wählt die Passion in Treue zu seinem wahren Selbst und der Maxime seines Lebens: „Abba, nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Mk 14,36). Es gibt Wege, von denen man ganz tief weiß, dass man sie gehen muss, und die man in Freiheit wählt, obwohl sie alles kosten und den Angstschweiß aus dem Körper treiben.
Diese Ausweitung der Orientierung des Lebens an Gottes Willen über das in Gesetz und Propheten Gesagte hinaus auf alle Lebensvollzüge bedarf einer tieferen und umfassenderen Quelle der Erkenntnis, als Worte und selbst das Studium der heiligen Schriften sie vermitteln können. Diese Quelle liegt in der Unmittelbarkeit des Innersten, des Herzens als seiner Mitte, zu Gott. Diese spricht sich bei Jesus in unerhörten, blasphemisch anmutenden Worten aus wie: „Alles, was der Vater hat, ist mein“ (Joh 16,15) oder „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30) – und tatsächlich wird er wegen Gotteslästerung verurteilt (Mk 14,64). Diese Einheit kann nicht äußerlich oder an der Oberfläche bestehen, und die Kommunikation dieser Einheit muss im Innersten und im Besitz desselben Geistes vonstattengehen.
Zu einer solchen Kommunikation in der innersten Tiefe sind auch die Christen berufen. Die Oberfläche genügt nicht: weder oberflächliches Kennen – „Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken, und du hast auf unseren Straßen gelehrt“ (Lk 13,26 f) – noch oberflächliche Frömmigkeit – „Herr! Herr! sagen“ (Mt 7,21) – noch auch große Werke: „… sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten, und haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen große Wunder vollbracht?“ (Mt 7,22 f). Die Antwort ist immer dieselbe: „Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Übertreter des Gesetzes!“ (Mt 7,23). Der Neue Bund besteht darin, „Spruch des Herrn: Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein. … Denn ich verzeihe ihnen die Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr“ (Jer 31,33–34). Der Zugang in die innerste Tiefe und Mitte des Menschen, in sein Herz, wird freigemacht, so dass er nicht mehr als Knecht die Aufforderungen von außen befolgt, sondern seinen Willen formt im Dialog seines Herzens mit Gott – wenn er bei den Bewegungen seines Herzens bleibt!
Der Wackelkandidat in diesem Dialogprozess ist der Mensch, der den Weg des Hörens nicht zu Ende geht. Er bleibt nicht dran, hat keine Ausdauer (Lk 18,1). Er klopft jetzt an oder sucht – ganz wichtig! –, im nächsten Moment jedoch ist er anderweitig beschäftigt und vergisst seine Absicht. Nur wer Suchender, Bittender, Anklopfender bleibt, den führt der Prozess von der Oberfläche weg in die Tiefe. Nur ihm wird „der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben“ (Lk 11,9–13). Ein solcher Mensch wird zum „Sohn“: „Der Sohn kann nichts von sich aus tun [der Mensch, der nicht Sohn ist, kann das schon], sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. … Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er tut …“ (Joh 5,16 f). Es sind letztlich Vertrauen in die Wahrheit und Hoffnung, die den Weg in die Tiefe erlauben. Je offener und vorbehaltloser der Mensch in den Prozess eintritt, je mehr er bereit ist, sich sozusagen zu lassen, zu wollen, was Gott will, umso mehr will Gott, was der Mensch will. „Dann wird euch der Vater alles geben, worum ihr ihn in meinem [des Sohnes] Namen bittet“ (Joh 15,16).
Das alles ist nicht fertig da. Doch auf dem Weg des Hörens erstarken die Voraussetzungen des Hörens: Glaube, Hoffnung, Liebe zur Wahrheit, so dass der Prozess langsam in die Tiefe wächst. Das Herz eröffnet sich langsam. Der Hörende reift allmählich in die Unmittelbarkeit zu Gott hinein, den er in diesem Prozess überhaupt erst entdeckt und kennenlernt. Langsam bekommt er Anteil an einer ungekannten, nicht vorstellbaren Seligkeit. Es ist entscheidend, immer wieder den „Schritt“ des Hörens zu wagen.
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