Elmar Mitterstieler

Das Priestertum aller Getauften


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      Für Reflexion und Austausch

      Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mir gebracht habe. Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Königreich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören.

      Ex 19,4–6

      Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, von Gott aber auserwählt und geehrt worden ist. Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen. … Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.

      1 Petr 2,4–5.9

      Christus liebt uns …, er hat uns die Würde von Königen gegeben und uns zu Priestern gemacht für den Dienst vor seinem Gott und Vater.

      Offb 1,5 f; vgl. 5,10 u. a.

      … das christliche Volk, „das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum [regale sacerdotium], der heilige Stamm, das Eigentumsvolk“ (1 Petr 2,9; vgl. 2,4–5).

      Sacrosanctum Concilium 14

      Christus, der Herr, als Hoherpriester aus den Menschen genommen (vgl. Hebr 5,1–5), hat das neue Volk „zum Königreich und zu Priestern [sacerdotes] für Gott und seinen Vater gemacht“ (Offb 1,6; vgl. 5,9–10).

      Lumen Gentium 10 (vgl. 9)

      Denen nämlich, die er [der ewige Hohepriester Christus Jesus] mit seinem Leben und seiner Sendung innigst verbindet, gibt er auch Anteil an seinem Priesteramt zur Ausübung eines geistlichen Kultes zur Verherrlichung Gottes und zum Heil der Menschen. Deshalb sind die Laien Christus geweiht und mit dem Heiligen Geist gesalbt und dadurch wunderbar dazu berufen und ausgerüstet, dass immer reichere Früchte des Geistes in ihnen hervorgebracht werden.

      Lumen Gentium 34

       Gleiche Würde

      „Eines ist also das auserwählte Volk Gottes: ‚Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe‘ (Eph 4,5); gemeinsam die Würde der Glieder aus ihrer Wiedergeburt in Christus … eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“ (Lumen Gentium 32). Ganz ähnlich schon Papst Leo der Große († 461) : „In der Einheit des Glaubens und der Taufe genießen wir unterschiedslos Gleichheit und gemeinsame Würde.“

      Das Konzil hat eine geschwisterliche Kirche vor Augen. Eine Kirche, in der alle, gleich welcher Stellung, einander ebenbürtig aus der Taufe ein und dieselbe Würde besitzen. Und auch das Tun und das Engagement jeder und jedes Einzelnen in der Kirche und für sie sind von gleichem Wert!

      Im Kirchenrecht von 1917 waren die Kleriker noch die allein legitimen Träger des kirchlichen Handelns, und von den Rechten aller Übrigen war darin nur ganz vereinzelt die Rede. Es wurde 1983 durch einen neuen, sich am Geist des Konzils orientierenden Kodex abgelöst. Man kann den Schritt des Konzils hin zur Erklärung einer solchen fundamentalen Gleichheit aller Getauften nicht hoch genug einschätzen. Obwohl zutiefst in der Hl. Schrift verankert und in der Geschichte wieder und wieder angeklungen oder gar gefordert, konnte sie von höchster kirchlicher Autorität erst in unseren Tagen so deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Und diese hat damit zugleich die Bedeutung des Amtes in der Kirche in keiner Weise herabgesetzt! Dennoch wird es noch manche Zeit und mühevolle Wege brauchen, bis diese fundamentale Gleichheit aller in ihrer „gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“ selbstverständliches Gemeingut der Kirche wird.

      Menschenwürde – Christenwürde

      Das Konzil hat ausdrücklich im Sinn der Menschenwürde aller gedacht und gesprochen – ein Denken, wie es sich (durchaus auch aus christlichen Wurzeln) in der Neuzeit, insbesondere seit der „Aufklärung“, bis hin zur Charta der Vereinten Nationen 1948 entfaltet hatte. Was in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen zum Ausdruck gebracht wurde, erlebt in den Aussagen des Zweiten Vatikanums innerhalb der Kirche einen Höhepunkt. Der leidenschaftliche Sinn für die Gleichheit aller gehört zu den unverwechselbaren Charakteristika dieses Konzils.

      Eindringlich haben uns wiederum schwerwiegende Fehlverhalten in den letzten Jahren und Jahrzehnten gelehrt, wie gebieterisch und grundlegend die Menschenrechte zur „Charta“ zur Kirche selbst gehören und gehören sollten. Sie wäre sonst nicht die Kirche Jesu! Menschenwürde und Christenwürde korrespondieren zutiefst; sie inspirieren, helfen und stützen einander und müssen dies immer neu lebendig tun. Durch sein klares Eintreten für Gleichheit, Würde und Wert aller in Person und Handeln verändert das Konzil die „Landschaft“ der Kirche. Denn der Geist Jesu, der Geist Gottes selbst erneuert unaufhaltsam nicht nur das Antlitz der Erde (Psalm 104,30), sondern ebenso – wieder und wieder auch unerbittlich – das Antlitz der Kirche. Und nur so, an Menschenwürde und -recht orientiert, kann unsere gemeinsame Würde aus der Taufe, kann unser Christsein in Alltag und Feier königlich-priesterlich sein!

      Ein verbreitetes Bedenken

      Ein kurzes Wort soll ein verbreitetes Bedenken zerstreuen. Das Priestertum aller in Jesus im Neuen Testament geht der Reformation lange voraus. Die katholische Kirche sieht bis heute keinen Widerspruch darin, den Eucharistievorsitz dem ordinierten Amtsträger vorzubehalten, also diese Form amtlicher Ausübung des einen Priestertums der Kirche samt der Verwaltung der übrigen Sakramente an die Ordination und somit an den Leitungsdienst der Kirche zu binden. Als „priesterliches Dienstamt“, so das Konzil, ist der Presbyterat dem Hirtenamt, also dem Leitungsamt zugehörig und ist von Jesus der Kirche als Hilfe für ihre Leitung, ihren Weg und ihren Aufbau gegeben. Sein amtsspezifischer priesterlicher Charakter ist in der „priesterlichen Gemeinschaft“, die die ganze Kirche ist (Lumen Gentium 11), begründet und in sie eingebunden. Es besteht kein Konkurrenzverhältnis unter den verschiedenen Ausprägungen des einen Priestertums Jesu in unserem einen christlichen Priestertum.

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      Für Reflexion und Austausch

      Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid „einer“ in Christus Jesus.

      Gal 3,26–28

      Eines ist also das auserwählte Volk Gottes : „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ (Eph 4, 5); gemeinsam die Würde der Glieder aus ihrer Wiedergeburt in Christus, gemeinsam die Gnade der Kindschaft, gemeinsam die Berufung zur Vollkommenheit, eines ist das Heil, eine die Hoffnung und ungeteilt die Liebe. Es ist also in Christus und in der Kirche keine Ungleichheit aufgrund von Rasse und Volkszugehörigkeit, sozialer Stellung oder Geschlecht; denn „es gilt nicht mehr Jude und Grieche, nicht Sklave und Freier, nicht Mann und Frau; denn alle seid ihr einer in Christus Jesus“ (Gal 3, 28; vgl. Kol 3,11). Wenn also in der Kirche nicht alle denselben Weg gehen, so sind doch alle zur Heiligkeit berufen und haben den gleichen Glauben erlangt in Gottes Gerechtigkeit (vgl. 2 Petr 1,1). Wenn auch einige nach Gottes Willen als Lehrer, Ausspender der Geheimnisse und Hirten für die anderen bestellt sind, so waltet doch unter allen eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi.

      Lumen Gentium 32

      „Das