Gisbert Greshake

Zukunft über den Tod hinaus?


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      Gisbert Greshake

       Zukunft über den Tod hinaus?

      Die ignatianischen Exerzitien und die Hoffnung des Glaubens

       Ignatianische Impulse

      Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ und Martin Müller SJ

      Band 72

      Ignatianische Impulse gründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.

      Ignatianische Impulse greifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.

      Ignatianische Impulse werden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.

      Gisbert Greshake

      Zukunft über den Tod hinaus?

      Die ignatianischen Exerzitien

      und die Hoffnung des Glaubens

      echter

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

      © 2016 Echter Verlag GmbH, Würzburg

       www.echter.de

      Umschlag: Peter Hellmund

      ISBN

      978-3-429-03984-4 (Print)

      978-3-429-04879-2 (PDF)

      978-3-429-06299-6 (ePub)

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       Brockhaus Commission, Kornwestheim

       www.brocom.de

      Inhalt

      Vorwort

      Einleitung

       I. Zukunft, die der Glaube erhofft, in den ignatianischen Exerzitien

      1. »Prinzip und Fundament«

       Die Frage nach dem persönlichen Heil

       Das Paradox der »Hölle«

      2. Sendung – Vorzeichen der Nachfolge

       Universale Sendung

       Die Betrachtung »zur Erlangung der Liebe«

      3. Sendung als »endzeitliches Geschehen«

      4. Zu einigen traditionellen eschatologischen Begriffen

       Hölle und Prädestination (Vorherbestimmung)

       Tod und Gericht

       II. Impulse

      1. »Konzentration« der endzeitlichen Aussagen

      2. »Eschatologische Praxis«

      Anmerkungen

      Vorwort

      Von Anfang meines Theologiestudiums an war ich an geschichtstheologischen und eschatologischen Problemen, d.h. an Fragen nach der »letzten Zukunft«, besonders interessiert. Viele Jahre lang gehörte diese Thematik sogar zu meinen bevorzugten theologischen Arbeitsgebieten. Im Laufe der Zeit kam ich jedoch mehr und mehr zur Einsicht, dass uns in diesem Problemfeld fast alle Antworten versagt sind. Aber dies muss nun keineswegs ein Defizit sein. Gerade bei Ignatius von Loyola habe ich gelernt, dass das »Letzte« nicht gewusst, sondern getan werden muss, und zwar hier und heute in einer Praxis der Sendung im Dienst des Reiches Gottes. Auf die Aussendung der Jüngerschaft in die Welt laufen nicht nur die Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas hinaus, »Sendung« bildet nach meiner Auffassung auch die Pointe der ignatianischen Exerzitien.

      Vor einigen Jahren habe ich zu dieser Thematik einen wissenschaftlichen Beitrag verfasst,1 den ich im Folgenden ausgeweitet und völlig umgearbeitet habe, um ihn einem größeren Leserkreis zugänglich zu machen. Deshalb sind auch einige Passagen in Kleindruck gesetzt. Diese wie auch die Anmerkungen können ohne weiteres beim Lesen überschlagen werden; sie sind nur ein Angebot an theologisch besonders Interessierte. Ich widme diesen Beitrag all denen, die mich in ignatianische Spiritualität eingewiesen haben, vor allem den Patres der Gesellschaft Jesu, von denen ich den unvergesslichen Spiritual des Germanicums, P. Wilhelm Klein SJ, besonders hervorheben möchte.

       Gisbert Greshake

      Einleitung

      Was darf ich hoffen? Was kommt nach dem Tod? Darf ich über die Grenze des Todes hinaus überhaupt Hoffnung haben? Diese und ähnliche Fragen gehören zu den wohl unausrottbaren großen Menschheitsfragen, die – soweit wir wissen – in allen Kulturen und Religionen gestellt, dabei freilich sehr unterschiedlich beantwortet werden. Man weiß nicht, wie eine Zukunft über den Tod hinaus aussehen kann. Aber die Hoffnung darauf drückt sich in abertausend verschiedenen Bildern aus, die zumeist ihren ursprünglichen Ort in religiösen Überlieferungen haben oder die man sich als Möglichkeiten ausdenkt und in Symbolen, Zeichen und Träumen veranschaulicht. Jede Religion, jede Weltanschauung besitzt so ihre eigenen, untereinander nicht selten recht unterschiedlichen Hoffnungsbilder. Doch ist bei aller Differenz die Sinnspitze der Antworten zumeist gleich: Das Leben ist stärker als Tod und Vernichtung. Selbst Sigmund Freud glaubte, auf empirischem Weg (!) festgestellt zu haben, »im Unbewussten sei jeder von uns von seiner Unsterblichkeit überzeugt«2, wobei er freilich sofort hinzufügte, dies sei kein Beweis für die Unsterblichkeit des Menschen. Und doch: Weil der Mensch Leben, ja Leben in Fülle, unaufhörliches, »ewiges« Leben, ersehnt und weil diese Grundhaltung in vielfacher Hinsicht auch die Praxis des Lebens bestimmt, ist der Gedanke, dass das eigene Leben einmal ganz und gar im Nichts endet, nur schwer erträglich, selbst wenn diese Auffassung sowohl in antiken Kulturen wie in der heutigen säkularen westlichen Gesellschaft von nicht wenigen vertreten wird, getreu dem Motto einer römischen Grabinschrift: »Nichts war ich, nichts bin ich. Und du, der lebt: Iss, trink, scherze, komm«3.

      Erst das Christentum hat, basierend auf der Heiligen Schrift mit ihrer »Spitzenbotschaft« von der Auferstehung Jesu Christi, von Anfang an und mit großem Nachdruck Hoffnung über den Tod hinaus verkündet. Ja diese Hoffnung auf ewiges Leben war sogar in den ersten drei Jahrhunderten – einer Zeit, die in der Antike weithin von Skepsis und Hoffnungslosigkeit geprägt war – für viele das entscheidende Motiv, den christlichen Glauben anzunehmen. Gerade als Religion, »die von der Vergänglichkeit und dem Tode befreit«4, weckte das Christentum in der damaligen Gesellschaft Interesse und Bereitschaft, sich ihm zuzuwenden. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurden dann lange Katechismus-Kapitel über das, »was kommen wird«, entfaltet, und in der systematischen Glaubenslehre, in der sog. Dogmatik, entwickelte man einen eigenen Traktat »Eschatologie« = »Lehre vom Letzten«, nämlich »von der letzten Zukunft«. Hierin geht es um das, was am Ende und nach dem Ende der persönlichen Lebensgeschichte und der großen Weltgeschichte kommt: Tod, Auferstehung, Gericht, Wiederkunft Christi, Weltuntergang, Neuschöpfung, Fegfeuer, Himmel, Hölle usw. Zu all diesen Ereignissen bzw. Befindlichkeiten glaubte man, aufgrund der biblischen Aussagen viele konkrete Angaben machen zu können. Doch ist man sich heute in der Theologie weitgehend einig, dass dabei in der Vergangenheit die Bildersprache der Heiligen Schrift und