Stefan Federbusch

Nachhaltig wirtschaften - gerecht teilen


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menschliche Haltungen, die einem solidarischen Handeln zum Wohle aller entgegenstehen.

       Balance von Freiheit und Gleichheit

      Die kapitalistische Wirtschaftsordnung führt mit ihrer Überbetonung der Freiheit zu egoistischen Verhaltensweisen, die sowohl die soziale Gerechtigkeit als auch das ökologische Gleichgewicht gefährden. Das Gegenmodell, der real-existierende Sozialismus, schlug fehl, da er die persönliche Freiheit zugunsten einer verordneten Gleichheit komplett eliminierte. Es geht also darum, aus beiden Fehlerquellen zu lernen und eine Wirtschaftsordnung aufzubauen, in der individuelle Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit und nachhaltiger Wirtschaft in einer guten Balance steht. Inwieweit eine solche lenkende Impulse des Staates braucht, ist auszutarieren. Die soziale Marktwirtschaft weist entsprechende Elemente auf, beruht aber letztlich auf der kapitalistischen Wirtschaftsweise, d. h. einem auf stetiges Wachstum ausgerichteten Modell, das global gesehen weder sozial gerecht noch ökologisch akzeptabel ist.

       Kriterium Nachhaltigkeit

      Ein alternatives Wirtschaftsmodell muss das zentrale Kriterium der Nachhaltigkeit erfüllen. Der Begriff wurde 1987 in der sogenannten Brundtland-Kommission definiert: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ Nachhaltigkeit setzt sich im heutigen Verständnis aus den drei Faktoren Ökologie, Ökonomie und soziale Gerechtigkeit zusammen. Die drei Faktoren stehen in einem Wechselspiel und sind in ein tragfähiges Gleichgewicht zu bringen. Die Frage der Nachhaltigkeit ist eine Frage der intra- und der intergenerationalen Gerechtigkeit: Wie können sowohl die Bedürfnisse der derzeit lebenden Menschen als auch der nachfolgenden Generationen gesichert werden? Es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit: Wie kann eine Wirtschaft gestaltet sein, in der die Schere zwischen Arm und Reich nicht immer weiter auseinanderklafft? Es ist eine Frage der ökologischen Gerechtigkeit: Wie kann die Balance zwischen der Bedürfnisbefriedigung einer immer größeren Weltbevölkerung und dem Schutz der Schöpfung gelingen?

      Daraus ergibt sich die Frage nach einem alternativen Wirtschaftssystem. Welches Wirtschaftssystem ist am besten in der Lage, einen Lebens- und Wirtschaftsstil zu gewährleisten, der gleichermaßen ökologische Zukunftsfähigkeit wie globale soziale Gerechtigkeit ermöglicht? Die einen werden sagen, wir behalten unser altes System bei, weil sie es für das beste halten und von ihm profitieren, die anderen, wir brauchen eine Reform innerhalb des Systems, die dritten, wir brauchen ein völlig neues System.

      Bisher zeichnet sich kein umfassendes Wirtschaftssystem ab, das alle Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt und an die Stelle des kapitalistischen Systems treten kann. Es entwickeln sich unterschiedliche Ansätze, die in die Richtung eines solidarischen Wirtschaftssystems gehen und in diesem Buch zumindest ansatzweise vorgestellt werden.

       Auftrag der Kirchen und Orden

      Der Auftrag der Kirchen und Ordensgemeinschaften liegt darin, das bestehende Wirtschaftssystem im Sinne einer prophetischen Kritik in Frage zu stellen, nach Alternativen zu suchen und diese ad experimentum vorzuleben. Ordensleben ist vom Ansatz her ein alternatives und in gewissem Sinn auch subversives Leben. Es stellt mit seinen Werten und Lebensformen die kapitalistische Wirtschaftsweise grundsätzlich in Frage. Durch ihren Freiraum können Ordenschristen prophetisch wirken und Veränderungsprozesse anmahnen. So weit die Theorie. Die Praxis sieht oft anders aus. Die Kirchen wie auch die Ordensgemeinschaften sind in das kapitalistische System und sein Geldwesen verstrickt. Zu einem nicht unwesentlichen Teil leben sie von Kapitaleinkünften, die im Widerspruch zu ihren eigenen sozial-ethischen Grundsätzen stehen. Die Frage des Geldes und des Kapitals als Schlüsselproblem der Wirtschaftsethik ist für die Kirche und ihren theologischen Diskurs von großer Bedeutung. Alle Bemühungen um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung berühren die Notwendigkeit einer grundlegenden nationalen wie internationalen Geldordnung. Im Vaterunser beten alle Christen regelmäßig „… und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldnern“. Die Frage ist, ob wir als Profiteure des Systems diese Bitte lediglich spiritualisieren oder ob wir dazu auch im materiellen Sinn wirklich bereit sind. Im Sinne des Dreischritts „Sehen – Urteilen – Handeln“ geht es um eine klare Analyse und Beurteilung der Situation, aber entscheidender noch um die Befähigung zur Umkehr, die Schritte hin zu Veränderungsprozessen in Richtung einer solidarischen Ökonomie ermöglicht. „Wenn das Einschwenken auf einen sozialökologischen, demokratischen Postwachstumspfad gelingen soll, dann darf das ‚gute‘, ökologische und solidarische Leben nicht als Privatangelegenheit begriffen werden, sondern als gesellschaftspolitische Aufgabe und politischer Prozess“ (Sabine Leidig). Für diese gesellschaftspolitische Aufgabe und diesen politischen Prozess stellen die folgenden Überlegungen franziskanische Bausteine bereit.

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