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Geist und Leben 4/2015


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      Bernhard Körner | Graz

      geb. 1949, Priester, Professor für Dogmatik an der Universität Graz, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN

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      Mitten im Leben

      „Gott ist mitten in unserem Leben jenseitig.“ Ein bekanntes Wort aus Widerstand und Ergebung und eine gute Gelegenheit, sich siebzig Jahre nach seiner Hinrichtung an Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) zu erinnern. Die Gedanken gehen nicht nur zurück zu einem Theologen, der seine große Zeit wohl noch vor sich gehabt hätte. Sie treffen auch auf einen, dessen gläubig theologisches Denken durch das Feuer eines unmenschlichen Regimes und eines mörderischen Krieges geläutert worden ist. Wer solches Grauen wach und wohl auch mit Angst erlebt, dem kommen keine leichtfertig hingesagten frommen Phrasen über die Lippen. Und so mag damals Gott – so die Vermutung eines Nachgeborenen – mit einer Formulierung Karl Barths gesprochen, als der „ganz andere“ erfahren worden sein.

      Aber die Erfahrung und die Formulierung Bonhoeffers sind paradoxer und facettenreicher. Gott ist nicht nur der ganz andere, der anscheinend Ferne, er ist auch eine Wirklichkeit mitten in Bonhoeffers Leben – mitten in Krieg und Terror, mitten im Widerstand, im Gefängnis, unter dem Galgen. Gott ist da. Gegenwärtig durch Jesus Christus. Und zugleich ist er unfassbar. Jenseitig. Er entzieht sich dem erkennenden und verstehenden Zugriff. Mitten im Leben ist Gott keine Wirklichkeit dieses Lebens, sondern – „mitten in unserem Leben jenseitig“.

      Dieser Jenseitigkeit Gottes mitten im Leben gilt es – auch 70 Jahre später – theologisch gerecht zu werden und geistlich standzuhalten. Und da lohnt es sich, ein frühes Werk von Hans Urs von Balthasar in Erinnerung zu rufen. In seinem 1956 erschienenen (und jüngst neu aufgelegten) Buch Die Gottesfrage des heutigen Menschen hat er die neuzeitliche Entwicklung nachgezeichnet, die zu einer immer ausgeprägteren Erfahrung der Jenseitigkeit Gottes geführt hat. Sie ist für Balthasar nicht in erster Linie Folge der Ablehnung Gottes (das auch), sondern Ergebnis der inneren Logik der abendländischen Geistesgeschichte, die nicht zuletzt durch das Christentum geprägt worden sei. Am Ende der Entwicklung stehe als einzige Absolutheit die „zu Gott hin offenbleibende Frage, unter die sich alle übrigen Normen und Sätze einer natürlichen Religion subsumieren lassen müssen“. Die Beziehung zu Gott ist nicht zuerst in einer definitiven Erkenntnis fassbar, sondern in der Frage nach ihm. Für die katholische Kirche mit ihrem Anspruch und ihren dezidierten Aussagen zu Glaube und Moral werde das zunehmend zur Herausforderung. Aber sie könne nicht anders, sie müsse der Einsicht entsprechen, dass Jesus Christus als der Gottmensch die genaue Verwirklichung dessen ist, „was auf Grund der Menschheitsfrage von Gottes freier Gnade und Barmherzigkeit abschließend erwartet werden durfte.“

      Also auch bei Balthasar: Gottes unfassbare Nähe und seine ebenso unfassbare Jenseitigkeit. Vielleicht sind damit die beiden Koordinaten benannt, die auch für eine heutige Gotteserfahrung gelten, Orientierung geben können, zu schaffen machen und ernst genommen werden müssen. Denn beides ist möglich: Man sucht nach der Nähe Gottes und verliert sich in der Erfahrung des Unfassbaren. Und umgekehrt: Man steht im Bann der Größe Gottes und übersieht seine unfassbare Nähe. Aber beides muss zur Geltung kommen – um Gottes und des Menschen willen.

      Dass die Erfahrung der (vermeintlichen) Ferne und das Schweigen Gottes eine Jahrtausende alte Probe des Glaubens darstellt, ist biblische und christliche Erfahrung: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen …“ (Ps 22) Aber auch die Nähe Gottes will und muss ertragen werden. Im Blick auf die Ablehnung Jesu in seiner Heimatstadt (Mk 6,2–6) formuliert das Schott Messbuch lakonisch und präzise: „An den fernen Gott glauben ist leichter als dem nahen Gott zu begegnen.“ Eine paradoxe, aber eine alles andere als lebensfremde Einsicht. Deshalb braucht es den sorgsamen Blick auf sich selbst und die Unterscheidung der Geister.

      Und Gottes Nähe und seine Größe sind beides auch – Gnade. Was die Nähe Gottes betrifft, ist man gerne bereit, das zuzugestehen. Aber auch seine Größe, die man als Ferne missverstehen kann, ist Gnade. Denn nur der göttliche Gott ist wirklich – Gott. Nur der Gott, der nicht in das Koordinatensystem menschlicher Vorstellungen und Plausibilitäten gezwängt worden ist. So verführerisch das sein mag, am Ende hält ein zu anthropomorph gedachter Gott den Ungereimtheiten der Natur und der Geschichte nicht stand. Deshalb kann es immer noch als eine wertvolle Orientierungshilfe gelten: „Gott ist mitten in unserem Leben jenseitig.“

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