In Gedenken an Lina Louisa Steinegger-Bachmann
Abbildung 1: Das Bild wurde erstmals als Titelseitenvignette des Jahresberichts des Basellandschaftlichen Armenerziehungsvereins [Blätter des Vereins, Nr. 1 vom März 1870] über das Jahr 1870 verwendet. Das Sujet wurde von Martin Birmann (1828–1890) in Auftrag gegeben, wie dessen Witwe zu berichten wusste: «Mein Mann liess seiner Zeit das Cliché für das Bild des A.E.V. Berichtes erstellen u. hatte bei dem jeweiligen Erscheinen des Berichtes seine Freude daran.»
Nicht sollen mehr verstossen und verlassen
Verarmte Kinder sich ihr Brod erfleh’n;
Nicht mehr zerlumpt und hungrig durch die Gassen
Von Haus zu Haus Almosen suchend geh’n.
Wir nehmen bei der Hand die armen Kleinen;
Bald findet sich ein neues Elternhaus.
Die Waise sieht die Sonne wieder scheinen
Des Elends Spuren löschen wieder aus.
Wenn auch das junge Herz vor Gram noch blutet
Und oft in Thränen schwimmt der scheue Blick;
Wenn bei des Tages Neige unvermuthet
Schwermüthige Erinn’rung kehrt zurück;
Da wird der Pflegemutter zartes Fühlen
Wohl des Gemüthes stilles Weh verstehn,
Wird liebevoll die alte Wunde fühlen,
Und Muth und Hoffnung neu erstehen sehn.
Wo Eltern selbst die Pflichten schwer verletzen,
Im Kinde nur des Bettels Werkzeug sehn,
Die Kinder selbst auf böse Wege hetzen,
Muss Strenge Hand in Hand mit Milde gehn
Da muss die Wohlthat sich ihr Recht erzwingen,
Da will das Gute aufgedrungen sein.
Und kämpfend nur kann man dort Hülfe bringen,
Dem Kinde kämpfend nur ein Retter sein.
Gedicht aus: Jahresbericht des Basellandschaftlichen Armenerziehungsvereins über das Jahr 1891, S. 4f. Das Gedicht wurde ohne Autorenschaft abgedruckt, höchstwahrscheinlich stammt es aus der Feder eines Vorstandsmitglieds.
Inhalt
Die Armenerziehungsvereine als Forschungsgegenstand
Quellenkorpus und Forschungslage
Qualitative und quantitative Inhaltsanalyse
Formen der institutionalisierten Fremdplatzierung in der Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert
Die Fremdplatzierung Minderjähriger im Spiegel ausgewählter zeitgenössischer Überblickswerke
Entwicklung der offenen und geschlossenen Jugendfürsorge in der Schweiz
Fremdplatzierung als Grundlage für eine erfolgreiche Erziehung
Statuten und Organisation der Armenerziehungsvereine
Gründungskontexte und Kurzporträts Vereinsgeschichten
Das Konzept der Fremd-Erziehung
Die «Versorgung» in der eigenen Familie als Alternative zur Fremdplatzierung?
Profil der Armenerziehungsvereine im kantonalen Kontext
Der Basellandschaftliche Armenerziehungsverein und die Legitimation der Vereinsarbeit
Die aargauischen Armenerziehungsvereine und die Ressourcenbeschaffung
Der thurgauische Armenerziehungsverein und der religiöse Erziehungsaspekt
Die solothurnischen Armenerziehungsvereine und die Identitätsfindung
Stationen der Fremdplatzierung aus Vorstandssicht
Die Suche nach «verwahrlosten» Kindern und «rechtschaffenen» Pflegeeltern
Wahrnehmung der Vereinsarbeit innerhalb und ausserhalb des Vereins
Motive und Selbstwahrnehmung der Vereinsvorstände
Die Fremdplatzierung aus Perspektive der Pflegekinder und Ehemaliger
Die zeitgenössische Fremdwahrnehmung der ehrenamtlichen Vereinsarbeit
Die Deutschschweizer Armenerziehungsvereine als Gegenkonzept zur kommunalen Verdingung?