dankbar an alle zu erinnern, denen wir das Brot
verdanken: der Schöpfung Gottes zuallererst, dann
der großen Kette derjenigen, die durch ihre Arbeit
vom Landwirt bis zur Verkäuferin im Bäckerladen
am täglichen Brot beteiligt sind.
∞
Am Ende des Monats
sollten drei dieser Impulse
verwirklicht sein.
Jeder Tag ist der Anfang eines Lebens, jedes Leben ist der Anfang der Ewigkeit.
Rilke
Die ersten Menschen waren Nomaden. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, konnten sie nicht lange am gleichen Ort bleiben. Sie mussten weiterziehen, um Wasser und Nahrung zu finden. Um beweglich zu bleiben, hielten sie wenig von dem, was wir heute Besitz nennen. Sich mit so wenigen Dingen wie möglich zu belasten erleichterte ihr ansonsten so schweres Leben. Das Nomadenhafte ist den Menschen selbst dann noch geblieben, als längst Äcker bestellt, Wiesen beweidet und feste Häuser gebaut wurden. Wir sind nach wie vor Pilger durch die Welt und das Leben, und seien wir nur unterwegs nach neuen Erfahrungen auf den Pfaden unserer Sehnsüchte. Menschen, die sich von Überflüssigem freihalten können, reisen mit leichtem Gepäck durch das Leben. Zu dieser erleichterten, gelassenen Lebensreise rät Jesus allen, die ihm folgen, wenn er sagt: „Sorgt euch nicht ängstlich …“
Das Leben erfordert von uns Bewegung gegen die tödliche Gefahr der Sesshaftigkeit. Überall ist Bewegung festzustellen, im Wachstum der Pflanzen, im eiligen Lauf der Tiere, in unserer Sehnsucht nach Neuem, nach Unerlebtem. Wenn wir uns in das Leben einschwingen, entsteht ein heilsamer Rhythmus, der mit jedem Ende, nach jeder Ruhe einen Aufbruch zu Neuem schenkt. Zwar begreifen wir das Leben vor allem in der Rückschau, leben müssen wir es im Blick auf den Morgen. Gelebt wird es jedoch nur in jedem Augenblick. Darin liegt der Weg zum Glück: Leben im Heute.
Erfahrung
„Das ist doch im wirklichen Leben völlig unmöglich“, behauptete der Schüler. „Wie kann Jesus fordern, seine verwandtschaftlichen Beziehungen gering zu achten. Wie kann er verlangen, das Kreuz zu tragen, wie kann er sagen: ‚Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche, keine Schuhe an den Füßen‘. Völlig unmöglich in unserer Zeit!“
„Und doch“, antwortete ihm ruhig der Mönch, „beginnt das ganze Glück des Lebens wie des Glaubens mit dem mutigen Sprung aus der Sicherheit in die Unsicherheit.“
Jesus gebot den Jüngern, nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel.
Markus 6,8
Ein Anfang ist kein Meisterstück, doch ein guter Anfang halbes Glück.
Deutsches Sprichwort
Jeder Aufbruch eröffnet dem Wachstum neue Möglichkeiten. An den Pflanzen auf unserem Fensterbrett können wir das mit einiger Geduld sehr gut beobachten. In jedem Menschen ist sehr viel grundgelegt und verborgen. Es müsste verkümmern, gäbe es die Entschlossenheit zum Aufbruch nicht. Kardinal Newman formuliert es so: „Wachsen heißt, sich ändern. Vollkommen sein, sich oft geändert haben.“
Sich auch im Alter noch ändern können ist ein Zeichen der Reife. Alles andere führt in die Absonderung und Verschlossenheit, letztlich in die Erstarrung. In gewisser Weise wird schon in der Jugend grundgelegt, was uns im Alter glücklich macht oder beschwert. Es kommt darauf an, was wir in uns groß werden lassen; wem wir Nahrung geben, was wir zulassen oder fördern.
Der Aufbruch zu Neuem ist immer ein Risiko, aber das muss keinesfalls bedrohlich sein. Wer die Gefahren eines neuen Weges scheut, bleibt sitzen. Doch er bringt sich um Erfahrungen, die ihn für Größeres öffnen, vielleicht sogar für ein Wunder, von dem er noch nicht einmal zu träumen wagte und das ihm unversehens geschenkt wird.
Jeder Tag ist anders. Deswegen will sich der Aufbruch nicht mit dem Ballast von gestern behindern lassen. Er weigert sich auch, sich die Sorgen und Ängste von morgen aufzuladen. Er geht offen und erwartungsvoll in jeden neuen Tag. Jesus sagt: „Jeder Tag hat genug an eigener Last.“ Aber auch genug an eigener Freude. Wir übersehen sie leicht. Wir sollten lernen, die Freuden eines Tages jeden Abend zusammenzuzählen.
Das Floß
Ein Mensch kam nach langer, beschwerlicher Wanderung an einen Fluss. Den musste er noch überqueren. Aber da waren weder Weg noch Steg und auch kein Boot zum Übersetzen. Der Wanderer baute sich ein Floß aus Baumstämmen, Ästen und Zweigen. Damit konnten er und seine bescheidene Habe ans andere Ufer kommen. Drüben angekommen, schulterte er zu seinem schweren Rucksack auch noch das Floß und trug es schnaufend und schwitzend über Land. Ein Mensch, der ihm entgegenkam, meinte: „Haben die Dinge unseres Lebens ihren Zweck erfüllt, lassen wir sie dankbar los, sonst wird die Last zu schwer.“
Ist der Mensch am Ende angelangt, steht er noch am Anfang, wenn er es aufgibt, ist er ratlos.
Jesus Sirach 18,7
Wer aufbrechen und Neues finden will, muss zuvor Abschied nehmen.
Wir fürchten uns vor dem Abschied. Unwiederbringlich muss mit jedem Abschied etwas aufgegeben werden, was uns lieb und wertvoll war. Besonders schmerzlich ist der letzte Abschied von einem Menschen, der uns nahestand. Wenn es keine Abschiede gäbe, würde unser Leben zur überfüllten Rumpelkammer, zum qualvoll engen Gefängnis. Meist wird uns gar nicht bewusst, wie oft wir an jedem Tag Abschied nehmen und Menschen wie Sachen für immer loslassen. Wer am Abend einmal darüber Bilanz zieht, wird überrascht sein.
„Ade“ ist ein Wort des Aufbruchs. Wir gebrauchen es meist zu oberflächlich. Ade kommt vom Französischen Adieu und meint „Geh mit Gott“. Das bedeutet heute so viel wie „Lebe wohl“, in der Ahnung, den zu verabschiedenden Menschen oder die aufzugebende Sache nicht mehr wiederzusehen. Jedenfalls nicht mehr so, wie wir sie losgelassen haben. Was und wen wir loslassen, geben wir mit einem Ade getrost in die Hände Gottes.
Ohne Abschied kein Aufbruch. Das Neue will offenbar unter Schmerzen geboren werden. Das macht es so wertvoll. Die Schmerzen markieren das Neue und sorgen dafür, dass es nicht geringgeschätzt wird. Wie bei der Geburt eines Menschen oder bei seinem Tod ist deswegen der Schmerz unser Begleiter. Damit die Abschiedsschmerzen nicht zu groß werden, gilt es ein Leben lang in vielen kleinen Schritten das Loslassen zu üben und zur Gelassenheit zu finden. Wo die Schmerzen des Neuen oder des Verabschiedens zugelassen werden, geschieht im Leben des Menschen etwas Heilsames, eine Art Verwandlung auf das große Ziel hin.
Abbruch
Ein Pilger wanderte eine Straße entlang. Er kam an einem Mönch vorbei, der meditierend am Rande des Weges saß. In der Nähe arbeiteten Männer an einem großen Gebäude. „Du siehst wie ein Mönch aus“, sagte der Pilger. „Ich bin einer“, antwortete der Mönch. „Was sind das für Leute, die an dieser Abtei arbeiten?“ „Meine Mönche“, sagte der Mann; „ich bin der Abt.“ „Oh, das ist wunderbar“, freute sich der Pilger, „es ist gut, eine neue Abtei wachsen zu sehen.“ – „Wir reißen sie nieder“, sagte der Abt. „Niederreißen?“, rief der Pilger erstaunt. „Warum denn das?“ – „Damit wir wieder sehen können, wie die Sonne aufgeht“, sagte der Abt.
Fasst alle Mut und macht euch an die Arbeit!
Denn ich bin bei euch.