Daniela Kickl

Apple intern


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habe mir das auch immer für mich selbst gewünscht. Und nun, da dieser Abschluss für Sie ein Neubeginn ist, wünsche ich Ihnen: Bleiben Sie hungrig, bleiben Sie verrückt.

      Ich danke Ihnen. Vielen Dank an alle.«

      Steve Jobs (1955–2011)

      Vorwort

      Wenn ich von unerträglichen, menschenverachtenden Zuständen bei asiatischen Firmen lese, nehme ich das mit einer gewissen Betroffenheit zur Kenntnis, die aber nicht lange währt. Schließlich haben die Asiaten ein eigenartiges Gesamtverständnis, von allem quasi. Sie essen auch Katzen und Hunde, nur als Beispiel. Wenn Menschenrechtsaktivisten in Asien ausufernde Überstunden, Vertragsverletzungen, Billiglöhne, Arbeit von Minderjährigen und Misshandlung durch Vorgesetzte beklagen, hat das wohl auch mit den anderen Allgemeinzuständen dort zu tun. Bei denen gehören manche Dinge, die bei uns seltsam sind oder auch verachtenswert, eben dazu.

      Außerdem geht mich das nichts an. Ich bin definitiv nicht zuständig. In Wirklichkeit auch dann nicht, wenn in solchen Berichten eine Firma vorkommt, die Kleider näht, die ich kaufe, oder die als Zulieferer mit dem Bau des Smartphones betraut ist, das ich verwende. Erstens kaufen doch irgendwie alle solche Kleider und alle verwenden solche Smartphones, außerdem muss ich auch sehen, wo ich bleibe. Ich muss auf meine Ausgaben achten. Wenn bei den Asiaten, die für leistbare Produkte sorgen, etwas nicht stimmt, dann lösen sie ihre Probleme am besten selbst. Wozu haben die ihre Politiker.

      Wenn ich von einer Selbstmordwelle bei einer Firma in Frankreich lese, ist das ein bisschen etwas anderes. Immerhin ist Frankreich ein zivilisiertes Land. Die Franzosen kochen zwar Frösche, aber was soll’s, ein bisschen seltsam ist ja jeder. Wahrscheinlich hat jeder Europäer schon einmal einen Franzosen kennengelernt, sich einen französischen Film angesehen oder einen französischen Wein getrunken. Ich will es so sagen: Irgendwie sind uns die Franzosen einfach näher als irgendwelche Asiaten.

      Ganz ehrlich gesagt sind aber zum Beispiel die Mitarbeiter der France Télécom, unter denen es eine Selbstmordwelle mit mehr als zwanzig Toten gab, schon auch irgendwie selber schuld. Warum haben die keinen richtigen Job und arbeiten in einem Callcenter? Und wenn ihnen dort alles zu viel ist, warum kündigen sie dann nicht einfach?

      Jene, die es nicht aushalten, den ganzen Tag mit Kunden zu telefonieren, können sich ja weiterbilden. Dann bekommen sie bestimmt einen besseren Job. Für die Ambitionierten wird es ja wohl nicht so schwer sein, etwas anderes zu finden.

      Ja und mein Gott, Anrufer in einem Callcenter sind wahrscheinlich auch einmal schlecht drauf, das ist dann Teil des Jobs. Wenn so ein Anrufer die Artikel über die Selbstmordwelle gelesen hat und sagt »bringen Sie sich doch auch um«, gehört das irgendwie dazu. Das Berufsleben ist eben so. Das ist jedenfalls noch lange kein Grund, sich aus dem Bürofenster zu stürzen oder sich daheim aufzuhängen und der Nachwelt dann noch einen Brief zu hinterlassen, in dem steht, dass die Firma an allem schuld ist.

      Was ich damit sagen will, ist ganz einfach: Solche Dinge mögen schlimm sein, aber jeder ist seines eigenen Glückes Schmied, und in Wirklichkeit haben wir alle unsere Schwierigkeiten im Berufsleben, müssen wir alle unsere Kämpfe ausfechten, ich sowieso. Die Berichte über schwierige oder sogar richtig schlimme Arbeitssituationen gehen mich deshalb in Wirklichkeit auch dann nichts an, wenn sie aus Frankreich oder so kommen, und selbst wenn, ich könnte trotzdem nichts daran ändern.

      Ganz ehrlich: Denken Sie manchmal so, zumindest ein bisschen? Ich traue mich, das zu fragen, weil ich selbst einmal so gedacht habe.

      Ich bin in diese Art zu Denken hineingerutscht, obwohl ich eigentlich nicht dafür prädestiniert war. Zu Schulzeiten bezeichnete mich einmal ein Lehrer mit gutem Grund als »Geist, der stets verneint«, frei nach Goethe, der das in »Faust« seinen Mephisto über sich selbst sagen lässt. Ich habe immer alles hinterfragt und mir nie etwas gefallen lassen. Doch irgendwann war auch ich Opfer wirtschaftlicher Notwendigkeiten oder habe mich zumindest als solches gefühlt und damit vieles ignoriert oder gerechtfertigt, vor anderen und vor mir selbst.

      Bis in mir die Erkenntnis reifte, dass schlechte Behandlung von Mitarbeitern keine Bedingung für Wirtschaftlichkeit ist. Vielleicht für Ausbeutung, die von Gier getrieben ist, aber definitiv nicht für Wirtschaftlichkeit.

      Ich bin inzwischen an einem Punkt angelangt, an dem die Conclusio aus all dem, das ich in den vergangenen drei Jahren bei meinem Job in der Europa-Zentrale von Apple im irischen Cork erlebt und gesehen habe, schlicht lautet: Mir reicht es. So, wie es läuft, ist es falsch, und falsch bleibt falsch, auch wenn es zum Standard und zum System geworden ist.

      Ich werde in diesem Buch keine kriminellen Praktiken aufdecken, keine Kinderarbeit zum Beispiel, ich werde keine Verantwortlichen für Selbstmorde benennen und an den Pranger stellen und keine Schuld zuweisen. Ich werde vielmehr zeigen, dass falsch auch Dinge sein können, die formal korrekt sind. Weil sie etwas mit den Seelen der Menschen machen, das nicht gut ist. Weil sie Menschen ihrer Leben und Ziele berauben, ihren Stolz und ihre Würde zerpflücken und zerreißen, und niemand Erbarmen zeigt, wo diese Welt doch für jeden der Himmel sein sollte, wie die Popgruppe Queen in ihrem Song Heaven for Everyone sang, den ich eingangs zitiert habe. Und weil das alles genau das Gegenteil von hungrig und verrückt bleiben fördert, also von jener Lebenshaltung, die Apple-Gründer Steve Jobs damals in Stanford den Studenten ans Herz legte.

      Sie können über mein Buch also denken, wie Sie wollen. Ich habe es jedenfalls in der Hoffnung geschrieben, die Welt damit ein bisschen besser zu machen.

      Daniela Kickl, Februar 2017

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