Stefan Hofer-Krucker Valderrama

Neue Medien - neuer Unterricht? (E-Book)


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Resultate liefern würde. Im Gegenteil, überall hört man von Problemen wie Ablenkung, Spielsucht, Mobbing – all diese Dinge beeinflussen doch das Lernen negativ.

      Wagner: Ich habe das Gefühl, dass es vielen Schulleitungen vor allem darum geht, sich als moderne und hippe Schule zu profilieren. Das gibt dann wieder ein paar Medienberichte. Wo aber bleibt das pädagogische Konzept hinter dieser Neuerung? Gibt es Weiterbildungen für Lehrkräfte? Erhalten wir Zeit, um uns einzuarbeiten? Fragen über Fragen also, alle ungelöst. Für mich ist das Ganze alles andere als eine überzeugende und pädagogisch durchdachte Maßnahme, sondern ein Schnellschuss, eine PR-Aktion …

      Zellweger: Und ganz zu schweigen von den Kosten, die der Schule entstehen; denn irgendwer muss ja die Infrastruktur liefern. Aber auch die Schüler und ihre Eltern werden zur Kasse gebeten. Denn die Schule wird kaum für die Anschaffung der Geräte aufkommen können.

      Baumann: Ich sehe diese Probleme alle auch. Aber ich sehe eben auch die neuen Möglichkeiten, die mir und den Schülern zur Verfügung stehen werden. Sie werden viel selbstständiger arbeiten können. Und ich selbst kann ab sofort ganz anders unterrichten und meine Idee von eigenverantwortlichem und projektorientiertem Lernen viel besser umsetzen.

      Kühn: Guter Punkt! Außerdem müssen wir die Schüler auch digital fit machen. Denkt doch nur an das Stichwort «Fake-News»: Es geht heute in erster Linie um kritisches Denken und einen souveränen Umgang mit den digitalen Angeboten, nicht um Anhäufung von Wissen.

      Wagner: Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, irgendwelchen technischen Schnickschnack einzusetzen, sondern die Schüler in meinem Fach fit zu machen. So können sie danach erfolgreich an der Hochschule starten. Solange es aber keine klaren Belege dafür gibt, dass man mit Computern besser unterrichtet, und solange sinnvolle pädagogische Konzepte fehlen, bleibe ich skeptisch. Den Versprechungen der Hard- und Softwareindustrie mit ihren Bildern von glücklichen und lachenden Schülern, die voller Enthusiasmus mit einem Laptop lernen, traue ich jedenfalls nicht.

      Soweit ein kleiner Einblick in das, was den Lehrkörper eines typischen Gymnasiums zum Stichwort «Digitalisierung» gegenwärtig umtreibt. Die folgenden Ausführungen beleuchten einige der hier gemachten Äußerungen aus Sicht der Lehr- und Lernforschung und legen dar, welche Rolle die digitalen Medien im Unterricht spielen können.

      Die Digitalisierung ist in allen Bereichen mit Kosten und mit zeitlichem Aufwand verbunden; so auch im Bildungsbereich. Daher gilt zu fragen, ob sich diese Kosten und dieser Aufwand lohnen und ob also ein Mehrwert aus dem Einsatz von digitalen Medien im Unterricht resultiert. Wird der Unterricht lernförderlicher, lernwirksamer und insgesamt besser dank dem Einsatz von digitalen Medien?

      Die Frage lässt sich nicht abschließend beantwortet. Denn es gibt sowohl wissenschaftliche Studien, die einen Mehrwert nachweisen, als auch solche, die das Gegenteil belegen. Die widersprüchlichen Forschungsresultate lassen sich auf zwei Faktoren zurückführen. Zum einen ist die Frage so falsch gestellt: Nicht der Laptop oder ein bestimmtes Programm sind entscheidend für den Lernerfolg, sondern deren lernwirksamer Einsatz. Zum anderen wird der Einsatz digitaler Medien im Unterricht durch viele andere Faktoren beeinflusst, die behindernd oder begünstigend wirken können (vgl. Abb. 1). Unterricht als soziales System lässt sich nun mal nicht als Einweg-Kommunikation organisieren, er ist vielmehr von vielfältigen und hochkomplexen Rückkoppelungseffekten geprägt. Digitaler Unterricht ist damit nicht per se besser als analoger oder herkömmlicher Unterricht; entscheidend für den Erfolg ist ein didaktisch sinnvoller Einsatz, der die verschiedenen Einflussfaktoren im Lernprozess möglichst gut berücksichtigt.

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      Abbildung 1: Digitale Medien im Unterricht: Einflussfaktoren

      Quelle: Herzig 2014, S. 10

      Lehrkräfte sollten sich also nicht von Berufskolleg*innen verunsichern lassen, die sich allein daher als modern und aufgeschlossen verstehen, weil sie im Unterricht digitale Medien häufig nutzen, oder von Schulleitungen, die auf den vermehrten Einsatz von digitalen Medien im Unterricht drängen. Denn der Computer oder das Internet allein führen nicht zu mehr Lernerfolg. Entscheidend bleibt die reflektierte Planung und Umsetzung eines Lehr- und Lernsettings, in dem die «time on task» und damit das eigentliche Lernen im Vordergrund stehen.

      Was sind denn aber ganz grundsätzlich wesentliche Bedingungen für erfolgreiches Lernen? Hier liefert die empirische Lehr- und Lernforschung Antworten. Sie gibt uns Hinweise darauf, welche Elemente von Lehr-/Lernsettings besonders wirksam sind. Entscheidenden Einfluss auf erfolgreiches Lernen nehmen

das Vorwissen,image
ein kontinuierlich betriebener Wissensaufbau,image
die klare Strukturierung der Lerninhalte,image
das regelmäßige Üben und Repetieren,image
häufige kognitive Aktivierung,image
die Unterstützung des Lernprozesses durch formative Testsimage
und Selbsterklärungaufgabenimage
sowie die Reflexion des Lernens auf der Ebene der Metakognitionimage
und mit Hilfe von Feedback.image
Weiter trägt die Motivation der Lernenden wesentlich zum Lernerfolg bei,image
ebenso ein positives Selbstkonzept undimage
die gut funktionierende Beziehungsebene zwischen Lehrenden und Lernenden.[2]image

      Unterricht, der diese Faktoren berücksichtigt, begünstigt also den Lernerfolg der Schüler*innen. Digitale Medien unterstützen dabei in vielerlei Hinsicht: Denn durch ihren Einsatz können Abläufe verbessert, mehr Übungsgelegenheiten bereitgestellt oder das Herstellen und das Austauschen von Produkten auf einfachere Weise ermöglicht werden.

      In den folgenden Kapiteln präsentieren wir Beispiele für Lernszenarien, in denen digitale Medien eine große Rolle spielen und die gerade dadurch einen besonders lernförderlichen Unterricht ermöglichen. Die Icons verweisen dabei auf jene Kompetenzen und Aspekte, die in den Szenarien besonders fokussiert werden.

      Heute reicht die Berücksichtigung der genannten lernförderlichen Faktoren allein aber nicht mehr aus. Denn die gestiegene gesellschaftliche Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien verändert auch die Anforderungen an die Schule und damit die Rahmenbedingungen von Bildung. Die Digitalisierung und die durch sie hervorgerufene Ablösung der Gutenberg-Galaxie durch das Informationszeitalter beeinflussen in hohem Maße die Generierung, Verteilung und Vermittlung von Wissen. Folgen dessen sind einerseits eine sehr große Menge an Informationen, auf die immer und überall Zugriff genommen werden kann, andererseits komplexere gesellschaftliche Probleme und ein