Freude auch am spielend erreichbaren Erfolg scheinen ausgeschlossen oder zumindest als oberflächlich. Kennzeichnende Redewendungen für diesen Antreiber sind etwa: »Ich müsste es versuchen«, »Das ist wirklich sehr schwer«, »Wenn ich mir Mühe gebe« etc. Der Sprecher verspannt z.B. die Muskeln am Hals und im Kehlkopfbereich, so dass die Stimme etwas belegt oder gequält klingt. Das wirkt oft unfrei, so als müsse der Sprecher gegen einen inneren Druck ankämpfen und sich zu jeder Silbe neu zwingen. Sie sprechen gelegentlich in hydraulischen Metaphern von Druck und Gegendruck.
1.5.2 Soziale Diagnose
Der »Streng-dich-an-Antreiber« wirkt lähmend. Man hat den Eindruck, gegen einen unsichtbaren Widerstand anzukämpfen. Die vorwiegende Intuition, die bei Mitspielern ausgelöst wird, ist: »Der/die schafft es nicht bzw. kommt nie an.« Schwere und Anstrengung scheinen nicht länger als notwendiges Mittel für Leistung und Erfolg, sondern scheinen geradezu ein Eigenleben und einen eigenen Wert zu entwickeln. Bei Mitspielern entsteht kein Zutrauen in die Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft des »Strengdich-an-Menschen«. Impulse, die Sache zunächst durch Auflockerung oder Ermunterung voranzubringen, bleiben stecken. Mitspieler geraten selbst in Anstrengung, reagieren mit Hilfsangeboten oder Ungeduld, die dann beim »Streng-dich-an-Menschen« zu noch mehr Anstrengung führen. In einer Arbeitsbeziehung erwartet man eher eine Zusatzbelastung als eine Erleichterung.
1.5.3 Emotionale Dynamik, Wirklichkeitslogik und Beziehungsmuster
»Streng-dich-an-Menschen« sind erfolgreich darin, ihren Gegenübern den Glauben zu vermitteln, sie wären nur unter Mühen und mit fraglichem Ergebnis leistungsfähig. Aus einer gewohnheitsmäßigen Sorge »ich schaffe es nicht« heraus, wird die Dynamik organisiert. In Situationen, in denen eine Leistungsbewährung ansteht, taucht der Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit auf. Das drohende Nicht-OK-Gefühl wird mit der Idee: »Ich schaffe es, wenn ich mich sehr anstrenge« verwaltet. Wird das Ziel nicht erreicht, bedeutet das in dieser Logik, dass man sich noch nicht genügend angestrengt hat. Lebensenergie wird damit übersetzt in Anstrengung (»Ich mühe mich, also bin ich«). Auch wenn der Vorgang nicht mit Schwere belastet erscheint, spürt man doch untergründig Zweifel am Erfolg.
Es entsteht auch leicht Besorgnis, Chancen leichtsinnig zu verspielen. Dies soll dann durch Bemühtsein abgewendet werden. Wenigstens kann niemand Vorwürfe erheben, denn man hat sich ja Mühe gegeben. Schaffen es die »Streng-dich-an-Menschen« trotz der Mühe, glauben sie aber, es wegen der Mühe geschafft zu haben. Sie anerkennen dann auch eher die Mühe als die erbrachte Leistung. Ihre Einschränkung tritt besonders bei Aufgaben in den Vordergrund, die einen »leichten Sinn« benötigen. »Streng-dich-an-Menschen« sehen in dieser Haltung Aufgaben gegenüber »Leichtsinn«.
Blickt man in die persönliche Geschichte, sind sehr oft Überforderungssituationen zu identifizieren. Es handelt sich beispielsweise um Kinder, die früh Aufgaben übernehmen mussten, für die sie eigentlich noch zu klein waren, oder um jüngere Geschwister, die Dinge so können wollten wie ihre älteren Geschwister.
Beziehungsanalytisch betrachtet, wählen sich »Streng-dich-an-Menschen« häufig Partner, die ihnen eine Leistung abverlangen. Werden diese dann hingehalten, wenden sie sich nach oben beschriebenen Zwischenstationen genervt ab, gelegentlich mit nachsichtiger oder anklagender Bestätigung der Grundannahme: »Du bringst es nicht!« »Streng-dich-an-Menschen« leben oft den Mythos der Vergeblichkeit. In Anfangsphasen von Projekten können sie sehr aktiv sein, doch wird nach und nach alles zur Mühsal. Sie ackern, solange der Boden noch gefroren ist, kommen aber nicht auf die Idee, reife Früchte zu pflücken.
1.5.4 Antithesen zum »Streng-dich-an-Antreiber«
Die Erlaubnis zu »streng-dich-an« lautet: »Du darfst es gelassen tun und vollenden. Ich habe Vertrauen in deine spontane Leistungsfähigkeit. Dabei darfst du dich auch anstrengen. Es ist aber auch wertvoll, wenn es leicht geht.« Damit wird der Glaube in die eigene Unfähigkeit, ein Ziel zu erreichen, als auch die Idee, Leistung könne nur mit Anstrengung erbracht werden, redefiniert. Die Schwierigkeit besteht darin, an die Leistungsfähigkeit des »Streng-dich-an-Menschen« zu glauben, obwohl er sich so quält. Im Coaching ist es wichtig, die Persönlichkeitsanteile anzusprechen, die das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit rechtfertigen.
Einige hilfreiche Vorgehensweisen im Umgang mit »Streng-dich-an-Menschen«:
• Es müssen Vereinbarungen über realistische Ziele getroffen werden. »Streng-dich-an-Menschen« neigen dazu, Ziele so zu stecken, dass sie nicht erreichbar sind.
• Die Zeit sollte immer mitberücksichtigt werden. »Streng-dich-an-Menschen« laden dazu ein, das eigene Zeitmanagement aus dem Auge zu verlieren.
• Menschen in der »Streng-dich-an-Dynamik« werden um so langsamer, je mehr sie sich dem Ziel nähern. Wie bei Sisyphos rollen sie den Stein immer langsamer, je weiter sie nach oben kommen, und man muss aufpassen, dass sie den Stein nicht wieder loslassen, kurz bevor sie am Ziel angekommen sind. Hier ist es wichtig, Teilziele oder Meilensteine zu definieren: »Angenommen wir erreichen heute nur dieses Teilziel, wie können wir sicherstellen, dass wir uns rechtzeitig vertagen und organisieren, wie es weitergehen soll.«
• Eine interessante Hilfestellung ist auch die Veränderung der Körperhaltung beim Umgang mit Aufgaben. In entspannten Haltungen lassen sich die »Streng-dich-an-Dynamiken« oft nicht in gleicher Weise aktivieren. Dadurch werden Erfahrungen möglich, wie es ohne Anstrengung leicht gehen kann.
• Phantasiereisen eignen sich ebenfalls, die Erfahrung zu machen, mit leichtem Sinn Wesentliches zu erreichen.
1.5.5 Ressourcen des »Streng-dich-an-Antreibers«
Tugenden der »Streng-dich-an-Menschen« sind ihr Durchhalte- und Beharrungsvermögen. Gerade in Zeiten, in denen alles »easy« gehen muss und bei der geringsten Mühe »weitergezappt« wird, können sie mit einer angemessenen Beharrlichkeit für Dinge sorgen. Sie verfolgen Aufgaben mit Beständigkeit und haben den nötigen Sinn für Gründlichkeit und Ausdauer. Sie sind nicht so stark lustgesteuert. Eine nötige Mühsal kann für sie sogar zum stillen Genuss werden. Diese Menschen stehen für die Nachhaltigkeit von Realität dort, wo sie gebraucht wird.
1.5.6 Konterdynamik: »Alles easy!«
Auf der anderen Seite vom Pferd gefallen sind »Streng-dich-an-Menschen«, die betont leichtfertig und nachlässig an Aufgaben herangehen. Sie scheuen selbst angemessene Anstrengung und verfolgen damit ebenfalls ein »Ich schaffe es nicht«-Programm, das aber weniger leicht zu identifizieren ist. Eine andere Spielart der Konterdynamik sind »Von-der-Welt-Entrückte«. Sie machen es als Gegenreaktion zum Kult, Leistung nicht zu erbringen nach dem Motto: »Ist doch alles nicht so wichtig«. Wenn diese Menschen ihre lockere Haltung gegenüber Leistung ablegen, geraten sie mit einiger Wahrscheinlichkeit in die »Streng-dich-an-Dynamik«.
1.6 Antreiber 5 »Ich bin OK, wenn ich mich beeile!«
1.6.1 Erkennungsmerkmale
In der »Beeil-dich-Dynamik« entsteht das Gefühl, dass Zeit und Raum nicht ausreichen, um etwas Wichtiges zu tun oder zu erfahren. Die entstehende Unruhe scheint sich aber zu verselbstständigen, trägt meist nicht zu einem effektiven Umgang mit knapper Zeit bei. Ruhe erscheint als Verrat an der Dringlichkeit, Entspannung wirkt wie Aufgabe von Wesentlichem.
Die dafür typische Sprechweise ist oft abgehackt und geprägt von flachem Reden ohne Punkt und Komma. Eindrücklich ist auch die enorme Geschwindigkeit mit der Worte aneinandergereiht werden. Er/Sie – auch Hektiker genannt – verwendet zudem Begriffe, die Hast und Rasanz ausdrücken wie z.B. »schnell, eben mal, kurz, voran kommen« etc. Ihre Gestik vermittelt Ungeduld.
1.6.2 Soziale Diagnose
Typischerweise ist bei Hektikern der Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung gestört. Es ist, als würde jemand von Anspannung zu Anspannung hüpfen. Dieses Verhalten