Dagmar Glüxam

Alles anders, aber viel besser


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das Reisen, sie würde niemals zugeben, dass jene Winterferien in den Subtropen doch ihren Reiz hatten. Was ich jedoch im Nachhinein als problematisch betrachte, war der plötzliche Wechsel zwischen den Jahreszeiten. In F. herrschten minus 10 °C, auf Hainan plus 30 °C, dazu kam der Unterschied von mehreren Zeitzonen. In meinen Augen ist das eine ungeheure Attacke auf den Organismus, die in unseren Zeiten der grenzenlosen Mobilität meist völlig missachtet wird. Dasselbe dachte ich mir wieder, als ich zu Beginn meiner Chemotherapie das bereits erwähnte Buch Noch eine Runde auf dem Karussell von Tiziano Terzani las. Wie ich bereits erzählte, machte dieser Journalist nach seiner Krebsdiagnose ausgedehnte Reisen in ganz Asien, auf denen er verschiedene alternative Heilmethoden wie auch die Meditation ausprobierte. Ungeachtet seiner Krankheit und der gerade erst durchgestandenen Chemotherapie, bewegte er sich aber wie gewohnt und in relativ kurzen Zeitabständen zwischen New York, Hongkong, Indien, den Philippinen und dem Himalaja. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser stete Wechsel zwischen den Zeit- und Temperaturzonen und Höhenunterschieden der Wiederherstellung seiner Gesundheit zuträglich war. Vielmehr bedeutete dieses Reisen wahrscheinlich massiven Stress für seinen erkrankten Körper. Wie wir wissen, hat Terzani den Krebs trotz seines immensen Einsatzes leider nicht besiegen können.

      Kurz gesagt, es war relativ einfach, in China die Winterkleidung abzulegen und sich am Strand zu sonnen. Nach der Rückkehr nach Hause brauchte es dagegen lange, bis sich mein Körper wieder an die eisigen Temperaturen gewöhnt hatte. Aus diesem Grund betrachte ich Fernreisen in den Süden im Winter als etwas für gesunde, robuste Menschen, die diese Veränderungen leicht wegstecken können. Auch dann sollte es sich aber um längere Aufenthalte handeln. Ein einwöchiger Urlaub im Winter in Thailand ist eine Herausforderung für den gesamten Organismus, von der ökologischen Belastung ganz zu schweigen. Erst anlässlich der Tsunami-Katastrophe wurde mir bewusst, wie viele Abertausende von Menschen in der Weihnachtszeit Flugreisen in den Süden antreten. Es ist zwar traumhaft, im Dezember unter Palmen zu liegen, vielleicht täte man aber besser, die Winterzeit in einer Therme oder in den herrlichen österreichischen Bergen zu verbringen.

      Damals beschäftigten mich jedoch noch nicht Gedanken dieser Art. Im Gegenteil, ich bekam erst so richtig Reiselust. Von der berauschenden Kraft des Fliehens vor der Realität übermannt, überredete ich nur zwei Monate später meine Schwägerin Eva, die Osterferien mit mir in New York zu verbringen. Wir beide waren noch nie dort gewesen, unsere Ehemänner hatten keine Lust und waren anderwärtig beschäftigt, und so brauchte die Entscheidung nur wenige Minuten. Auch in New York verbrachten wir eine wunderschöne Zeit, inklusive Museen, Kultur, Theater und nicht zuletzt Porridge mit Zimt und Ahornsirup, den ich jeden Morgen am Eck vis-à-vis von unserem Hotel bekam.

      Das warme Frühstück tat mir also schon damals sehr gut, ansonsten sah die Bilanz dieser Zeit so aus, dass ich innerhalb von drei Monaten zwei anstrengende Fernreisen unternommen hatte, noch nicht ahnend, dass sich in meinem Körper eine lebensbedrohliche Krankheit ausbreitete. Meine konstante Müdigkeit bekämpfte ich nach wie vor mehr oder minder erfolgreich mit steigendem Kaffeekonsum. (Eigentlich sollte ich von der Firma Nestlé für meine unerschütterliche Treue ein paar Aktien geschenkt bekommen; ich werde mich diesbezüglich erkundigen.) Auch schlief ich viel, eigentlich immer mehr und mehr, ohne auch nur einmal wirklich erholt aufzuwachen, und mit letzter Kraft betrieb ich Laufwettbewerbe mit meinem verrückten Hund. Die Tatsache, dass er immer und noch dazu mit einem leisen Lächeln der gelebten Überlegenheit gewann, frustrierte mich zusätzlich. Ich spürte zwar deutlich, dass etwas Grundlegendes mit meinem Körper nicht in Ordnung war, hatte aber keinen blassen Schimmer, was es sein konnte. Auch mein Mann reagierte nicht wirklich auf meine Wehklagen, denn erstens war er dauernd überarbeitet und zweitens hatte er mich seit Jahren nur jammern gehört. Es war für ihn also nichts Neues. Die üblichen Untersuchungen zeigten nichts Besonderes, den Besuch beim Frauenarzt ignorierte ich, weil ich meiner Meinung nach zu keiner der Risikogruppen gehörte. Ich rauchte nicht, nahm keine Pille, war nicht erblich vorbelastet, auch nicht übergewichtig und aß viel frisches Obst und Gemüse. Wenn ich mich vor etwas gefürchtet hatte, dann vor einem Gehirntumor durch zu viel Grübeln.

      Inzwischen entschied sich unsere Tochter aufgrund des unerträglichen Mobbings, die Schule in B. zu verlassen (ein kluges Kind!) und ins Wiener Musikgymnasium zu wechseln. Da sie in ihre Wiege eine nicht zu übersehende musikalische Begabung gelegt bekommen hatte, unterstützten wir sie. In der Praxis bedeutete dies aber, nicht nur schnell einen Musiklehrer in Wien finden zu müssen und sie regelmäßig zum Unterricht zu bringen, sondern auch nach Wien zu übersiedeln. Das tägliche Hin- und Herfahren, insgesamt mehr als drei Stunden Fahrzeit, schätzten wir für sie als unzumutbar ein. Es war offenbar die richtige Entscheidung, denn eine neue Dachgeschoßwohnung in Wien wurde auf Anhieb gefunden und der Umzug rasend schnell organisiert. In meinen immer seltener werdenden dynamischen Phasen erledigte ich alles mit links (so redete ich mir das zumindest ein) auf die Art eines Autofahrers, der in kurzen Abständen zwischen Vollgas und Vollbremsung wechselt. Mein Mann arbeitete, ich kümmerte mich, im Übersiedeln und Schleppen von schweren Gegenständen gut trainiert, um den Rest.

      Zu Beginn der Ferien war der Umzug mehr oder minder erledigt, die Wohnung stand aber noch leer, weil wir die Sommermonate auch künftig in unserem paradiesischen F. verbringen wollten. Ich veranstaltete noch einen Malkurs für die Dorfkinder, ein Erfolg wie immer, und sollte am darauffolgenden Montag mit meiner Tochter und zwei weiteren Mädchen zu einer befreundeten Familie nach Italien verreisen. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Der laue Donnerstagabend vor dem Fernseher bei »Liebesgeschichten und Heiratssachen« veränderte mein Leben für immer.

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