Experiments bewiesen – ob es auch gelingt, hängt allein von der Kraft der dazu verwendeten Maschine ab.
Auf die zweite Frage lautet die Antwort:
Der Mond beschreibt bei seinem Umlauf um die Erde nicht einen Kreis, sondern eine Ellipse, worin unsere Erdkugel einen der Brennpunkte einnimmt. Demnach befindet sich der Mond in einer bald näheren, bald weiteren Entfernung von der Erde, astronomisch ausgedrückt, manchmal in Erdnähe, manchmal in Erdferne. Nun ist der Unterschied zwischen seinem weitesten und seinem nächsten Abstand ziemlich bedeutend, sodass man im besonderen Fall denselben nicht unberücksichtig lassen darf. Die größte Entfernung des Mondes beträgt nämlich 247.552 Meilen (= 99.640 Lieues à vier Kilometer), die geringste Entfernung beträgt nur 218.657 Meilen (= 88.010 Lieues), sodass der Unterschied 20.895 Meilen (= 11.630 Lieues) ausmacht, also mehr als den neunten Teil der Umlaufbahn. Die jeweilige Entfernung, sprich die Erdnähe des Mondes, muss den Berechnungen zu Grunde gelegt werden.
Die Antwort auf die dritte Frage lautet:
Wenn das Geschoss die Anfangsgeschwindigkeit von zwölftausend Yards in der Sekunde, welche man ihm beim Abschießen gäbe, unverändert beibehielte, so bedürfte es nur etwa neun Stunden, um an dem Ort seiner Bestimmung anzulangen. Da sich diese Geschwindigkeit aber in zunehmendem Maße beständig vermindert, wird es allen Berechnungen nach 300.000 Sekunden benötigen, d. h. 83 Stunden und 20 Minuten, um an den Punkt zu gelangen, wo sich die Anziehungskraft der Erde und die des Mondes aufwiegen. Von diesem Punkt aus bedarf es noch 50.000 Sekunden, oder 13 Stunden, 53 Minuten und 20 Sekunden, um auf den Mond zu fallen. Man muss es also 97 Stunden, 13 Minuten und 20 Sekunden früher abschießen, bevor der Mond an dem Punkt angelangt ist, auf den man zielt.
Auf die vierte Frage:
Entsprechend diesen Aussagen muss man zuerst die Zeit der größten Erdnähe des Mondes und gleichzeitig den Moment auswählen, wo er sich im Zenit befinden wird, wodurch die Linie, welche das Geschoss zurückzulegen hat, um das Maß eines Erdradius kürzer wird, nämlich um 3.919 Meilen, sodass die zu durchlaufende Linie exakt 214.976 Meilen (= 86.410 Lieues) betragen wird. Aber wenn der Mond auch allmonatlich in seine Erdnähe kommt, so steht er in dem Moment nicht immer im Zenit: Ein Zusammentreffen, welches nur in langen Zeitabständen stattfindet. Solch ein Zusammentreffen der Erdnähe mit dem Zenitstand ist also abzuwarten. Glücklicherweise wird diese doppelte Bedingung am 4. Dezember des folgenden Jahres eintreten: Um Mitternacht wird er in seine Erdnähe treten, d. h., seinen kürzesten Abstand zur Erde haben, und gleichzeitig im Zenit[10] stehen.
Auf die fünfte Frage:
Die vorausgehenden Bemerkungen zu Grunde gelegt, wird das Geschütz auf den Zenit eines Ortes ausgerichtet werden müssen, der Schuss muss senkrecht nach oben in den Himmel abgefeuert werden, und das Geschoss wird umso schneller der Anziehungskraft der Erde entzogen. Aber damit der Mond über dem Zenit eines Ortes zu stehen kommt, darf dieser Ort nicht unter höherem Breitengrad liegen, als die Abweichung dieses Gestirns vom Äquator beträgt, mit anderen Worten, er muss sich zwischen 0° und 28° nördlicher oder südlicher Breite befinden. An jedem anderen Ort würde der Schuss zwangsläufig in schiefer Richtung abgegeben werden, was dem Gelingen des Experiments hinderlich sein würde.
Auf die sechste Frage:
In dem Augenblick, in dem das Projektil in den Weltraum geschleudert wird, muss sich der Mond, der in seiner Bahn täglich 13 Grad, 10 Minuten und 35 Sekunden zurücklegt, viermal so weit vom Zenitpunkt entfernt befinden, nämlich 52 Grad, 42 Minuten und 20 Sekunden, denn so lang wird die Strecke seiner Umlaufbahn noch sein. Aber da man auch die Ablenkung des Geschosses, die infolge der Erdrotation hervorgerufen wird, berücksichtigen muss, und da das Geschoss erst nach einer Abweichung von 16 Erdradien auf dem Mond ankommen wird, welche, vom Mond aus gemessen, ungefähr 11 Grad ausmachen, muss man diese 11 Grad noch zu denen hinzurechnen, welche die erwähnte Verzögerung des Mondes ausmachen, nämlich rund 64 Grad. Daher wird im Moment des Schusses die nach dem Mond gerichtete Sehlinie mit der vertikalen Linie des Ortes einen Winkel von 64 Grad bilden.
So lauteten die Antworten, welche auf die dem Observatorium von Cambridge von den Mitgliedern des Gun-Clubs gestellten Fragen gegeben wurden. Wir halten also fest:
1. Das Geschütz muss an einem Ort, der sich zwischen 0° und 28° nördlicher oder südlicher Breite befindet, aufgestellt werden.
2. Es muss auf den Zenit des Ortes gerichtet werden.
3. Dem Geschoss muss eine anfängliche Geschwindigkeit von 12.000 Yards in der Sekunde gegeben werden.
4. Es muss am 1. Dezember des folgenden Jahres um 11 Uhr, weniger 13 Minuten und 20 Sekunden, abgeschossen werden.
5. Es wird vier Tage danach, am 4. Dezember, Punkt 12 Uhr nachts, in dem Moment, wo der Mond in den Zenit treten wird, auf dem Mond anlangen.
Die Mitglieder des Gun-Clubs müssen also unverzüglich die für eine solche Unternehmung erforderlichen Vorbereitungen treffen, um zu dem bestimmten Zeitpunkt für diese Operation bereit zu sein. Denn, lassen sie diesen vierten Dezember vorübergehen, werden sie den Mond erst 18 Jahre und 11 Tage später wieder in demselben Verhältnis der Erdnähe und des Zenits finden.
Das Bureau des Observatoriums in Cambridge stellt sich Ihnen für die Fragen theoretischer Astronomie zur Verfügung und vereinigt seine Glückwünsche mit denen ganz Amerikas.
Für das Bureau:
J. M. Belfast,
Direktor des Observatoriums von Cambridge.«
FÜNFTES KAPITEL
Die Geschichte des Mondes
E
in mit unendlich scharfem Blick ausgestatteter Beobachter in dem unbekannten Zentrum, um welches die Welt kreist, würde zu der Zeit, in der sich das Weltall noch in einem ungeordneten Zustand befand, gesehen haben, wie Myriaden von Atomen den Raum anfüllten. Aber allmählich, im Laufe von Jahrmillionen, ging eine Veränderung vor sich, indem eine Anziehungskraft auf die bis dahin unbeständig im Raum umherschwirrenden Atome wirkte. Diese Atome gingen – ihrer Verwandtschaft gemäß – chemische Verbindungen ein, wurden zu Elementarteilchen und bildeten jene Nebelmassen, welche bis in die tiefsten Weiten des Weltraums verstreut sind.
Diese Massen wurden dann von einer Bewegung um ihren Mittelpunkt gelenkt. Solch ein Zentrum ungeordneter Elemente begann sich in allmählicher Verdichtung um sich selbst zu drehen. Den unveränderlichen Gesetzen der Mechanik gemäß gewann die Rotation in dem Verhältnis wie der Umfang durch die Verdichtung abnahm an Schnelligkeit, und indem diese beiden Wirkungen fortdauerten, entstand daraus ein Hauptstern, der zum Zentrum der Nebelmasse wurde.
Bei aufmerksamer Betrachtung hätte der Beobachter damals erkannt, dass sich die übrigen Elementarteilchen der Masse ebenso wie der Fixstern verhielten, sich in eigentümlicher Weise infolge einer Rotation von wachsender Geschwindigkeit verdichteten und in Gestalt unzähliger Planeten um denselben als ihren Mittelpunkt kreisten. So entstanden Nebelfelder, von denen die Astronomie mittlerweile ungefähr 5.000 gezählt hat.
Unter diesen 5.000 Nebelfeldern befindet sich die von den Menschen so genannte Milchstraße, welche ungefähr 18 Millionen Sterne aufweist, von denen jeder zum Zentrum eines Umlaufsystems geworden ist.
Hätte der Beobachter damals seine besondere Aufmerksamkeit einem von den 18 Millionen Sternen, welcher zu den weniger auffälligen[11] und am wenigsten scheinenden gehört, gewidmet, einem Sterne vierten Ranges, der mit Stolz Sonne genannt wird, so würden sich alle Erscheinungen der Weltentstehung der Reihe nach vor seinen Augen vollzogen haben.
In der Tat würde er diese Sonne noch im gasförmigen Zustand und aus beweglichen Elementarbestandteilen gebildet gesehen und wahrgenommen haben, wie sie sich um ihre eigene Achse drehte, um ihr Konzentrationswerk zu vollziehen. Er würde beobachtet haben, wie diese Bewegung nach den Gesetzen der Mechanik mit der Abnahme des Umfangs an Schnelligkeit zunahm und dann ein Zeitpunkt kam, zu dem