Dagny Kraas

Dämonentreue


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      Cridan sah auf sie hinab, auf ihr entspanntes Gesicht und ihre langen Haare, die sich über seinen Armen lockten: Gold auf dunklem Grund.

      Unwillkürlich musste er an den Tag denken, als er aus den Höhlen zurückgekehrt war. Er war über und über mit Staub, Blut und anderem besudelt gewesen, und doch hatte sie nicht gezögert, ihn zu küssen – ein Kuss voller Dankbarkeit, Zuneigung und Erleichterung. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie sich ihre Lippen angefühlt und wie sie geschmeckt hatten.

      Langsam senkte er den Kopf ein wenig und sog die Luft ein. Sie roch so gut wie immer. Seine Finger griffen wie von selbst nach einer ihrer Strähnen und begannen, damit zu spielen.

      Sie seufzte leise im Schlaf und drehte sich ein wenig zur Seite, bis ihr Kopf auf seinem Oberschenkel ruhte. Cridan zog den Umhang über ihren Schultern zurecht, dann ließ er das Kinn auf die Brust sinken und schloss die Augen, um ein wenig zu dösen. Er machte sich keine Sorgen um Wegelagerer – sie hatten nichts, was sich zu stehlen lohnte, wenn man von den Pferden und den Waffen absah, und es war jedem Dieb dringend davon abzuraten, sich für eins von beidem zu interessieren, sofern er seine Finger behalten wollte.

      Der nächste Morgen war kühl. Wolkenfetzen trieben um die Berggipfel, und feinste Tröpfchen hatten sich auf seinen Schuppen niedergeschlagen, doch er fror nicht, im Gegenteil. Er fühlte sich ausgeruht und frisch trotz der unbequemen Haltung, in der er die Nacht verbracht hatte.

      Béo lag noch immer in seinem Schoß, den Umhang fest um sich gezogen. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, schob er sie zur Seite, stand auf und ging zu den Pferden hinüber.

      Bis Béo sich rührte, hatte er die Tiere bereits gesattelt und war dabei, die Packtaschen auf ihrem Rücken zu befestigen. Sie gähnte, stand auf und half ihm mit der restlichen Arbeit.

      »Hast du eigentlich geschlafen?« fragte sie.

      »Ein paar Stunden«, nickte er und zog den letzten Riemen stramm. »Mehr brauche ich nicht, das weißt du doch.«

      »Stimmt«, bemerkte sie trocken. »Ich vergaß, dass ihr T‘han T‘hau das erst nachholt, wenn ihr verwundet seid.«

      »Wie bitte?« Cridan runzelte die Stirn.

      Sie grinste und ging auf die andere Seite des Pferdes, so dass er sie nicht mehr sehen konnte.

      »Ach, nur so«, erwiderte sie gedehnt. »Ich meine ja nur… Als du auf dem Krankenlager warst, bestand dein Tag eigentlich nur aus Kotzen oder Schlafen, wenn man die unverschämten Frechheiten weglässt, die du dazwischen noch von dir gegeben hast.«

      Einen Moment lang stutzte er, doch dann war er mit zwei so schnellen Schritten bei ihr, dass sie nicht einmal Zeit hatte, sich zu erschrecken.

      »Ich bitte um Verzeihung!« Er grinste. »Wenn jemand das nächste Mal versucht, mir den Schädel einzuschlagen, werde ich gewiss meinen Schlaf opfern, um mir noch mehr unverschämte Frechheiten einfallen zu lassen.«

      Er spürte, dass seine Nähe sie nervös machte, und irgendwie amüsierte es ihn. Oh ja, sie hatte eine Schwäche für T‘han T‘hau, eindeutig!

      Und tief in seinem Inneren musste er zugeben, dass es ihm gefiel. Sogar außerordentlich gut gefiel.

      Unvermittelt machte er einen Schritt zurück, packte sie um die Hüften und hob sie kurzerhand auf Whals Rücken.

      Béo sah auf ihn hinunter. In ihrem Gesicht war nur zu deutlich zu lesen, dass sie sich darum bemühte, eine ungerührte Miene aufzusetzen. Dann wurde sie plötzlich wieder ernst.

      »Das nächste Mal, wenn jemand versucht, dir den Schädel einzuschlagen, bitte ich darum, dass du dich wehrst«, sagte sie. »Noch mal tue ich mir das nämlich nicht an.«

      »Was davon? Das Kotzen, die Unverschämtheiten oder die Angst um deine geschuppte Eidechse?«

      Mit einem breiten Grinsen schwang er sich in den Sattel, zwinkerte ihr zu und ließ Camro antraben.

      3. Kapitel – Wiedersehen mit Tiko

      Es war noch ein gutes Stück Weg bis zu dem Ort, an dem Tiko mit seinen T‘han T‘hau lebte, und da sie keine Eile hatten, brauchten sie bis zum frühen Nachmittag, um ihr Ziel zu erreichen.

      »Béo! Cridan!«

      Gironna kam freudestrahlend aus dem Haus gelaufen, um sie zu begrüßen.

      Tikos Gefährtin war hochschwanger, das war nicht zu übersehen. Cridan musterte sie und kam zu dem Schluss, dass ihr der runde Bauch gut stand. Sie sah glücklich aus.

      Béo rutschte aus dem Sattel und schloss Gironna in die Arme.

      »Schön, dich zu sehen«, sagte sie. »In L‘hunival pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass du ein Kind erwartest! Warum hast du mir nichts verraten?«

      »Ich habe mich nicht getraut«, gab Gironna zu. »Ich habe mich ein wenig geschämt. Sei mir nicht böse«, bat sie rasch.

      »Bin ich nicht«, erwiderte Béo kopfschüttelnd, »nur etwas verwundert. Glaubst du denn, ich würde mich nicht für euch freuen? Nur weil ich selbst keine Kinder mehr bekommen kann? Was für ein Unsinn!« Sie lächelte Gironna an. »Geht es dir denn gut?«

      Die junge Frau nickte.

      »Sogar sehr gut! Nichts von alldem, was man mir erzählt hat, ist eingetroffen. Ich habe keine Rückenschmerzen, mir war nie übel, das Kind tritt mich nie böse… Ach, Béo, es ist einfach herrlich!«

      Sie lachte.

      »Bitte, kommt doch herein! Tiko ist noch in der Schmiede. Aber wenn er hört, dass ihr da seid, wird er alles stehen und liegen lassen! Du warst lange nicht mehr hier«, sagte sie zu Cridan gewandt. »Auch wenn er es nie sagen würde, er vermisst dich. Wie geht es Marud‘shat?«

      »Oh, Marud‘shat geht es bestens«, antwortete Cridan spöttisch. »Sie ist ins Heer eingetreten und nachdem sie sich ein wenig ausgetobt hat, hat sie sich einen der Offiziere an Land gezogen. Für beide ein guter Fang.«

      »Das ist schön«, bemerkte Gironna und goss vier Becher mit verdünntem Wein voll. Cridan nickte dankbar, als sie ihm einen davon reichte, lehnte sich gegen die Wand und trank ein paar Schlucke.

      Béo nahm ihren Becher entgegen.

      »Und wo ist Ajula?« fragte sie.

      Gironna lachte, ließ sich auf einen Stuhl sinken und legte in einer unbewussten Geste die Hand auf ihren runden Bauch.

      »Ajula ist mit Parok in den Bergen unterwegs, wilde Ziegen jagen. Keiner ist so gut im Klettern und Bogenschießen wie sie. Du müsstest sie mal sehen! Sie schaut aus wie eine Jagdgöttin, wenn sie dort oben ist!«

      Béo seufzte, sagte jedoch nichts dazu.

      »Und wie ist es mit ihr und Parok?« fragte sie weiter.

      Der junge T‘han T‘hau war der Grund gewesen, aus dem Ajula sich entschieden hatte, ihre Familie zu verlassen und mit zu den T‘han T‘hau zu gehen.

      »Nach wie vor unzertrennlich«, erwiderte Gironna und nippte an ihrem Wein. »Er hält sich an die Absprache, aber wenn du mich fragst, wird es nicht mehr lange dauern, bis er bei euch vorsprechen wird. Er ist weiterhin fest entschlossen, sie zu seiner Gefährtin zu machen, und auch sie ist alles andere als abgeneigt.«

      »Er wird bis zum Winter warten müssen«, wich Béo aus. »Vorher wird Syrian nicht hier sein, und er als ihr Vater hat das Recht, dass Parok bei ihm um ihre Hand anhält.«

      »Ich verstehe«, sagte Gironna. Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment näherten sich rasche Schritte, und Tiko betrat den Raum.

      »Cridan!« rief er aus, schlug ihm kräftig auf die Schulter und umarmte ihn. Dann schob er ihn auf Armeslänge zurück, um ihn von Kopf bis Fuß zu mustern.

      »Ah, es tut gut, dich zu sehen, mein Freund«, stellte