Untersuchungen bei Preuss, a. a. O., S. 88 ff. keine Hand.
Merkwürdigerweise bewegten dieselben Fragen, dieselben Ereignisse gleichzeitig das feindliche Nachbarland im Osten, das Sassanidenreich. Bei Bahram III., welcher nur einige Monate im Jahre 293 regierte, bemerken die Schriftsteller Hamza Ispahanens., ed. Gottwaldt, p. 36 seq. – Mirkhond, ed. Sacy, p. 299. – Vgl. Clinton, Fasti Rom., vol. I ad a. 301 et vol. II, p. 260. zum erstenmal: der König von Persien habe denjenigen Sohn oder Bruder, den er zum Nachfolger bestimmt, einstweilen zum Fürsten einer Provinz gemacht, mit dem Titel Schah, und so habe auch Bahram früher bloss Schah von Segan oder Sistan geheissen, solange sein Vater Bahram II. noch lebte. Nach seiner kurzen, wahrscheinlich von gewaltsamen Umständen begleiteten Regierung folgt sein jüngerer Bruder Narsi, und dieser krönt dann selber seinen Sohn Hormuz zum Nachfolger, um sich im Jahre 301 vom Thron in die Stille des Privatlebens, »unter den Schatten der Güte Gottes« zurückzuziehen. Laut Mirkhond bewog ihn hiezu der Gedanke an den Tod, »dessen Augenblick in ewigen Beschlüssen vorgezeichnet und unvermeidlich ist«. Möglicherweise hatten ihm die Magier eine bestimmte Todesstunde geweissagt und ihm damit die Lust am Leben genommen; weiterhin aber wird angedeutet, dass Narsi den Wechselfällen des königlichen Schicksals, die er in seinem Kriege mit den Römern sattsam erfahren, aus dem Wege gehen wollte. »Der Weg ist lang«, sagte er, »man muss oft auf- und niedersteigen.« Es ist nicht undenkbar, dass dieses Beispiel auf das Gemüt Diocletians einigen Eindruck gemacht habe.
Mit der Feierlichkeit, welche das ganze, abergläubisch bedingte Leben Diocletians umgab, steht ohne Zweifel in engster Verbindung die plötzliche und auffallende Steigerung des Hofzeremoniells. Oder hätte er wirklich nur, nach Art der Emporkömmlinge, des äussern Pompes nicht genug bekommen können, wie der ältere Aurelius Victor meint? In diesem Falle wäre es befremdlich, dass keiner von den grossen Soldatenkaisern des dritten Jahrhunderts ihm darin vorangegangen, welche fast sämtlich aus den geringsten Verhältnissen sich zum Thron emporgearbeitet hatten. Wir sehen zum Beispiel den gewaltigen Aurelian harmlos mit seinen alten Freunden verkehren, die er gerade so weit ausstattet, dass sie nicht mehr dürftig heissen können; seidene Kleider sind ihm zu teuer; das Gold möchte er am liebsten ganz aus der Bauverzierung und aus den Gewändern entfernen, während er das kostbarste Geschmeide, das man ja wieder einschmelzen kann, andern gern gestattet, sich selber versagt; seine Diener kleidet er nicht prächtiger als bevor er Kaiser war; in dem prachtvollen Palaste auf dem Palatin, an dessen bunten Marmorwänden das Blut so vieler Kaiser klebte, ist ihm nicht wohl zumute; er bezieht (wie einst Vespasian) die Gärten des Sallust, in deren miglienlanger Halle man ihn täglich turnen und die Pferde tummeln sah Hist. Aug., Aurelian. 45–50, wogegen die Notizen in Aur. Vict., Epit. und bei Malalas über das Diadem nicht zu allgemeinen Schlüssen berechtigen.. – Jetzt änderte sich dies alles. Diocletian hatte Freunde aus früherer Zeit; aber das Zutrauen war, vielleicht auf beiden Seiten zugleich, verschwunden; er fürchtete nicht mit Unrecht, dass eine Intimität mit dritten Personen seine künstliche Harmonie mit den Kollegen stören könnte. Statt des einfachen Purpurs, womit sich fast alle frühern Kaiser (die wahnsinnigen ausgenommen) begnügt hatten, trägt er (seit 293) seidene und golddurchwirkte Gewänder und bedeckt selbst die Schuhe mit Edelsteinen und Perlen; das Haupt aber umgibt er mit dem Diadem, einer weissen, perlenbesetzten Binde. Dies war natürlich nur das Staatskleid, in welchem er bloss bei festlichen Gelegenheiten auftrat; auf seinen Schnellreisen und Feldzügen werden er und sein Kollege Maximian es wohl anders gehalten haben, und so vollends die auf jeden Wink beweglichen »Wie stets herumreisende Diener«, Ammian. XIV, 11, § 10. Caesaren, von welchen besonders Constantius das einfachste Auftreten liebte. Allein in Nikomedien hielt Diocletian auf das Feierliche. Der Zutritt zu seiner geheiligten Person wurde täglich schwieriger durch das wachsende Zeremoniell. In den Sälen und Vorhallen des Palastes waren Offiziere, Hofbeamte und Wachen aufgestellt; im Innern walteten einflussreiche Verschnittene; wem es sein Geschäft oder sein Rang möglich machten, bis zum Kaiser durchzudringen, musste nach orientalischem Brauch zur Anbetung niederfallen. Schon bei Anlass der Zusammenkunft Diocletians und Maximians in Mailand (291) bezeichnet der Lobredner Mamertinus Panegyr. III, 11. – Constantin entzückte später die Bischöfe, wenn er sie »bis in die innersten Gemächer« zu sich liess. Euseb., V. C. III, 1. die feierliche Cour als »eine im Innersten des Heiligtums verborgene Verehrung, welche nur die Gemüter derer mit Staunen erfüllen durfte, denen der Rang ihrer Würde den Zugang zu Euch verstattete«. Und bei den stummen Formen blieb man nicht mehr stehen, auch das bedenkliche Wort wurde ausgesprochen; der Kaiser nannte sich nicht mehr nach den so harmlos gewordenen Titeln des republikanischen Roms, dem Konsulat, der tribunizischen Gewalt usw.; er hiess jetzt dominus, der Herr In der gewöhnlichen Anrede an den Kaiser war der Titel längst vorgekommen, und auch hie und da in Inschriften, z. B. auf Valerian und Gallienus, vgl. Millin, Voyage dans les dep. du Mich, III, p. 6. Dann bei Aurelian.. Gegen den Titel rex hatte sich das römische Gefühl beharrlich gesträubt, weil sich verabscheute Erinnerungen daran knüpften; die Griechen aber, welche in Sparta und ihren halbbarbarischen Nachbarländern des Königtitels nie entwöhnt worden und denselben unter den Nachfolgern Alexanders Jahrhunderte hindurch gebraucht hatten, nannten ohne Bedenken die römischen Imperatoren von Anfang an βασιλει̃ς, Könige, weil bei ihnen die Behauptung der republikanischen Fiktion keinen Sinn gehabt hätte Man vergleiche den neu erfundenen Mythus von Basileia und Tyrannis in der ersten Rede des Dio Chrysostomus, wahrscheinlich an Trajan gerichtet.. Jetzt ging man auch über diesen Titel hinaus und führte einen neuen ein, welcher das Verhältnis völliger Herrschaft und Dienstbarkeit ausdrückte. Daneben konnte bald auch eine wahre Vergötterung nicht mehr auffallen; über die verstorbenen Kaiser hatte ja längst der Senat das Kanonisationsrecht geübt, und tatsächlich hatte man den lebenden dieselbe Ehre immerfort erwiesen durch das Opfern und Schwören vor ihren Statuen, wenn man auch dabei den unbestimmten und deshalb unübersetzbaren Ausdruck »numen imperatoris« brauchen mochte. – Maximian hatte übrigens die Schwäche, sich wie Commodus und ähnliche Vorfahren im Reiche auf Münzen mit der Löwenhaut seines Namensheros abbilden zu lassen.
Ein Mensch von der Bedeutung und den Erfahrungen Diocletians nimmt die Last einer so gesteigerten Repräsentation nicht ohne genügenden Anlass auf sich; von ihm wissen wir überdies, dass er die Übelstände seiner Abgeschlossenheit öfter laut beklagte Hist. Aug., Aurelian. 43.. Er kannte den grossen Vorteil, der dem Regenten aus der persönlichen Berührung mit den Untertanen, vom Oberbeamten bis zum geringen Bittsteller, erwachsen kann. »Ihrer vier oder fünf«, sagte er, »tun sich zusammen, um den Kaiser zu täuschen; sie legen ihm einen Entscheid vor; er, zu Hause eingeschlossen, kennt die wahre Sachlage nicht; er darf nur das wissen, was jene sagen; er ernennt Beamte, die besser nicht angestellt würden, und setzt die ab, welche er an ihrer Stelle lassen sollte, und so wird auch der beste, der klügste Kaiser verkauft.«
Es lässt sich noch ein Grund anführen, der ihn trotz dieser klaren Einsicht zu den genannten Massregeln kann bewogen haben. Seit den Kriegen des Aurelian und Probus mochte sich der Hof und namentlich der Generalstab mit einer grossen Anzahl barbarischer Offiziere angefüllt haben, welche ihrer bunten Mischung und ihrer unrömischen Bildung nach auf den beinahe traulichen, kameradschaftlichen Ton des bisherigen Kaiserhofes gar nicht hätten eingehen können. Sodann waren Euseb., Hist. eccles. VIII, 1. an den verschiedenen Höfen bis zur grossen Verfolgung eine Menge Christen, welchen durch die feierlichere Haltung des Hoflebens manche unangenehme Erörterungen mit den Heiden abgeschnitten wurden. – Man liebte zwar, und selbst in Edikten, einigermassen das Pathetische, wie wenig aber gemeine Eitelkeit und Liebe zum Pomp den Imperator bestimmte, erhellt schon daraus, dass er seinen einzigen Triumph nach einer so gewaltigen Reihe von Siegen bis ans Ende seiner Regierung (303) verschob und ihn dann mit ganz bescheidenem Glänze abhielt Zu den Spielen wurden nur 13 Elefanten und 250 Pferde mitgebracht..
Immerhin hatte Diocletian in mehr als einer Hinsicht sehr offenbar mit dem altrömischen Wesen gebrochen. Es kam hinzu, dass er zu der Stadt Rom selber zu Anfang seiner Herrschaft in gar kein Verhältnis trat. Noch die Kaiser des dritten Jahrhunderts hatten in der Regel zu Rom auf dem Palatin gewohnt, weniger vielleicht aus Pietät für die geweihten Erinnerungen und die Heiligtümer der Weltstadt, als weil dieselbe durch ihre zentrale Lage und ihre Fülle von Pracht und Vergnügungen sich zur Residenz vor allen Städten eignete, und weil neben ihren alten Ansprüchen ihr auch ein Rest wirklicher Macht geblieben war. Denn hier wohnte der Senat, welcher vor noch nicht langer Zeit Kaiser abgesetzt, gewählt