Dagny Kraas

Dämonentreue


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heftigen Schmerzen seiner Rippen bewegen konnte – um so überraschter war Cridan, als Mert plötzlich auf der anderen Seite auftauchte. Auch er hatte sich mit einem Seil am Schiff festgebunden.

      Er tauschte einen Blick mit Cridan, dann griff er wortlos nach dem flatternden Tuch. Zu zweit gelang es ihnen deutlich rascher, das Segel zu verstauen. Es war zwar mehr notdürftig als sorgfältig, aber darauf kam es jetzt nicht an.

      Danach kletterten sie zurück. Mert setzte sich stumm auf die Bank, während Cridan neben Tiko trat und auf sein Zeichen das Steuer übernahm.

      Tiko wandte den Kopf und blickte Cridan an.

      »Bist du verletzt?«

      »Nur blaue Flecken, hoffe ich. Vielleicht haben die Rippen etwas abbekommen. Nichts wirklich Ernsthaftes. Aber mein Messer ist weg.«

      Tiko schnitt eine Grimasse. »Das tut mir Leid. Welches?«

      Cridan schnaubte.

      »Welches wohl?« gab er ungehalten zurück. »Das mit der gebogenen Klinge natürlich! Das andere ist viel zu kurz und mit dem Dolch hätte ich das Seil niemals schnell genug durchgeschnitten bekommen! Es ist mir aus der Hand geflogen, als ich auf dem Deck aufgeprallt bin.«

      »Das wundert mich nicht«, bemerkte Tiko. »Sah heftig aus.«

      Cridan musste gegen seinen Willen grinsen. »Fühlte sich auch so an«, gab er zurück.

      Obwohl die Araora ohne Segel nun vom Wind nicht mehr so gebeutelt wurde, war es weiterhin eine ungemütliche und turbulente Fahrt durch die stürmische See, und Cridan war froh, als endlich der Himmel aufriss, der Wind nachließ und die Wogen sich beruhigten, so dass sie das zerschnittene Seil ersetzen und das Segel wieder hissen konnten.

      Ihm schmerzten die Schultern und Oberarme vom Festhalten des Steuerrads, und seine ganze linke Seite tat weh, wo er unsanfte Bekanntschaft mit dem Deck der Araora gemacht hatte. Außerdem ärgerte er sich noch immer darüber, dass er das Messer verloren hatte. Zwar war es weder von besonderem Wert noch unersetzlich, doch es war ein Teil seines Selbst als ficha'thar. Die beiden Messer – das kurze, gerade und das längere, gebogene – gehörten zu ihm wie sein Schwert, und er besaß sie, seit er seinen Platz als ficha'thar an Skatarhaks Seite angetreten hatte. Er hatte diese Messer tausend Mal und mehr in der Hand gehabt, kannte jede Unebenheit, jede Wölbung und jeden kleinsten Kratzer darin, hatte ihre Schärfe täglich geprüft und sie, wenn nötig, eigenhändig nachgeschliffen. Nur dieser Sorgfalt war es zu verdanken, dass die kleine Klinge das Seil so rasch hatte kappen können, das wusste er, und es machte den Verlust doppelt ärgerlich.

      Schließlich überließ er Tiko seinen Platz und reckte sich. Ein scharfer Schmerz schoss dabei durch seinen Brustkorb und ließ ihn zusammenzucken.

      »Rippen?« fragte Tiko.

      Cridan nickte, rieb über die schmerzende Seite und ließ sich auf die Bank fallen.

      »Bei den Göttern«, murmelte Tiko und legte den Kopf in den Nacken, »was gäbe ich jetzt für ein Bier!«

      »Bier kann ich dir nicht anbieten«, entgegnete Cridan. »Aber im Schiff gibt es ein paar Krüge mit Schnaps. Ehrlich gesagt könnte ich das jetzt auch gut vertragen!«

      Er stand auf und stieg die Treppe hinunter, um den Schnaps zu holen. Dabei nutzte er die Gelegenheit, auch gleich den Inhalt der Schränke zu überprüfen. Zu seiner Erleichterung hatten Tiko und Mert alles so sorgfältig verstaut, dass trotz des heftigen Seegangs nichts zu Bruch gegangen war, und sich alles auch noch am richtigen Platz zu befinden schien.

      Er nahm den angebrochenen Krug und drei Becher wieder mit nach oben. An Deck füllte er die Becher, drückte jedem einen in die Hand und goss dann schwungvoll einen guten Schuss ins Wasser.

      Mert starrte ihn an. »Wofür war das denn?« fragte er verblüfft.

      Cridan zuckte die Achseln.

      »Kann nicht schaden, den Göttern einen Schluck zu überlassen«, sagte er. »Immerhin haben sie es recht gut mit uns gemeint.«

      »Nachdem sie uns erst einen fürchterlichen Schrecken eingejagt haben«, bemerkte Tiko. »Ich dachte ernsthaft, jetzt ist es vorbei. Ich meine, das Deck stand senkrecht! Senkrecht!«

      Er prostete Cridan zu und trank einen langen Schluck.

      »Und dann klettert dieser verrückte ficha'thar am Tau nach oben und kappt das verdammte Seil«, fuhr er kopfschüttelnd fort. »War dir eigentlich klar, dass du dich damit hättest umbringen können?«

      »Das war eine Möglichkeit, die ich in Betracht gezogen habe, ja«, nickte Cridan und grinste. Allmählich verflog seine schlechte Laune. Seit er das Steuerrad nicht mehr gegen den Wasserdruck halten musste, wurden die Schmerzen besser, und das Wissen, die Araora mitsamt ihrer kleinen Mannschaft aus einer äußerst heiklen Situation gerettet zu haben, erfüllte ihn mit wohltuender Befriedigung.

      »Aber ich hatte keine besonders große Auswahl. Wenn ich es nicht getan hätte, wären wir früher oder später mit Sicherheit gekentert und alle ertrunken. Da dachte ich, es sei vorzuziehen, wenn nur einer von uns dran glauben muss.«

      Sein Grinsen wurde breiter, als er hinzufügte: »Glücklicherweise hat es keinen von uns erwischt – wenn man von meinen Rippen absieht. Na ja, und von meinem Messer.«

      »Ich schenke dir ein neues«, versprach Tiko. »Und auch wenn ich weiß, dass du an deinen Waffen hängst: Um ehrlich zu sein – wenn ich daran denke, was du mit dem Messer schon alles getan hast, ist es auf dem Grunde des Meeres vielleicht ganz gut aufgehoben!«

      Sie lachten alle drei und stießen mit den schnapsgefüllten Bechern an.

      Es war eine gelöste, beinahe ausgelassene Stimmung, stellte Cridan fest. Die Erleichterung, eine so gefährliche Situation unbeschadet überstanden zu haben, ließ alle für einen Augenblick zu einer Mannschaft zusammenwachsen.

      »Sagt mal, Cridan«, begann Mert plötzlich, »könnt Ihr mir eigentlich beibringen, wie man segelt? Ich meine, ich kann nicht viel mehr als dieses Steuerrad da festhalten – und ich habe es ganz schön fest gehalten«, setzte er hinzu und musste über seine eigenen Worte lachen.

      Cridan zuckte die Achseln. »Natürlich. Segeln ist einfach.«

      »Einfach?« Mert grinste breit. »Was Ihr in den letzten Stunden gemacht habt, sah alles andere als einfach aus!«

      »Ist es aber, wenn man nicht gerade durch einen Orkan segeln muss«, gab Cridan gutgelaunt zurück. »Kommt, stellt Euch hierher, zu mir!«

      Mert gehorchte, und Cridan begann, ihm nicht nur alles über das Schiff zu erklären, was er wissen musste, sondern auch, ihm die Grundlagen der Navigation und des Segelns zu erläutern. Selbst als es dunkel wurde, setzte er den Unterricht fort und zeigte Mert, anhand welcher Sternbilder er sich orientieren konnte.

      Tiko unterbrach schließlich ihr Gespräch: »Genug gelernt für heute. Wie wäre es, wenn wir den Rest geräucherten Fisch aufschneiden? Ich habe Hunger!«

      Während sie aßen, versuchte Mert, sich an alles zu erinnern, was Cridan ihm beigebracht hatte, und Cridan war überrascht, wie viel er behalten hatte.

      »Ihr seid gut«, stellte er nach einer Weile fest. »Ihr werdet sehr schnell lernen, die Araora zu segeln!«

      »Nein«, widersprach Mert. »Ihr seid gut. Ohne Euch wäre ich heute mindestens zweimal ertrunken.«

      Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht, als er den Kopf hob und Cridan ansah.

      »Ich habe mich noch gar nicht bedankt. Dafür, dass Ihr mir das Leben gerettet habt.«

      Cridan erwiderte den Blick. Er spürte die Ehrlichkeit in den Worten des anderen.

      »Dann sind wir quitt«, entgegnete er ruhig. »Denn Ihr habt mir das Leben gerettet, als Ihr uns aus diesem Sumpf herausholtet. Die Frage ist, ob es auch weiterhin in Eurer Absicht liegt, uns am Leben zu lassen. Oder ob Ihr uns an Mar'Tian verratet, wenn wir auf Gantuigh sind.«

      Eine