sie machten in dieser Hinsicht, immer freilich unter Lispeln und Kichern, verschiedene Versuche, verschränkten Arme und Beine, kauerten sich gemeinsam zusammen, in der Dämmerung sah man in ihrer Ecke nur ein großes Knäuel. Trotzdem aber wusste man leider aus den Erfahrungen bei Tageslicht, dass es sehr aufmerksame Beobachter waren, immer zu K. herüberstarrten, sei es auch, dass sie in scheinbar kindlichem Spiel etwa ihre Hände als Fernrohre verwendeten und ähnlichen Unsinn trieben oder auch nur herüberblinzelten und hauptsächlich mit der Pflege ihrer Bärte beschäftigt schienen, an denen ihnen sehr viel gelegen war und die sie unzählige Mal der Länge und Fülle nach miteinander verglichen und von Frieda beurteilen ließen. Oft sah K. von seinem Bett aus dem Treiben der drei in völliger Gleichgültigkeit zu.
Als er sich nun kräftig genug fühlte, das Bett zu verlassen, eilten alle herbei, ihn zu bedienen. So kräftig, sich gegen ihre Dienste wehren zu können, war er noch nicht, er merkte, dass er dadurch in eine gewisse Abhängigkeit von ihnen geriet, die schlechte Folgen haben konnte, aber er musste es geschehen lassen. Es war auch gar nicht sehr unangenehm, bei Tisch den guten Kaffee zu trinken, den Frieda geholt hatte, sich am Ofen zu wärmen, den Frieda geheizt hatte, die Gehilfen in ihrem Eifer und Ungeschick die Treppen zehnmal hinab- und hinauslaufen zu lassen, um Waschwasser, Seife, Kamm und Spiegel zu bringen und schließlich, weil K. einen leisen, dahin deutbaren Wunsch ausgesprochen hatte, auch ein Gläschen Rum. Inmitten dieses Befehlens und Bedientwerdens sagte K. mehr aus behaglicher Laune, als in der Hoffnung auf einen Erfolg: „Geht nun weg, Ihr zwei, ich brauche vorläufig nichts mehr und will allein mit Fräulein Frieda sprechen.“ Und als er nicht gerade Widerstand auf ihren Gesichtern sah, sagte er noch, um sie zu entschädigen: „Wir drei gehen dann zum Gemeindevorsteher, wartet unten in der Stube auf mich.“ Merkwürdigerweise folgten sie, nur dass sie vor dem Weggehen noch sagten: „Wir könnten auch hier warten“, und K. antwortete: „Ich weiß es, aber ich will es nicht.“
Ärgerlich aber und in gewissem Sinne doch auch willkommen war es K., als Frieda, die gleich nach dem Weggehen der Gehilfen sich auf seinen Schoß setzte, sagte: „Was hast du, Liebling, gegen die Gehilfen? Vor ihnen müssen wir keine Geheimnisse haben. Sie sind treu.“ „Ach treu“, sagte K., „sie lauern mir fortwährend auf, es ist sinnlos, aber abscheulich.“ „Ich glaube dich zu verstehen“, sagte sie und hing sich an seinen Hals und wollte noch etwas sagen, konnte aber nicht weiter sprechen und weil der Sessel gleich neben dem Bette stand, schwankten sie hinüber und fielen hin. Dort lagen sie, aber nicht so hingegeben wie damals in der Nacht. Sie suchte etwas und er suchte etwas, wütend, Grimassen schneidend, sich mit dem Kopf einbohrend in der Brust des andern suchten sie, und ihre Umarmungen und ihre sich aufwerfenden Körper machten sie nicht vergessen, sondern erinnerten sie an die Pflicht zu suchen, wie Hunde verzweifelt im Boden scharren, so scharrten sie an ihren Körpern, und hilflos enttäuscht, um noch letztes Glück zu holen, fuhren manchmal ihre Zungen breit über des andern Gesicht. Erst die Müdigkeit ließ sie still und einander dankbar werden. Die Mägde kamen dann auch herauf, „sieh, wie die hier liegen“, sagte eine und warf aus Mitleid ein Tuch über sie.
Als sich später K. aus dem Tuche freimachte und umhersah, waren – das wunderte ihn nicht – die Gehilfen wieder in ihrer Ecke, ermahnten, mit dem Finger auf K. zeigend, einer den anderen zum Ernst und salutierten – aber außerdem saß dicht beim Bett die Wirtin und strickte an einem Strumpf, eine kleine Arbeit, welche zu ihrer riesigen, das Zimmer fast verdunkelnden Gestalt wenig passte. „Ich warte schon lange“, sagte sie und hob ihr breites, von vielen Altersfalten durchzogenes, aber in seiner großen Masse doch noch glattes, vielleicht einmal schönes Gesicht. Die Worte klangen wie ein Vorwurf, ein unpassender, denn K. hatte ja nicht verlangt, dass sie komme. Er bestätigte daher nur durch Kopfnicken ihre Worte und setzte sich aufrecht. Auch Frieda stand auf, verließ aber K. und lehnte sich an den Sessel der Wirtin. „Könnte nicht, Frau Wirtin“, sagte K. zerstreut, „das, was Sie mir sagen wollen, aufgeschoben werden, bis ich vom Gemeindevorsteher zurückkomme. Ich habe eine wichtige Besprechung dort.“ „Diese ist wichtiger, glauben Sie mir, Herr Landvermesser“, sagte die Wirtin, „dort handelt es sich wahrscheinlich nur um eine Arbeit, hier aber handelt es sich um einen Menschen, um Frieda, meine liebe Magd.“ „Ach so“, sagte K., „dann freilich, nur weiß ich nicht, warum man diese Angelegenheit nicht uns beiden überlässt.“ „Aus Liebe, aus Sorge“, sagte die Wirtin und zog Friedas Kopf, die stehend nur bis zur Schulter der sitzenden Wirtin reichte, an sich. „Da Frieda zu Ihnen ein solches Vertrauen hat“, sagte K., „kann auch ich nicht anders. Und da Frieda erst vor kurzem meine Gehilfen treu genannt hat, so sind wir ja Freunde unter uns. Dann kann ich Ihnen also, Frau Wirtin, sagen, dass ich es für das Beste halten würde, wenn Frieda und ich heiraten, und zwar sehr bald. Leider, leider werde ich Frieda dadurch nicht ersetzen können, was sie durch mich verloren hat, die Stellung im Herrenhof und die Freundschaft Klamms.“ Frieda hob ihr Gesicht, ihre Augen waren voll Tränen, nichts von Sieghaftigkeit war in ihnen. „Warum ich? Warum bin ich gerade dazu auserkoren?“ „Wie?“ fragten K. und die Wirtin gleichzeitig. „Sie ist verwirrt, das arme Kind“, sagte die Wirtin, „verwirrt vom Zusammentreffen zu vielen Glücks und Unglücks.“ Und wie zur Bestätigung dieser Worte stürzte sich Frieda jetzt auf K., küsste ihn wild, als sei niemand sonst im Zimmer und fiel dann weinend, immer noch ihn umarmend, vor ihm in die Knie. Während K. mit beiden Händen Friedas Haar streichelte, fragte er die Wirtin: „Sie scheinen mir recht zu geben?“ „Sie sind ein Ehrenmann“, sagte die Wirtin, auch sie hatte Tränen in der Stimme, sah ein wenig verfallen aus und atmete schwer, trotzdem fand sie noch die Kraft zu sagen: „Es werden jetzt nur gewisse Sicherungen zu bedenken sein, die Sie Frieda geben müssen, denn wie groß auch nun meine Achtung vor Ihnen ist, so sind Sie doch ein Fremder, können sich auf niemanden berufen, Ihre häuslichen Verhältnisse sind hier unbekannt. Sicherungen sind also nötig, das werden Sie einsehen, lieber Herr Landvermesser, haben Sie doch selbst hervorgehoben, wie viel Frieda durch die Verbindung mit Ihnen immerhin auch verliert.“ „Gewiss, Sicherungen, natürlich“, sagte K., „die werden wohl am besten vor dem Notar gegeben werden, aber auch andere gräfliche Behörden werden sich ja vielleicht noch einmischen. Übrigens habe auch ich noch vor der Hochzeit unbedingt etwas zu erledigen. Ich muss mit Klamm sprechen.“ „Das ist unmöglich“, sagte Frieda, erhob sich ein wenig und drückte sich an K., „was für ein Gedanke!“ „Es muss sein“, sagte K. „wenn es mir unmöglich ist, es zu erwirken, musst du es tun.“ „Ich kann nicht, K., ich kann nicht“, sagte Frieda, „niemals wird Klamm mit dir reden. Wie kannst du nur glauben, dass Klamm mit dir reden wird!“ „Und mit dir würde er reden?“ fragte K. „Auch nicht“, sagte Frieda, „nicht mit dir, nicht mit mir, es sind bare Unmöglichkeiten.“ Sie wandte sich an die Wirtin mit ausgebreiteten Armen: „Sehen Sie nur, Frau Wirtin, was er verlangt.“ „Sie sind eigentümlich, Herr Landvermesser“, sagte die Wirtin und war erschreckend, wie sie jetzt aufrechter dasaß, die Beine auseinander gestellt, die mächtigen Knie vorgetrieben durch den dünnen Rock. „Sie verlangen Unmögliches.“ „Warum ist es unmöglich?“ fragte K. „Das werde ich Ihnen erklären“, sagte die Wirtin in einem Ton, als sei diese Erklärung nicht etwa eine letzte Gefälligkeit, sondern schon die erste Strafe, die sie austeilte, „das werde ich Ihnen gern erklären. Ich gehöre zwar nicht zum Schloss und bin nur eine Frau und bin nur eine Wirtin, hier in einem Wirtshaus letzten Ranges – es ist nicht letzten Ranges, aber nicht weit davon – und so könnte es sein, dass Sie meiner Erklärung nicht viel Bedeutung beilegen, aber ich habe in meinem Leben die Augen offen gehabt und bin mit vielen Leuten zusammengekommen und habe die ganze Last der Wirtschaft allein getragen, denn mein Martin ist zwar ein guter Junge, aber ein Gastwirt ist er nicht und was Verantwortlichkeit ist, wird er nie begreifen. Sie z.B. verdanken es doch nur seiner Nachlässigkeit – ich war an dem Abend schon müde zum Zusammenbrechen – dass Sie hier im Dorf sind, dass Sie hier auf dem Bett in Frieden und Behagen sitzen.“ „Wie?“ fragte K., aus einer gewissen Zerstreutheit aufwachend, aufgeregt mehr von der Neugierde, als von Ärger. „Nur seiner Nachlässigkeit verdanken Sie es“, rief die Wirtin nochmals mit gegen K. ausgestrecktem Zeigefinger. Frieda suchte sie zu beschwichtigen. „Was willst du“, sagte die Wirtin mit rascher Wendung des ganzen Leibes. „Der Herr Landvermesser hat mich gefragt und ich muss ihm antworten. Wie soll er es denn sonst verstehen, was uns selbstverständlich ist, dass Herr Klamm niemals mit ihm sprechen wird, was sage ich „wird“, niemals mit ihm sprechen kann. Hören Sie, Herr Landvermesser. Herr