Patricia Vandenberg

Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman


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Als er sich über sie beugte, sah er ihr tief in die Augen. Ihre Blicke tauchten ineinander ein, vermischten sich und wurden eins wie ihre Lippen, während er sie so leidenschaftlich küsste, dass sich all ihre Zweifel in Luft auflösten.

      *

      Wenn ein Patient so krank war, dass eine Überweisung in die Klinik nötig geworden war, kümmerte sich Danny Norden auch dann noch um ihn. Genau wie sein Vater hatte es sich der Arzt zur Gewohnheit gemacht, in diesem Fall morgens schon vor Beginn der Sprechstunde in der Behnisch-Klinik nach dem Rechten zu sehen. Guter Dinge betrat er das Zimmer von Titus Kern.

      »Hallo Sportsfreund«, begrüßte er den jungen Mann.

      Als Titus Anstalten machte zu antworten, wackelte Danny mit dem Zeigefinger vor seiner Nase herum.

      »Sprechen strengstens verboten!«, mahnte er. »War die Nacht okay?«

      Titus war folgsam und begnügte sich mit einem Nicken.

      »Freut mich. Ich hab vorhin Dr. Weigand getroffen. Er hat die Kollegen angewiesen, heute ein paar Untersuchungen zu machen, um herauszufinden, was das gestern gewesen sein könnte. Außerdem hab ich gute Nachrichten. Die Schwellung in deinem Hals ist zurückgegangen. Die Kanüle kann gezogen werden. Wenn du willst, übernehme ich diesen Jo …«

      In seine Worte hinein öffnete sich die Tür. Ein Strahlen huschte über Titus‘ Miene.

      Neugierig, wer den jungen Mann so erfreute, drehte sich Danny um.

      »Anneka! Was machst du denn schon hier?«, fragte er, sichtlich überrascht.

      »Hey, Bruderherz. Das nenn ich ja mal eine herzliche Begrüßung.« Lachend drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich freu mich auch, dich zu sehen.« Dann wandte sie sich Titus zu. »Na du, wie geht’s dir heute?«

      Schon wieder hatte der junge Mann die Mahnung des Arztes vergessen und wollte antworten. Danny kam ihm zuvor.

      »Wenn du kurz draußen wartet, könnt ihr euch gleich richtig unterhalten.« Er deutete auf die Kanüle im Hals seines Patienten.

      Anneka sah Titus fragend an.

      »Willst du?«

      Eifriges Nicken war die Antwort. Nur ein paar Minuten später konnte sie ins Zimmer zurückkehren.

      »Aber nur Flüstern. Und nicht zu lange!«, mahnte Danny, ehe er sich verabschiedete.

      Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, setzte sich Anneka auf die Bettkante.

      »Puh, bin ich froh, dich heute so zu sehen. Du hast mir gestern einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen, weil ich mir solche Sorgen um dich gemacht hab.«

      Titus antwortete nicht. Er begnügte sich damit, sie anzustarren.

      Schließlich wurde es Anneka zu bunt.

      »Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?«

      Das Lächeln auf Titus‘ Gesicht wurde tiefer. Er winkte Anneka zu sich heran.

      »Dir würde ich sogar zuhören, wenn du mir die Wettervorhersage auf chinesisch vorlesen würdest«, krächzte er flüsternd.

      Anneka lachte.

      »Zumindest hast du deinen Humor nicht verloren.«

      »Ich hab sogar ein Geschenk bekommen«, verkündete er geheimnisvoll und griff nach ihrer Hand.

      In Annekas Bauch begannen Schmetterlinge zu flattern. Gleichzeitig musste sie an Noah denken. Schnell zog sie die Hand wieder weg.

      »Was denn?«

      Titus schien sich nicht weiter daran zu stören.

      »Du bist hier bei mir.« Unverwandt sah er sie aus seinen schönen Augen an.

      Ihre Knie wurden weich. Es war ein Glück, dass sie saß, sonst wäre sie einfach umgefallen.

      »Ich finde dich auch gut«, gestand Anneka leise und starrte Löcher in die Bettdecke. Endlich warf sie den Kopf in den Nacken und stellte sich der Herausforderung. »Aber ich hab einen Freund. Und du hast eine Freundin«, ließ sie durchblicken, dass sie die Wahrheit kannte.

      In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. Beide waren so vertieft in das Gespräch gewesen, dass sie die Schritte auf dem Flur nicht gehört hatten. Vor Schreck schoss Anneka hoch und fuhr herum.

      »Dachte ich es mir doch!« Niemand anderer als Josephine stand da und funkelte sie wütend an. »Das hier ist mein Freund, falls es dich interessiert.«

      Anneka überlegte kurz, wie sie reagieren sollte. Sie sah kurz hinüber zu Titus. Dann gab sie sich einen Ruck.

      »Ich wollte sowieso gerade gehen. Schönen Tag euch beiden.«

      *

      Als Fee an diesem Morgen im Begriff war, in die Klinik zu fahren, wollte sie sich wie immer in letzter Zeit die Lippen schminken. Sie beugte sich zum Spiegel und setzte den Stift an, als sie plötzlich innehielt. Die Erinnerung an die vergangene leidenschaftliche Nacht zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.

      »Guten Morgen, du begehrenswerte Frau«, begrüßte sie ihr Spiegelbild. »Das hast du doch gar nicht nötig. Die Liebe ist das beste Make-up der Welt.« Sie schraubte den Lippenstift wieder zu und stellte ihn weg. Schwungvoll griff sie nach der Handtasche, wirbelte einmal um die eigene Achse und tanzte aus dem Haus. Unterwegs lachte die Sonne vom tiefblauen Himmel mit Felicitas um die Wette. »Heute kann mir nichts und niemand die gute Lauen verderben. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.« Sie parkte den Wagen auf dem Parkplatz und lief leichtfüßig durch den Seiteneingang, direkt in die Arme von Götz Grabmann.

      »Hoppla, Felicia!« Er fing sie auf und hielt sie einen Moment zu lange fest. Ihr süßes Parfum stieg ihm in die Nase. Doch das war es nicht, was ihm den Kopf verdrehte. »Mein Gott, Sie sehen ja noch schöner aus als gestern. Wie machen Sie das nur?«

      Behutsam löste sich Fee aus der Umarmung.

      »Ganz einfach. Ich werde von dem Mann meiner Träume geliebt!«, verkündete sie strahlend, winkte ihm und lief weiter.

      Durchaus ein bisschen neidisch auf Daniel Norden sah Götz ihr nach.

      Die nächste Begegnung war nicht halb so erfreulich. Volker Lammers war in dem Moment um die Ecke gebogen, als Fee in den Armen des Kollegen lag.

      »Fragt sich Ihr Mann eigentlich nicht, wo Sie die ganze Nacht stecken?«, sprach er sie an, als sie um die Ecke bog.

      Erschrocken zuckte Felicitas zurück.

      »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht«, erwiderte sie so kühl und beherrscht wie möglich.

      Lammers zuckte mit den Schultern.

      »Wenn Sie sich lieber in fremden Betten rumtreiben und Ihre Patienten ihrem Schicksal überlassen …«

      »Was reden Sie da?« Die Sorge um Felix hatte Fees Nervenkostüm dünn gemacht. Daran konnte auch eine leidenschaftliche Nacht in den Armen ihres Mannes nichts ändern. »Ich bin immer erreichbar.«

      »Offenbar hat ›immer‹ für Sie eine andere Bedeutung als für mich.«

      Genervt verdrehte Felicitas die Augen. Kaum eine Viertelstunde alt, geriet ihre Überzeugung ins Wanken.

      Ihre gute Laune war auf dem Rückzug. Sie griff in die Tasche und kramte darin herum, bis sie das Mobiltelefon gefunden hatte. »Hier!« Sie hielt es ihm vor die Nase. »Sehen Sie selbst.«

      Dr. Lammers tat ihr den Gefallen. Und grinste.

      »Ich seh aber nichts.«

      Fee drehte das Gerät zu sich herum. Das Display war schwarz und blieb es auch, nachdem sie in paar Tasten gedrückt hatte. Volker Lammers weidete sich an ihrer Verzweiflung.

      »Ich versteh das nicht. Der Akku war doch noch gar nicht leer«, murmelte sie. Was sie auch versuchte, das Mobiltelefon gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Schließlich